Literatur in multiplen Sinneseindrücken

Zunächst nur eine kurze Notiz. Es waren zu viele Eindrücke, die gestern auf mich einstürmten.

Nach einem ausgedehnten Frühstück machten wir einen Spaziergang durch das verregnete Wolfenbüttel und besuchten jenen Ort, den ich hier schon so oft besuchen wollte: die Bibliothek. Ich gestehe, dass ich so etwas auch noch nicht gesehen habe. Meterhohe Räume voller Regale mit historischen Büchern. Gebunden in Leder oder Pergament waren die meisten so alt wie der Buchdruck selbst und manche sogar noch älter. Auch die riesigen Globen und die ausgestellten Illustrationen und Radierungen beeindruckten. Wer nach Wolfenbüttel kommt, sollte der Bibliothek unbedingt einen Besuch abstatten.

Nach dem Mittag setzten wir uns ins Mühlenfoyer und beobachteten die ankommenden Tagungsteilnehmer. Auf der Liste der 57 Besucher las ich mindestens zwölf bekannte Namen und da mein Namensgedächtnis so schlecht ist, entdeckte ich dann noch mindestens fünf Leute mehr, die ich kannte.

Über den Ablauf der Tagung blogge ich separat. Nur soviel, es wurde wie immer sehr spät oder früh, wie immer man es nennen möchte. Jedenfalls war ich diejenige, die gegen halb zwei das Licht löschte.

Gleich geht’s weiter mit Literatur im allgemeinen und den Romanen von Andreas Eschbach im besonderen und ich bin sehr gespannt. Ich hoffe nur, dass wir auf der Rückfahrt heute Nachmittag keinen Stau haben werden. Spät wird es dennoch werden.

In hoffnungsvoller Erwartung

Zum vierten Mal bin ich heute am frühen Abend in die Schünemansche Mühle in Wolfenbüttel eingezogen und je öfter ich hierherkomme, desto größer ist das Gefühl nach Hause zu kommen. Alles ist vertraut, vom Rauschen der Oker vor dem Haus, bis zum Geruch der dicken Holzbalken an der Zimmerdecke. Man kennt sich aus, weiß wo man hin muss und wie alles funktioniert.

Warum ich siebeneinhalb Stunden Autofahrt auf mich genommen habe, um hierherzukommen, verrate ich heute noch nicht. Nur so viel, dass ich dieses Mal nicht allein angereist bin.

Selbst das Abendessen nahm ich mit meiner Begleitung an vertrautem Ort ein. Der Thailänder in der Fußgängerzone ist einfach zu gut, um ihn auszulassen. Beim nächtlichen Spaziergang durch die Innenstadt wirkten die Fachwerkhäuser im Glanz der Straßenlaternen wie aus dem Bilderbuch. Auch die Fußgängerzone – vor einem Jahr noch eine Baustelle – erstrahlt inzwischen in neuem Glanz, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Es gibt nämlich jetzt mit LEDs beleuchtete Springbrunnen zwischen dem Plaster. Sieht sehr nett aus, wie ich finde. Das Café für das Frühstück wurde auch schon ausgemacht, damit der Sonntagmorgen auch angemessen beginnen kann.

Nun warte ich ungeduldig auf den morgigen Tag und die besondere Veranstaltung an der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel. Vor allem aber auf die vielen alten und neuen Gesichter.

Seit 1000 Bänden im Perryversum

Uwe Anton auf dem AustriaCon 2016 in Wien

Uwe Anton – der Autor feiert dieser Tage ein besonderes Jubiläum. Vor genau 1000 Bänden stieg er in die PERRY RHODAN-Serie ein. Mit Band 1922 »Die Solmothen« erschien am 23. Juni 1998 sein erster Heftroman. Davor hatte er bereits mehrere Taschenbücher für PERRY RHODAN verfasst. Jahre später war er lange Zeit sogar als alleiniger Exposéautor für die Serie tätig.

Bereits auf dem AustriaCon kündigte er an, dass er unbedingt den Heftroman mit der Nummer 2922 schreiben möchte. Sein Wunsch fiel bei der PR-Redaktion auf fruchtbaren Boden und so erscheint in dieser Woche »Die Nacht der 1000« (Band 2922). Sogar im Titel taucht die 1000 auf und deutet auf die Besonderheit des Romanes hin.

