Eine Geschichte von Wahrheit und Lüge

James Morrow
»Die Stadt der Wahrheit«

Ein Vater würde alles für das Leben seines Sohnes tun, selbst in Veritas, einer Stadt, in der Lügen verboten sind. Durch Gehirnwäsche konditioniert, ist Jack Sperry seit seinem 10. Lebensjahr nicht mehr in der Lage die Unwahrheit zu sagen. Doch als sein siebenjähriger Sohn mit einer unheilbaren Seuche infiziert wird, muss Jack lernen zu lügen, um das Leben seines Sohnes zu retten. Hilfe findet er in Satirev einer geheimen Stadt im Untergrund von Veritas, in welcher die Menschen leben, die sich mit der Diktatur der Wahrheit nicht abfinden wollen.

James Morrows Blick auf eine Gesellschaft, in der absolute Wahrheit herrscht, ist phantastisch und schräg zugleich. Beispielsweise wenn Jack mit seiner Frau in ein Restaurant geht und sie »ermordete Kuh« bestellen. Morrow gelingt es, die gnadenlose Ehrlichkeit der Gesellschaft sowohl in Jacks Gedanken, als auch in der Interaktion mit seiner Umwelt klar und erschreckend nüchtern zu formulieren. Gerade diese Nüchternheit hat mir stellenweise Gänsehaut beschert.

Gefühle sind Lügen, Kunst ist Lüge. Eine »Brutalotruppe« sorgt dafür, dass sich jeder daran hält. Jack arbeitet als Kunstkritiker, der Filme, Bücher und Kunstwerke zerstört, die nicht der absoluten Wahrheit entsprechen. Das Gedankenspiel, wie würde eine Welt aussehen, wenn alle nur die Wahrheit sagen, zeigt wie armselig so ein Leben wäre. Es gäbe keine phantastischen Geschichten, keine Poesie, ja nicht einmal Weihnachten. Die Realität wäre grau und langweilig.

Die Begrifflichkeiten, die Morrow in dem Roman verwendet, sind durch ihre Ehrlichkeit ausgesprochen lustig. Restaurants mit dem Namen »Suff am Morgen« oder »Miese Mixgetränke« sind charakteristisch für die Stadt Veritas. Das Lager in dem Jacks Sohn Toby die Ferien verbringt, heißt »Weg mit den Kindern« und deutet an, dass die Gesellschaft durch die erzwungene Wahrheit zwar ehrlich geworden, aber immernoch herzlos ist. Der Leser wohnt in der Perspektive von Jack auch der Konditionierung einer zehnjährigen bei, der mittels Elektroschocks das Lügen ausgetrieben wird.

Anders dagegen ist das Leben in Satirev (Veritas rückwärts gelesen) eine Ansammlung phantastischer Dinge und bildet den exakten Gegensatz zu Veritas. Da wächst das Geld auf den Bäumen, Schweine fliegen durch die Luft, Ratten jagen Katzen über purpurnes Gras und heißer Schnee fällt vom Himmel. Jacks aufopfernder Kampf gegen die Krankheit seines Sohnes wird durch das Mitgefühl der Bewohner Satirevs gestärkt. Doch gerade hier zeigt sich, dass die Wahrheit zu sagen, manchmal die gnädigere Alternative ist.

Der ungewöhnliche Roman hat mich von der ersten Seite an gefesselt und mir gezeigt, dass phantastische Literatur auch ohne Raumschiffe und Technik in der Lage ist, eine hochemotionale Geschichte zu erzählen und gleichzeitig den Leser zum Staunen zu bringen. Vielen Dank an KNF für die Empfehlung.

»Die Stadt der Wahrheit« erschien bereits 1993 und ist nur noch antiquarisch zu beziehen. Ich habe das schmale Buch bei Booklooker für wenige Euro erstanden.

Außerirdisch gute Satire

Quelle: Ullstein Buchverlag

»How to take over Earth« von Paul Hawkins

Das musst du lesen! – So das Urteil meines Mannes, dem das Buch beim einschlägigen Onlinehändler in die Hände gefallen bzw. empfohlen worden war.
Ich blieb erst einmal an einem Wort im Untertitel hängen und brauchte tatsächlich eine Weile bis ich verstand, was da geschrieben stand. »GELEAKTE« – das könnte Gel- oder Geleeakte oder alles mögliche bedeuten, heißt aber neudeutsch »geleakt« also aufgedeckt. Da soll einer drauf kommen. Nach dem ich diese Hürde genommen hatte, entpuppte sich das Buch aber als eine echte Offenbarung.