Uwe Anton gehört zu den langjährigen Stammautoren im Team. Der Autor, der schon seit frühester Jugend vorwiegend Science Fiction und Horror schreibt, arbeitet neben seinem Job bei PERRY RHODAN vor allem als Übersetzer. Sehr viele Disney-Comics aus Entenhausen tragen seine Handschrift, außerdem gehen viele Star Trek-Romane aus dem Heyne-Verlag auf sein Konto. Er verriet einmal, dass er viele der Romane so massiv bearbeiten musste, dass die Übersetzung am Ende besser war, als das Original.

Durch sein umfangreiches literarisches Fachwissen verfasste er viele Sachbücher, unteranderem zu Stephen King und Philip K. Dick aber auch eine Star Trek-Enzyklopädie vom Heyne-Verlag (welche bei mir im Regal steht).

Uwe Anton ist nicht nur ein vielbeschäftigter Autor, sondern auch einer der Dozenten an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel. Weil ihm der Autoren-Nachwuchs am Herzen liegt, ist er dort mit großer Begeisterung und viel Herzblut dabei.

Ich möchte Uwe an dieser Stelle für sein Durchhaltevermögen gratulieren und Danke sagen, für die vielen Romane und Ideen, die er in den 1000 Bänden zum Perryversum beigesteuert hat.

Zwei Bilder, zwei Zeiten, ein Ort

So sah es gestern in Wolfenbüttel aus. Die Stadt schrammte wohl haarscharf an einer Katastrophe vorbei. Durch den Dauerregen führt die Oker Hochwasser. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie die Wassermassen gerauscht haben, neben der Schünemannschen Mühle, dem Gästehaus der Bundesakademie für Kulturelle Bildung.

Normalerweise ist es dort recht idyllisch. Der Fluss staut sich an einem Wehr zu einem kleinen Teich, bevor er direkt unter einem Teil des Hauses abfließt. Von einem metallenen Steg aus lässt sich das gut beobachten, sofern man keine Höhenangst hat. Am Ende fließt die Oker unter der Straße entlang und schlängelt sich durch die Häuser hindurch (siehe Bild).

Der Anblick ist schon bei normalen Wasserstand beeindruckend. Wie das wohl in den letzten Tagen bei Hochwasser ausgesehen haben muss … vielleicht ein bisschen bedrohlich für die Anwohner.

Da finde ich das Bild, das ich 2014 dort gemacht habe doch viel entspannter.

September 2014
Juli 2017 Quelle: regionalwolfenbuettel.de

Thriller zum Kirchentag

Quelle: Amazon

Das Buch fiel mir buchstäblich in die Hände. Es rutschte vom Stapel mit den Remittenden. Da ich Kathrin Lange von den Schreibseminaren an der Bundesakademie in Wolfenbüttel kenne, freute ich mich und nahm es gleich mit.

Die Autorin ist ein strenge aber sachverständige Dozentin. Vor allem ihre Tipps zum Plotten von Geschichten sind bei den Seminarteilnehmern sehr beliebt. Aber auch sonst kann Kathrin Lange durch hohe fachliche Kompetenz und große Begeisterungsfähigkeit punkten. Kein Wunder das ihr Roman »40 Stunden« das Spannendste war, was ich seit langem gelesen habe.

Wie schon oft gesagt, habe ich mit Krimis nicht viel am Hut. »40 Stunden« trägt zwar die Bezeichnung Thriller, ist aber vor allem ein richtiger Kriminalroman. Und zwar einer mit vielen Bezügen zu Religion und religiösem Fanatismus.

Zum Inhalt: Faris Iskander suspendierter Kriminalbeamter der Sondereinheit SERV (zur Aufklärung religiös motivierter Straftaten) wird von einem Bombenleger kontaktiert und in ein Attentat verwickelt. Der Attentäter gibt Faris und seinen Kollegen 40 Stunden, um einen Mann zu finden, der an ein Kreuz genagelt und an einen Herzmonitor angeschlossen wurde. Wenn der Mann am Kreuz stirbt, geht irgendwo in Berlin eine Bombe hoch. Das fatale, die Stadt ist voller Pilger, die zum Kirchentag und Papstbesuch angereist sind.