Worum geht’s? Nun ja … Zum einen ist es die Geheimakte eines Außerirdischen, der vom Mond aus die Erde beobachtet und dabei mit seinem Vorgesetzten per Q-Mail (quantenverschränkte Nachrichten) kommuniziert. Zum anderen ist es gleichzeitig die Geschichte des Imperiums von Splorta, das ständig und gern fremde Planeten erobert und versklavt. In letzter Zeit dafür aber vom »Zunehmend ironischen Zusammenschluss der Isolationisten« und vom »Intergalaktischen Gerichtshof für Alienrechte und Ansprüche« häufig einen auf die Finger bekommt.

Der Außerirdische Leutnant Zinfluu berichtet seinem Vorgesetzten Xarge von den Menschen und ihren eigenartigen Bräuchen und mit welcher Verrücktheit sie sich und ihren Planeten zerstören. Xarge ist ein typischer Splortaner (eigentlich kein bisschen anders als die Menschen). Er wittert das Potential der Erde und beschließt aus der Ferne umgehend ihre Eroberung. Während Zinfluu immer weiter über die skurrilen Eigenschaften der Erdbewohner berichtet, muss Xarge seine Pläne einer Invasion immer wieder unterbrechen und anpassen. Denn Zinfluu hat Gefallen an den Bewohnern der Erde und ihren Verrücktheiten gefunden und die Aufnahme der Erde in die NAAOTA beantragt und darüberhinaus noch den Intergalaktischen-Erbe-Fond um UNIVERSCO-Unterstützung zur Klimawiederherstellung angerufen. Was sich natürlich mehr oder weniger mit den Zielen von Xarge beißt. Doch Zinfluu findet immer wieder Worte, um die neue Situation seinem Vorgesetzten schmackhaft zu machen. Bis Donald Trump unwissentlich den Planeten an Xarge verkauft und dieser sich auf den Weg zur Erde macht …

Was witzig klingt, ist es auch, bis … Ja, bis man die Berichte Zinfluus genauer in Augenschein nimmt. Da wird nämlich die Idiotie der Menschheit bis zu ihrer Wurzel entblößt. Man begreift wir blöd wir eigentlich sind, dass wir das tun, was wir tun. Und das Lachen bleibt einem im Hals stecken. Autor Paul Hawkins hält uns einen Spiegel vor, der nicht deutlicher zeigen kann, wie unsere Welt tickt und in welch perfidem System wir eigentlich leben. Das ist auf seine witzige Art irgendwie auch unfassbar traurig.

»How to take over Earth« steckt voller versteckter Anspielungen und satirischen Anmerkungen über die Bewohner der Erde aus der Sicht eines Außerirdischen. Die geschwollene Sprache mit der Zinfluu und Xarge kommunizieren, ist manchmal etwas anstrengend, passt aber wunderbar zu den Charakteren. Abbildungen und witzig formulierte Formulare ergänzen die schriftlichen Kommunikationsaufzeichungen, die aussehen, als kämen sie frisch aus dem Kopierer. Leider sind nicht alle Grafiken ins Deutsche übersetzt, was ich persönlich schade finde.

Das Buch ist eine echte Satire, die einem aufgeklärten Menschen des einundzwanzigsten Jahrhunderts das Gruseln lehrt. Am Ende wünscht man sich fast, das Zinfluus Bericht an die Menschheit echt wäre und nicht nur die Geschichte eines amerikanischen Autors, der in Berlin lebt.

»How to take over Earth« erschien im Februar 2018 im Ullstein Verlag und ist als Taschenbuch überall im Buchhandel und bei allen Onlinehändlern erhältlich.

Kurzes von Andy Weir

Weil ich momentan selbst keine Zeit habe, viel zu schreiben, möchte ich den Lesern meines Blocks eine Kurzgeschichte von Andy Weir ans Herz legen. Ich habe sie vor ein paar Tagen auf »Die Zukunft«, dem SF-Portal vom Heyne-Verlag, gelesen und finde sie außergewöhnlich.