Die ersten drei Kapitel haben es in sich. Getreu dem Motto: »Beginne mit dem Weltuntergang und steigere dich allmählich« schreckt die Autorin nicht vor drastischen Bildern zurück. Ich gebe zu, dass ich eine Weile überlegt habe, dass Buch wieder ins Regal zu stellen. Denn für mein schwaches Gemüt war das zu hart. Doch die Geschichte war zu spannend, als dass ich einfach aufhören konnte und so hielt ich bis zum Ende durch.

Vom Spannungsaufbau über die recherchierten Informationen, bis hin zum Stil, in diesem Roman sitzt eigentlich alles. Kathrin Lange ist Profi und das merkt man an jeder Zeile, ja, an jedem Wort. Besonders gut gefiel mir die Charakterisierung von Faris, dem Helden mit Ecken und Kanten, dessen tiefsitzende Verzweiflung mich sehr gerührt hat. Angehende Krimi-Autoren sollten den Roman unbedingt gelesen haben, um zu verstehen, wie man eine spannende Handlung entwickelt, die den Charakteren genug Raum lässt, sich zu entfalten. Wie man gekonnt Gefühle auf den Leser transportiert und recherchierte Fakten glaubhaft in eine Geschichte einbindet.

Das Einzige was mich etwas enttäuschte, ist die Tatsache, dass ich relativ früh ahnte, wer der Attentäter ist. Weil ich Texte meist sehr aufmerksam lese und mir leicht Details einprägen kann, kam mir die Fähigkeit dieses Mal in die Quere. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum ich keine Krimis mag.

Fazit: Wer auf Krimis und Thriller steht, der sollte bei diesem Buch unbedingt zugreifen. Der Roman erschien 2014 bei blanvalet. Inzwischen sind drei weitere Geschichten mit dem charismatischen Faris Iskander erhältlich.

Und wer mehr über die Autorin erfahren will, den empfehle ich Kathrin Langes Homepage. Und wer sie mal als Dozentin erleben möchte, sollte sich für ein Seminar zum phantastischen Roman in Wolfenbüttel anmelden. Ich kann nur sagen, dass mich das als Hobbyautorin ein großes Stück voran gebracht hat.

»Danke Jesus!«

… ist der Titel einer Veranstaltung, den die Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel anbietet. Es handelt sich dabei um eine Tagung mit und über den Autor Andreas Eschbach. In Vorträgen und Gesprächen wird über das literarische Werk Eschbachs reflektiert. Seit dieser Woche ist auch das Programm der Tagung online und kann auf der Internetseite der BA heruntergeladen werden. Anmelden kann man sich ebenfalls. Die Tagung findet vom 24. Sep (14:00 Uhr) – 25. Sep 2017 statt.

Als ich im Herbst letzten Jahres Andreas Eschbach auf dem AustriaCon persönlich kennenlernen durfte, war ich ziemlich beeindruckt von der ruhigen und tiefsinnigen Art des Autors. In dem Interview, dass ich mit ihm für die SOL führen durfte, war ich von seinen unkonventionellen und witzigen Antworten überrascht. Und als ich die Tagung im Programmheft der BA entdeckte, war klar, dass ich mir das unbedingt ansehen wollte. Da die Plätze für Übernachtungen in der Schünemannschen Mühle begrenzt sind, habe ich mich sicherheitshalber bereits im Januar angemeldet.

Nun muss ich bis zur Tagung auch noch den einen oder anderen Roman von Andreas Eschbach lesen, um auch mitreden zu können. Wobei ich wohl meistens nur aufmerksam zuhören werde. Schön ist, dass sowohl Kathrin Lange, als auch Klaus N. Frick über die Arbeit von Andreas Eschbach für PERRY RHODAN referieren werden.

Ich freue mich schon sehr auf zwei schöne Tage in Wolfenbüttel. Und sicher trifft man dort auch das eine oder andere bekannte Gesicht wieder.