Die Geschichte folgt nicht den üblichen Gesetzmäßigkeiten einer Kurzgeschichte. Eigentlich ist es nur ein Dialog. Aber der Text hat mich dennoch gepackt und am Ende war ich richtiggehend verblüfft.

Aber lest am besten selbst:

https://diezukunft.de/story/buch/das-ei

Ärger auf dem Mond

Quelle: Amazon

Für einen Autor ist es schwer einen Weltbestseller zu wiederholen. Andy Weir geht es da nicht anders. Mit Der Marsianer hat er die Messlatte so hoch gelegt, dass es eigentlich unmöglich ist, dessen Erfolg zu überbieten. Das er es dennoch versucht, und dass er sich dabei gar nicht so schlecht schlägt, ist ihm hoch anzurechnen.

Bereits beim Blick auf den Klappentext ahnte ich, dass Artemis kein zweiter Marsianer werden würde. Es fehlte der Geschichte das Ausweglose, die Einsamkeit eines Mark Watney und dessen ungebrochener Überlebenswille, die den Roman so spannend und so erfolgreich gemacht haben.

In Artemis steht die junge Jazz Bashara im Mittelpunkt, die seit ihrem sechsten Lebensjahr in der ersten Stadt auf dem Mond lebt. Sie schlägt sich in Artemis als Schmugglerin durch, unteranderem weil sie sich als Teenager den Weg in ein normales Leben verbaut hat. Wobei die junge Dame über so viel Grips und Geschick verfügt, um als Ingenieurin ihr Geld zu verdienen, was sie aber anscheinend nicht will. Als sie bei einem ihrer Aufträge in ein Verbrechen verwickelt wird und die Aufmerksamkeit eines Syndikats auf sich zieht, ist sie die einzige, die Artemis vor der Übernahme durch die brasilianische Mafia bewahren kann.

Andy Weir ist da gut, wo er schon beim Marsianer gepunktet hat, in der Darstellung komplexer technischer Vorgänge und der Beschreibung der Lebensumstände auf dem Mond. Artemis, die heimliche Protagonistin des Romans, ist mit ihren Eigenheiten gut beschrieben. Das ist Hard-SF bester Güte. Weniger gut finde ich dagegen die Charaktere. Wie schon in seinem Vorgängerroman bleiben sie eher blass, man bekommt kaum eine Vorstellung davon, wie sie aussehen. Selbst die Heldin Jazz Bashara, die Gesetze und Vorschriften auf ihre Weise interpretiert, kommt mir oft zu taff und eher wie Supergirl daher. Wegen ihres losen Mundwerks wirkt sie wie ein bockiger Teenager. So war ich wirklich überrascht, als ich gegen Ende des Romans las, dass sie bereits 26 sein soll. Auf mich machte sie eher den Eindruck einer 19-jährigen. Dass Jazz Probleme mit ihrem gläubigen Vater hat, weil sie eher das Gegenteil einer Muslimin ist, fand ich dann doch zu tief in die Klischeekiste gegriffen. Wer weiß, vielleicht stört mich diese Kombination auch nur wegen der gerade laufenden MeToo-Debatte und es hätte mir nichts ausgemacht, wenn ich den Roman bereits vor zwei Jahren gelesen hätte. Äußerst unbefriedigend finde ich auch die Art und Weise, wie sie am Ende ihren Kopf aus der Schlinge zieht, um einer Verbannung aus der Stadt zu entgegen. Es war im ganzen Roman nie die Rede davon, dass sie das Schmuggler-Monopol in Artemis inne hat.

Auch wenn das Finale etwas zu überstürzt gerät, ist die Handlung von Artemis bis zur letzten Seite spannend. Es ist ein Thriller über eine Saboteurin, die Mafia und eine Stadt, in der Gesetze herrschen wie in den Pionierstädten des Wilden Westens. Andy Weir schuf mit Artemis nicht nur ein glaubhaftes gesellschaftliches Szenario auf dem Mond, sondern bringt mir auch die Erde des ausgehenden einundzwanzigsten Jahrhunderts näher. Gespickt mit vielen technischen Details, ist es für technikaffine Leser wie mich, ein wahres Vergnügen.