Luxusproblem Lesestapel

Buchanschaffungen vom Mai

Echt jetzt, seit ein paar Monaten scheint mein Lesestapel so langsam ins Unendliche zu wachsen. Ich komme nicht mehr nach, seitdem ich nicht mehr mit der Bahn fahre. Heute morgen habe ich zumindest den NEO 147 fertiggelesen und vor ein paar Minuten mit Entsetzen festgestellt, dass heute schon die 148 erscheint.

Mannomann! Ich hinke meinem Soll ganz schön hinterher. Dieser Tage bekam ich von meinem Mann zum Hochzeitstag neben einem Strauß Rosen auch noch den aktuellen Eschbach-Roman. Den sollte ich auch noch bis September gelesen haben. Aber bei der aktuellen Auswahl die noch auf dem Wohnzimmertisch liegt, weil die Bücher nicht mehr ins Regal passen, kann ich mich einfach nicht entscheiden. Die sind alle so spannend.

Kathrin Lange – Dozentin an der BA Wolfenbüttel – hatte mich schon nach der ersten Seite an der Angel. Wenn wir nicht plötzlich Besuch bekommen hätte, hätte ich das Buch sicher nicht wieder aus der Hand gelegt.

Das dritte Buch habe ich aus purer Neugier gekauft. Ich möchte herausfinden, wie ein Amerikaner dazu kommt, ein Buch über die Punkszene in der DDR zu schreiben und was genau da drin steht. Aber, ich fürchte das muss noch etwas warten. Der nächste NEO hat Vorrang nur muss ich ihn dieses Mal schneller lesen.

Neues von SOL und Newsletter

Das Cover zeichnete Stefan Böttcher

Das Layout der SOL, dem Mitgliedermagazin der Perry Rhodan FanZentrale, ist so gut wie fertig und den Newsletter vollende ich am Freitag. Ich hoffe, dass die Themen in beiden Publikationen den Perryfans gefallen werden.

Die SOL 86 steht unter dem Schwerpunkt »Fanszene«. Neben einem Artikel zu Stefan Wepil, einem autistischen Künstler, der versucht das Perryversum zu visualisieren, erwartet die Leser eine Geschichte um ausgebrannte Zellaktivatoren und ihre Träger, ein Interview mit Martin Ingenhoven und seinem Heftehaufen und Raimund Peter erzählt, wie die »Festung der Inquisition« entstand. Die Perry Rhodan-Biografie von Angelika Rützel findet ihre Fortsetzung genauso, wie ein neues Unterwegs-Abenteuer mit Gucky. Um Inhaltliches geht es nicht nur in den Kolumnen »Das Echo von Thez« und »NEOisiert«, sondern auch im Werkstattbericht von Uwe Anton zu »TERMINUS«. Zum ersten Mal bringt die SOL exklusive Informationen zu einer aktuellen Publikation der PERRY RHODAN-Serie. Darauf bin ich ganz besonders stolz.

Auch der Newsletter enthält exklusives Material zu PERRY RHODAN. Chefredakteur Klaus N. Frick erklärt in den »Terra News« wie es bei NEO im Exposéteam weitergeht. Im Interview befragen wir Ralf Boldt über seine Aufgabe als Schriftführer der PRFZ und über den Deutschen Science Fiction Preis. Alexandra Trinley teilt nicht nur ihre persönlichen Erfahrungen vom diesjährigen Kurzgeschichten Seminar in Wolfenbüttel, sondern spricht auch mit Olaf Kutzmutz über seine Arbeit an der Bundesakademie für Kulturelle Bildung. Außerdem erfahren wir von Michelle Stern ein wenig über die Enkelin Perry Rhodans – Farye Sepheroa. Dazu gibt es in den bekannten Rubriken wieder Neues aus der PRFZ und der PR-Redaktion.

Wenn alles gut geht, landet die SOL 86 Anfang Mai in den Briefkästen der Mitglieder. Der Newsletter erscheint schon einen Monat früher, in der ersten Aprilwoche. Für diejenigen, die jetzt Lust bekommen haben und noch nicht Mitglied der PRFZ sind, können sich auf der Homepage der PRFZ anmelden.