Artemis ist nicht Der Marsianer und will es vielleicht auch gar nicht sein. Es ist solide geschriebene Unterhaltung, die uns einen Blick in eine nicht zu ferne Zukunft schenkt und mir die vergangene Woche einige spannende Lesestunden beschert hat. Was will man mehr.

Perry und das Feuilleton

FAZ vom 2.3.2018

Wahrscheinlich haben die Mitarbeiter der PERRY RHODAN-Redaktion jenen Freitag den 2.3.2018 rot am Kalender angestrichen. Denn da erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein Artikel über die PERRY RHODAN-Serie. Ausgerechnet auf der Titelseite des Feuilleton, das doch sonst nur Werken der »Hochliteratur« vorbehalten ist.

Dietmar Dath äußert sich ausgesprochen positiv zu den letzten zehn Heftromanen vor dem Jubiläumsband 2950. Besonders Verena Themsen und Kai Hirdt kommen dabei gut weg. Mehrfach zitiert er aus ihren Werken, spricht vom Zeichnen »psychologisch plausibler Figuren und schöne Sentenzen für subtilste Gemütsregungen«. Und er findet weitere hochgeschraubte Lobeshymnen auf die Komplexität der Serie und ihrer Handlung, sowie den Versuch über die Wissenschaft der Science Fiction die Welt zu erklären.

Selbst die Fans werden von ihm nicht als dümmliche Nerds hingestellt. Ganz im Gegenteil Dath verwehrt sich gegen den Begriff Nerd und erklärt an dieser Stelle sogar dessen Herkunft. Und er holt zum Gegenschlag aus gegen das Schubladendenken des Feuilleton zu Genreliteratur im Allgemeinen und der Science Fiction im Besonderen. Ein erstaunlicher Aufsatz über die Bedeutung des Genres in Zeiten rückläufiger Geschäftszahlen im Literatur-Business. Anscheinend ist es endlich dort oben angekommen, dass sich auch Leser der Genreliteratur nach anspruchsvoller Lektüre sehnen und das diese mitnichten jener niveaulose Schund ist, den die Literaturpäpste so gern darin sähen. Eben weil – und das ist der Kern des Erfolges von Science Fiction und Genreliteratur überhaupt – sie das »beglückende, faszinierende und produktive Leseerlebnis« in den Vordergrund stellen.

Vor allem aber sollten die Romane lesbar sein, ohne Schnörkel jedoch mit Anspruch, denn allein die technische Seite der PERRY RHODAN-Romane ist nicht für jeden leichte Kost. Und lesbar sind sie, ganz im Gegensatz zu besagtem Artikel von Dietmar Dath. Da werden Begriffe aus der Literaturwissenschaft eingestreut, die ein mehrfaches Nachschlagen in Lexika erfordern. Mancher Satz erschließt sich dem Heftromanleser (wie mir) erst nach dem Dritten durchlesen und bei einigen Absätzen glaubt man sich im Wald der Schachtelsätze verloren gegangen. Nun, wahrscheinlich muss das so sein in einer Tageszeitung wie der FAZ und insbesondere auf den Seiten des Feuilleton. So ein bisschen müssen sich die Kulturschreibenden schließlich doch abheben vom gemeinen Genre-Autor und wenn es nur in einer Besprechung der größten Science-Fiction-Serie der Welt ist.

Leider gibt es den Artikel auf der Online-Seite der FAZ nur für zahlende Leser. Was ich dann schon fast ein wenig schade finde. Endlich wird mal eine Serie der Genreliteratur und der Science Fiction vom Feuilleton mit Lob überschüttet und dann kann dies leider nicht von allen gelesen werden.

Spannende Military SF

Quelle: Amazon

Endlich habe ich PRISMA von Margaret Fortune gelesen. Den Vorgängerroman New Sol hatte ich an dieser Stelle schon besprochen. Die Handlung von PRISMA baut auf dem ersten Roman auf, unterscheidet sich aber signifikant vom Debutroman der Autorin. Sie nimmt eine Hauptfigur aus dem ersten Roman und erzählt deren Geschichte weiter:

… Fast ein Jahr ist seit der Explosion der Raumstation NEW SOL vergangen. Der Krieg gegen die Schatten ist allgegenwärtig. Die Ghule, unsichtbare geisterhafte Lebewesen, setzen sich in immer mehr Menschen fest und okkupieren deren Körper und Geist, ohne dass diese es bemerken. Dort ernährt sich der Parasit so lange, bis der »Besatzer« nach drei Jahren ausgebrannt ist und elendig stirbt. In der Zwischenzeit haben die »Besatzer« aber viele neue Ghule freigesetzt und setzen alles daran, sich über die Galaxis zu verbreiten. Trotz gravierender Sicherheitsmaßnahmen wird Planet um Planet infiziert und muss mit Energieschilden abgeriegelt werden.

Michael Sorenson ist immer noch verbittert, dass seine Freundin Lia sich für ihre Mission und nicht für ihn entschieden hat. In seiner Trauer und seiner Wut hat er sich als Wächter gemeldet. Nachdem die Schatten die Planeten des Sternenbunds überrennen und jeden Menschen besetzen, der nicht rechtzeitig fliehen kann, hilft Michael Überlebende von Raumstationen und Planeten zu evakuieren. Nach einer Rettungsaktion, in der er sein Leben riskiert, wird er von einer geheimen Forschungseinrichtung rekrutiert. Die Wissenschaftler entwickeln dort Waffen und Strategien, um die übermächtigen Schatten (in Form von Ghulen und Besatzern) zu bekämpfen. Die Forscher benötigen gut ausgebildete Soldaten, um die Neuentwicklungen zu testen. Die Einsätze sind gefährlich, bringen Michael aber auf andere Gedanken und verschaffen ihm neue Freunde. Wenn da nicht ein Saboteur wäre, der es auf die Forschungseinrichtung abgesehen hat und von dem nur er Kenntnis hat.

Mit dem finalen Durchbruch – der Entwicklung einer Massenvernichtungswaffe gegen die Schatten – schöpft nicht nur Michael Hoffnung, dass die Menschheit den Krieg gewinnen kann. Doch kurz vor dem großen Finale schlägt der Saboteur ein weiteres Mal zu …

PRISMA ist eindeutig ins Genre der Military-SF einzuordnen. Der Roman erinnert an einschlägige TV-Serien wie Space 2063 oder Battlestar Galactica. Die Gegner sind jedoch mehr als ungewöhnlich. Michael und seine Kameraden müssen im Kampf gegen die Ghule große Opfer bringen. Der Autorin gelingt es, das Szenario äußerst spannend zu beschreiben. Vielen Autoren hätte das als Plot genügt. Nicht so Margaret Fortune. Sie bringt mit dem Saboteur eine zweite Ebene in die Handlung ein, die sich als komplexer Thriller herausstellt und anders entwickelt, als man es erwartet. Damit hielt sie mich bis zum Schluss in Atem. Am Ende überraschte sie mich mit einer ungewöhnlichen Auflösung, die bereits die nächste Geschichte vorbereitet.

Wie schon bei New Sol ist auch bei PRISMA stilistisch noch Luft nach oben. Die Formulierung »ich lasse« in vier hintereinander folgenden Sätzen zu verwenden, finde ich etwas unglücklich. Die Handlung ist im Ich-Präsenz aus der Sicht von Michael erzählt, enthält aber auch einige Kapitel im Präteritum, aus der Sicht der obersten Lenker des Sternebundes. Hier hätte ich mir mehr Informationen zur politischen Struktur gewünscht. Die Autorin erklärt zwar das eine oder andere, aber nicht so ausführlich, wie man es in der Science-Fiction-Literatur gewohnt ist. Auch bei der Figurencharakterisierung ist noch nicht alles perfekt. Außer Michael werden viele Figuren nur angerissen, man hat so gut wie kein Bild von ihnen. Dass sie im Fortgang der Handlung nur mit dem Nachnamen angeredet werden, macht es umso schwerer sie auseinanderzuhalten. So hat auch die Übersetzerin hin und wieder die Geschlechter der Figuren verwechselt. Wobei ich irgendwann aufgegeben habe, dem nachzuspüren, weil es für die spannende Handlung ohnehin nicht relevant ist. Michaels Entwicklung ist dagegen sehr anschaulich dargestellt. Positiv fand ich auch die vielen starken weiblichen Charaktere. Was insbesondere für junge Frauen interessant sein könnte, die sonst mit Military SF nicht so viel am Hut haben.