Schreiben am Samstagnachmittag

Ich muss heute den ganzen Tag daran denken, dass an diesem Wochenende in Wolfenbüttel das Seminar zur phantastischen Kurzgeschichte stattfindet, und ich nicht dabei sein kann. Meine Teilnahme war zwar nicht geplant, weil ich das Roman-Seminar im Herbst ins Auge gefasst habe. Aber zu wissen, dass dort Gleichgesinnte eine tolle Zeit verbringen; Texte diskutieren und Schreibaufgaben erledigen, ohne selbst dabeisein zu können, macht mich dennoch etwas traurig.

Aus dem Grund bin ich heute wieder in die Neunziger abgetaucht und schreibe an meinem, vielleicht nicht mehr ganz so geheimen, Romanprojekt, das mal nichts mit Raumschiffen und Außerirdischen zu tun hat. Und weil ich lieber weiter daran arbeiten will, fällt der Blogtext heute etwas kürzer aus, dafür gibt es mal wieder eine kleine Kostprobe aus dem Manuskript:

 

Schnaufend komme ich vor dem grauen Wohnblock an, den ich mein Zuhause nenne. Vor dem Aufgang parkt ein gelber Lieferwagen mit laufendem Motor. Auf den Türen kleben Magnete mit dem Logo des Pizzaservice. Mist, dass hab ich total vergessen. Ich trete die letzten Meter fest in die Pedale und springe vor dem Auto vom Rad, so dass die Flaschen im Beutel hörbar scheppern.
Vor der Haustür steht ein spindeldürrer Junge mit einem Pizzakarton, auf dem ein weißer Plastikbeutel liegt und malträtiert den Klingelknopf.
»Pizza für Steinhövel?«, spreche ich ihn an.
Erschrocken dreht er sich zu mir um. Seine mausgrauen Augen zwinkern hektisch im pickeligen Gesicht. Die kurzen roten Haare sehen aus wie Flaum und stehen wild nach allen Seiten ab. Er ist älter, als ich zunächst gedacht habe, wahrscheinlich Anfang Zwanzig und Student.
»Ähm, j…j…ja!«, stottert er.
»Da hab ich ja nochmal Glück gehabt«, sage ich lächelnd und schließe mein Fahrrad an.
Er kommt mir entgegen und zieht mit umständlichen Verrenkungen einen Quittungszettel aus der Hosentasche. »Da…da…das macht zwö…zwölf ach…acht…achtzig.«
Ich strecke ihm den Zehn-Mark-Schein und eine Hand voll Kleingeld entgegen. Dafür schiebt er mir den Pizzakarton hin.
In dem Augenblick, in dem ich ihn ergreife, klatscht ein großer Regentropfen darauf, dann noch einer und noch einer. Das Wasser wird augenblicklich von der weißen Papphülle aufgesogen und hinterlässt dunkle Stellen. Instinktiv sehe zum Himmel auf, doch der verbirgt sich pechschwarz vor meinem Auge. Nur die herabfallenden Regentropfen sind im Licht der nahen Straßenlaterne sichtbar. Ein paar Tropfen treffen mein Gesicht und die unangenehm kalte Feuchtigkeit lässt mich den Blick wieder senken. Der dürre Typ vom Pizzaservice ist immer noch damit beschäftig, das Kleingeld zu zählen, das ich ihm gegeben habe. Er scheint von dem einsetzenden Regen überhaupt nichts mitzubekommen.
»Stimmt so!«, sage ich großzügig und unterstreiche es mit einer lässigen Geste. Dabei habe ich keine Ahnung, ob die Summe überhaupt ausreicht. Während ich mich rückwärts in den Hauseingang zurückziehe, wird der Regen stärker. Das begreift endlich auch mein Gegenüber, stopft das Geld in sein Portmonee und steigt in den Wagen.
Erst als die Lichter des Lieferwagens in Regen und Dunkelheit verschwinden, schließe ich die Haustür auf und gehe hinein.
In meiner Wohnung landet der Pizzakarton mit dem Plastikbeutel auf dem kleinen Küchentisch, bevor ich die Getränke im Kühlschrank neben dem Fenster verstaue. Eine Bierflasche lasse ich draußen, öffne sie an der Tischkante und trinke mit kräftigen Zügen. Ich fühle mich wie ein Verdurstender in der Wüste, der auf eine Oase gestoßen ist – großartig.