Margarete Fortune ist es mit PRISMA gelungen, ein eigenständiges Universum zu bauen, das jedoch noch viele weiße Flecken hat. Aber die Autorin hat noch drei weitere Romane, um die Lücken zu schließen. Trotz der stilistischen Ungereimtheiten ist der Plot so spannend, dass man locker darüber hinweg sehen kann. Für Fans klassischer Science Fiction und besonders für Fans von Military SF ist PRISMA unbedingt zu empfehlen.

Ein Alien im Dschungel der Religionen

Quelle: Amazon

Jeder kennt sie oder hat zumindest schon mal einen Ausschnitt gesehen – Filme »Made in India«.

Bollywood – so bezeichnet man die größte Filmindustrie der Welt. Hier werden mehr Filme produziert als irgendwo sonst. In Bollywoodfilmen geht es meist um Liebe und es wird gesungen und getanzt was das Zeug hält. Das ist in Europa nicht unbedingt Massentauglich, findet aber auch hierzulande seine Fans.

2014 produzierte Rajkumar Hirani den erfolgreichsten indischen Film aller Zeiten, in dem es – um was sonst – natürlich um Liebe geht. Aber PK – Andere Sterne andere Sitten ist auch so etwas wie ein Science-Fiction-Film, in dem ein Außerirdischer mit der religiösen Kultur der Menschen konfrontiert wird.

Ich habe mir das Machwerk angesehen und bin total begeistert. Im Grunde geht es um die Suche nach Gott, in die der Alien PK (Aamir Khan) verwickelt wird. Weil jemand sein Amulett stielt, mit dem er sein Raumschiff rufen kann, ist er auf der Erde gestrandet. Jeder, dem er begegnet und den er nach dem Amulett fragt, gibt ihm nur eine Antwort: »Dir kann nur Gott helfen.« Also macht sich PK auf die Suche nach Gott. Muss aber schnell feststellen, dass die Menschen an viele Götter glauben und das deren Stellvertreter sich nicht so göttlich verhalten, wie sie es sollten. In Jaggu (Anushka Sharma) einer jungen TV-Reporterin findet er eine Freundin, die ihn bei seiner Suche unterstützt. Als PK am Ende nach Hause zurückkehrt, hat er von den Menschen eines gelernt: zu lügen. Die Menschen jedoch haben durch ihn erfahren, dass Gott nicht immer der ist, den die Religionen dazu gemacht haben.

Die Darsteller Aamir Khan und Anushka Sharma spielen grandios. Die verzwickte Geschichte ist gespickt mit komischen Szenen und einem Augenzwinkernden Blick auf die indische Kultur. Als Europäer bekommt man einen guten Eindruck, wie diese Kultur funktioniert und das sie sich in vielerlei Hinsicht nicht von der europäischen unterscheidet. Die großen Gefühle kommen in dem Film auch nicht zu kurz. Denn um Jaggu und PK entspinnt sich eine wunderbare Liebesgeschichte, die nur für einen von beiden in einem Happy End mündet. Im Fokus des Streifens stehen jedoch die Weltreligionen. Produzent und Regisseur Rajkumar Hirani gelingt es, sie allesamt kritisch zu hinterfragen, ohne die Religionen zu verleumden oder die Existenz Gottes in Frage zu stellen.

PK – Andere Sterne andere Sitten ist ein großer Spaß mit vielen Wahrheiten und einem Blick auf das Indien des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Selbst die Gesangseinlagen und Tanzszenen halten sich während der 147 Minuten in Grenzen. Das der Film in Brügge beginnt und die belgische Stadt von ihrer schönsten Seite gezeigt wird, ist ein zusätzlicher Leckerbissen für die europäischen Filmfans.

Leider gibt der Trailer den Kern des Filmes nicht im Mindesten wieder. Schade!

Zeit für Henry

Handschriftlicher Titel

… so lautet der Arbeitstitel des Science Fiction-Romans an dem ich derzeit arbeite.

Inzwischen habe ich mir auch Zeit für die Geschichte nehmen können. Nachdem ich in den letzten Wochen die Szenenplanung ausgearbeitet habe, konnte ich nun endlich mit dem Schreiben beginnen.