Meine leicht feuchte Lederjacke landet auf der Flurgarderobe meine Stiefel irgendwo darunter.
Mit einem zufriedenen Rülpser lasse ich mich am Küchentisch nieder und genehmige mir ein köstliches Stück Pizza.
Der leere Stuhl mir gegenüber wirkt trostlos, erinnert mich plötzlich wieder an meine Einsamkeit. »… die Letzten unserer Art …«, so hat es Bombi heute Nachmittag formuliert. Der Kerl hat gar nicht so Unrecht, denn momentan fühle ich mich genauso. Und mit einem Mal schmeckt das Stück Pizza nicht mehr so gut und auch der Schluck Bier hinterher, hat einen schalen Nachgeschmack. Jetzt werd’ nicht sentimental, rufe ich mich selbst zur Ordnung. Doch das hilft nichts, mein Leben ist längst nicht mehr so spannend wie noch vor einem Jahr, als ich mit Henry um die Häuser gezogen bin, geschweige den in den Jahren als Punks noch richtige Punks waren, als wir noch ein richtiges Feindbild hatten, gegen das wir rebellieren konnten. Ein System gegen das wir uns auflehnten und das uns stets und ständig bespitzelte. Und jetzt …? Ich spüre wie Wut in mir aufkeimt. Was ist geblieben außer den Erinnerungen und der Musik?
Musik! Gute Idee! Aus einem Schuhkarton unter dem Tisch wühle ich eine Musikkassette hervor und schiebe sie ins Kassettendeck des Radios. Laut ballert der Sound von Schleim-Keim durch die Wohnung. Ich schließe die Augen, lehne mich zurück und fühle mich gleich besser.
Mit dem Oberkörper wippend, folge ich dem Rhythmus der Musik. Otze Ehrlich schreit: »Habt ihr keine Wut mehr im Wanst?«, die Gitarre jault, das Schlagzeug hämmert. So gefällt mir das. Es ist genau das, was mein wütendes Ich gerade braucht. Bis sich zwischen die Musik plötzlich ein weiteres Geräusch mischt. Das Geräusch, das nicht dorthin gehört, ist die Türklingel.
»Nein, ich stehe nicht auf und ich werde auch die Musik nicht leiser drehen. Ihr könnt mich mal!«, rufe ich laut in dem Wissen, dass mich sowieso keiner hört.
Doch das Klingeln hört nicht auf. Wie ein Parasit bohrt es sich mir in den Kopf und macht mich immer wütender.
Scheiße, das ist bestimmt wieder »Miss Piggy«! Ich sollte der Schlampe endlich mal klar machen, dass ich sie kacke finde und nichts von ihr will.
Jetzt wird es mir doch zu bunt. Ich stütze mich an der Tischkante ab und springe auf, mein Stuhl kippt dabei nach hinten und fällt krachend auf den Küchenboden. Wütend stapfe ich zur Wohnungstür, reiße sie mit voller Wucht auf und schreie: »Geh mir nich‘ auf’n Sack, du blöde Kuh!«
»Danke! Ich weiß bereits, dass du ein Arsch bist.«

Bundesakademie 2017

progwb2017Das Programm der Bundesakademie für kulturelle Bildung trudelte vergangene Woche bei mir ein. Dieses Mal in dezentem Türkis gehalten.

Inzwischen habe ich mich auch durch das umfangreiche Angebot gelesen. Wenn Wolfenbüttel nicht so weit von mir entfernt wäre, würde ich ja glatt mehrmals im Jahr dorthin fahren. Aber bei neun Stunden Anfahrt muss ich schon sehr genau überlegen, woran ich teilnehmen möchte. So habe ich mir zumindest schon mal den Termin fürs Romanseminar vorgemerkt.

Allerdings veranstaltet die BA im nächsten Jahr noch eine ganz besondere Tagung. Und die finde ich ebenfalls sehr reizvoll. Sie trägt den schönen Namen »Danke, Jesus!« und beschäftigt sich mit dem Werk von Andreas Eschbach. Da bin ich ja glatt versucht, mich anzumelden.

Sehen wir mal, vielleicht klappt es ja!