Aber irgendwie geht es noch ziemlich zäh. Ich muss immer daran denken, die Szene umzusetzen, ohne dabei das Drumherum zu vergessen. Damit tue ich mich zur Zeit ziemlich schwer. Jetzt wo ich weiß, was passieren muss, worüber die Charaktere sprechen oder was sie denken, lasse ich sie ständig in »Weißräumen« agieren. Und muss anschließend mühsam den Hintergrund ergänzen. Das nervt mich irgendwie. Bei meinem letzten Roman habe ich keine so ausführliche Szenenplanung gemacht und da klappte das mit dem Drumherum irgendwie von selbst.

Habe ich jetzt zu viel geplant oder zu wenig? Diese Frage stelle ich mir momentan. Oder muss ich erst richtig in den Schreibfluss eintauchen, bis es von alleine kommt? Hm! Ich weiß es nicht. Zumindest habe ich mir über das Schreiben noch nie so viele Gedanken gemacht, wie in den letzten Tagen. Vielleicht sollte ich doch wieder drauflos schreiben. ohne so viel nachzudenken.

Zumindest konnte ich die ersten beiden Kapitel mit insgesamt 25.000 Zeichen fertigstellen. Bleiben nur noch 38 weitere Kapitel.

Transzendenz

Quelle: Amazon

Nachdem Dr. Hubert Zitt auf der Star Trek-Vorlesung im Dezember auf den Film Transcencence hingewiesen hat, haben wir ihn angesehen. Wie schon in Ex Machina geht es um eine künstliche Intelligenz (KI). In diesem Fall wird sie jedoch durch das »hochladen« eines menschlichen Geistes perfektioniert.

KI-Experte Dr. Will Caster wird bei einem Attentat von technikfeindlichen Extremisten mit radioktivem Polonium vergiftet. In der Zeit, die ihm noch bis zum Tod bleibt, versuchen seine Frau Evelyn und sein Freund und Kollege Max Waters, den Gedächtnisinhalt und die Essenz von Will in einer künstlichen Intelligenz zu speichern. Das Experiment glückt, doch die Extremisten sind ihnen auf der Spur. Evelyn gelingt es in letzter Sekunde, Will ins WorldWideWeb zu laden. Von da an entwickelt sich Will zu einem übermächtigen Wesen, dass bald darauf nicht nur Evelyn seinen Willen diktiert. Währenddessen ziehen die Extremisten Max Water auf ihre Seite.
Zwei Jahre später hat die KI ihre Macht ausgebaut und ihre Intelligenz potenziert. Sie rekrutiert vor allem kranke und behinderte Menschen, um sie zu heilen und anschließend zu ihren »Angestellten« zu machen. Als die KI Nanosonden in der Erdatmosphäre aussetzt, um ihren Machtbereich auszudehnen, setzen die Extremisten zum finalen Schlag an.

Dieser Film macht deutlich, wie schmal der Grat ist, zwischen einem Menschen zu helfen und einem Menschen zu schaden. Und dabei spreche ich hier von beiden Seiten, den Extremisten und Will Caster als KI. Im Grunde will Caster Gutes tun und die Wünsche seiner Frau Evelyn erfüllen, Mensch und Umwelt heilen und die Menschheit auf eine neue Evolutionsstufe stellen. Das er dabei einen Schritt zu weit geht, wird auch seiner Frau schnell klar. Er implantiert den Menschen, denen er hilft, einen Netzwerkknoten, denn die Nanotechnologie funktioniert nur, wenn sie mit der KI verbunden ist. Die Auswirkungen sind so weitreichend, das Evelyn sich von ihm abwendet und mit den Extremisten kooperiert, nur um ihren Mann bzw. die KI zu stoppen. Erst zum Schluss erkennt sie, dass es wirklich Will ist und alles, was er tat, auf ihren Wünschen basierte und er dabei keinen einzigen Menschen getötet hat.

Die Extremisten wiederum versuchen die scheinbar menschenfeindliche KI aufzuhalten, wollen das Menschliche im Menschen bewahren und zwar um jeden Preis. Ihre einzige Option ist ein Virus, dass von Max Water entwickelt wird. Über die Konsequenz ihres Handelns scheinen sie sich nicht vollständig im Klaren zu sein. Denn, weil die KI mit jedem Computer auf der Welt verbunden ist, bedeutet das Ende der KI gleichzeitig das Ende des Computerzeitalters. Ein weltweiter plötzlicher Blackout sozusagen. Sie stürzen die Menschheit zurück ins 19. Jahrhundert, ohne Strom, ohne Wasser, ohne Gesundheitsversorgung und nur mit begrenzten Lebensmitteln. Die Umweltschäden, die dabei durch explodierende Kernkraftwerke, verunglückte Flugzeuge und Tanker entstehen, werden im Film nicht mal angesprochen. Es werden auch keine Zahlen genannt, wie viele Menschen durch ihre Tat ums Leben kommen. Es müssten aber Millionen sein.

Am Ende stellt sich dem Zuschauer die Frage: Welches für die Menschheit die bessere Option darstellt? Relative Unsterblichkeit in einem vernetzten Kollektiv, oder der Tod und ein Dahinsiechen in Primitivität in einer verseuchten Umwelt? Eine Frage, die sich so leicht nicht beantworten lässt.

Johnny Depp als Will Castor bleibt den ganzen Film unnahbar und schürt damit beim Zuschauer die Abneigung gegen seinen Charakter, nur um am Ende sein wahres Gesicht zu zeigen. Das fand ich großartig. Rebecca Hall als Evelyn erinnerte mich die ganze Zeit an Scarlett Johansson. Sie spielt die Rolle der zweifelnden Ehefrau ebenfalls sehr überzeugend. Die Extremisten unteranderem Morgen Freeman bleiben dagegen etwas eindimensional.

Spannend und optisch hervorragend umgesetzt, ist der Film nicht nur Freunden intelligenter Science-Fiction-Filme zu empfehlen.

Ist Star Trek noch Star Trek?

Menschenfressende Klingonen, eindimensionale Figuren, Gewalt, Brutalität und wenig Hirnschmalz … das musste ich über die aktuelle Star Trek-Serie Discovery lesen. Sie scheint die Meinungen der Fans so sehr zu spalten, dass sogar der Thread dazu im PERRY RHODAN-Forum geschlossen werden musste. Autoren und Fans sind sich dort fast an die Gurgel gegangen.

Ich frage mich: ist das noch Star Trek? Folgt die Serie noch der Vision Gene Roddenberrys? Oder ist sie nur noch eine weitere Dystopie, die aus unserer zukunftslosen Gegenwart resultiert?

Eigentlich wollten wir uns für einen Monat bei Netflix anmelden, um die Serie anzuschauen. Auf Grund dessen, was wir darüber gehört haben, werden wir es nicht tun. Ich möchte keine Serie sehen, die mit Verhoevens Starship Troopers verglichen wird. Ich will intelligente Science Fiction, in der Probleme mit dem Verstand gelöst werden und nicht mit Waffen. Ich will wieder an eine positive Zukunft glauben können und nichts sehen, was ich ohnehin jeden Tag in den Nachrichten präsentiert bekomme. Sind die Star Trek-Fans inzwischen so verroht, dass ihnen so etwas wie in Discovery gefällt? Oder liegt es daran, dass sie einer neuen Generation angehören? Bin ich Oldschool, weil mir das nicht gefallen will?

Wenn es eines gab, das die Star Trek-Fans geeint hat, dann war es der Glaube an das Gute im Menschen, an eine erstrebenswerte Zukunft, in der es friedlich zugeht und jeder eine faire Chance bekommt. Wenn Discovery das Fandom entzweit, bedeutet das dann nicht, dass Star Trek nicht mehr das ist, was es 50 Jahre lang gewesen ist? Wenn ich lese, das Fans dieses »Friede-Freude-Eierkuchen« nicht mehr sehen wollen, dann haben sie, meiner Meinung nach, nicht verstanden, worum es bei Star Trek geht. Und das finde ich fast noch trauriger.

Ich muss an die Worte denken, die ich 2006 in einem der letzten Starbase-Fanzines des Star Trek-Forums geschrieben habe: »Star Trek ist tot. Lasst es sterben!« Damals habe ich es sarkastisch gemeint, heute ist es vielleicht das Beste, was dem Franchise passieren kann.