Der Bop-Saga zweiter Teil

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Da der nette Autor mich freundlicherweise daran erinnerte, dass es da noch einen zweiten Teil seines Science-Fiction-Werkes gibt, welches ich unlängst hier wohlwollend besprochen habe, gab ich diese Woche seinem Bitten nach und las den humoristischen Roman im Zug nach München und zurück. … Wahnsinn, was für ein Schachtelsatz!

Solche oder ähnliche Bemerkungen finden sich auch in »Selfies vom Mond« dem zweiten Teil der Bop-Saga. Der Autor nimmt Augenzwinkernd seinen eigenen Text auf die Schippe und sich und seine Figuren nicht einmal ansatzweise ernst. Wie zum Weltraumteufel soll man sowas rezensieren? Man könnte meinen, der Autor erkaufe sich damit einen Freifahrtschein in Sachen Stilanalyse. Doch so leicht lasse ich mich nicht hinters Licht führen.

Die Geschichte krankt nämlich an ganz anderen Stellen, als an Schachtelsätzen oder der Synonym-Seuche. Da wird mir zum Einen nur erzählt, was ich doch eigentlich sehen will. Beispiel gefällig? „Seht ihr irgendwo einen freien Tisch?“ fragte Edward angesichts des tumultartigen Tohuwabohus in der alten Nova. Ich bekomme gesagt, dass in der Kneipe ein Durcheinander herrscht, wie genau das aussieht, enthält mir der Autor aber vor. Da hätte ich gern mehr darüber gewusst, um mir ein Bild zu machen. Wie sieht es da aus? Welche schrägen Außerirdischen hängen dort rum? Was für exotische Getränke stehen auf den Tischen? Spielt da irgendwo eine Catina-Band und vor allem, wie riecht es da? All das erfahre ich nicht. Diese Szene ist beispielhaft für viele weitere.

Auch plottechnisch wäre noch so einiges zu verbessern. Am Anfang und im Mittelteil verläuft die Handlung nämlich arg zäh. Ich hatte zunächst damit zu kämpfen, wieder in die Geschichte zu finden. Die beginnt nämlich mit Kapitel 23. Es ist ratsam Teil zwei direkt im Anschluss an Teil eins zu lesen. Bei mir lagen mehrere Wochen dazwischen und ich wusste überhaupt nicht mehr, wer von den Figuren jetzt wer war und vor allem auf welcher Mission sie nochmal unterwegs waren.

Mir hat sich auch der Sinn nicht erschlossen, warum die Reisen der Abenteurer immer so lange dauern. Mal sind es zwei Wochen, dann wieder drei. Das Universum, das André Nagerski geschaffen hat, ist so verrückt, dass er eigentlich nicht auf die Einhaltung irgendwelcher physikalischen Gesetze achten müsste. Die Reise durch ein Wurmschlupfloch sollte innerhalb von Minuten vonstattengehen. Stattdessen lässt er seine Helden wochenlang in ihrem Raumschiff aufeinander hocken, zeigt mir dann aber die Auswirkungen nicht. Die lange Reise hat keinerlei Konsequenzen für die Geschichte und ist meiner Meinung nach somit überflüssig.

Die Stärke des Autors ist gleichzeitig seine größte Schwäche. Die Wortschöpfungen und Sprüche waren im ersten Teil noch originell und witzig, verlieren im zweiten Teil aber schnell ihren Reiz. Man gewöhnt sich daran und lächelt am Ende nur noch müde, wenn die Pointe mal nicht so knackig ausfällt, wie bei den Krachern zuvor. Was mir besonders aufgefallen ist, dass der Autor in »Selfies vom Mond« viele Werbe-Slogans oder bekannte Sprüche aus Funk und Fernsehen verwendet. Das finden Jungs in der Pubertät oft irrsinnig komisch, mir gefiel es nicht, weil es einfach peinlich ist. Bei anderen Passagen wiederum nimmt André Nagerski den Leser zu sehr an die Hand, weshalb der Humor aufgesetzt wirkt. Auch hier wieder ein Beispiel: „Seid gegrüßt in Vogelweide, Fremde!“, begann der Anführer der Gruppe. „Mein Name ist Nisnas – Alter von der Vogelweide. Der Vorsteher des Dorfes …“ Hätte der Autor den Typen Walter genannt, hätte jeder den Gag verstanden, ohne das er noch irgendein Wort hätte hinzufügen müssen. Das wäre subtiler gewesen als die angewandte Holzhammer-Methode.

Jetzt muss ich aber auch noch etwas Gutes sagen: Die irrwitzigen Ideen scheinen dem Autoren auch in Teil zwei nicht ausgegangen sein. Mir gefielen am besten die Phillyponys, davon hätte ich mir gern mehr in Aktion gewünscht, ebenso mehr von den tollen Erfindungen wie dem Multifraß 2000 aus dem ersten Teil. Sprachlich ist auch »Selfies vom Mond« einwandfrei geschrieben, wobei nicht jeder Gag bei mir gezündet hat. Lustig ist die Geschichte um die Bewohner des Planeten Bop auf ihrer Odyssee durchs All allemal. Wer Douglas Adams mag, ist hier gut aufgehoben. Großes Lob von mir geht übrigens auch an den Illustrator Stefan Kolmsberger für das sensationelle Cover

Im Epilog ist Band drei angekündigt. Ich hoffe der Autor lässt seine Leser nicht allzu lange warten.

André Nagerskis »Selfies vom Mond« erschien im Selbstverlag und ist bei Amazon als E-Book und gedrucktes Buch erhältlich. Ich empfehle auch die Internetseite des Autors roboter-weinen-heimlich.de. Dort finden sich alle News rund um die Bop-Saga.

Liebe durch alle Zeiten

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Nach dem Motto »erst lesen, dann schreiben« recherchiere ich gerade für meinen neuen Roman »Zeit für Henry«. Es geht darin um Zeitreise und um Liebe. Da lag es nahe, dass ich den Liebesroman zum Thema Zeitreise schlechthin lesen musste. »Die Frau des Zeitreisenden« ist das Erstlingswerk von Audrey Niffenegger und erschien 2003 in den USA. Die deutsche Übersetzung folgte 2005.

In der Geschichte um Henry und Clara geht es in erster Linie um die große Liebe, um Bestimmung und Schicksal. Henry hat einen Gendefekt, der ihn unkontrolliert durch die Zeit reisen lässt. Clare lernt ihn als kleines Mädchen kennen, während Henry Clare erst in der Gegenwart begegnet, bevor er sie in der Vergangenheit trifft. Während Clare von Anfang an weiß, dass Henry, der Mann ihres Lebens ist, ist sich Henry alles andere als sicher, ob Clare die Richtige ist. Erst in ihrer Beziehung in der Gegenwart begreift er, welch enge Bindung Clare während seiner Besuche in der Vergangenheit zu ihm aufgebaut hat.
Als beide versuchen ein Kind zu bekommen, stellt das ihre Beziehung auf eine harte Probe. Nach sieben Fehlgeburten lässt sich Henry sterilisieren, doch da bekommt Clare Besuch von einem Henry aus der Vergangenheit.
Die Geburt ihrer Tochter Alba läutet die letzte Phase von Henrys Leben ein. Er weiß von Clare, dass er nicht älter als 43 werden wird. Auch Alba, die er in der Zukunft trifft, erklärt ihm, das er stirbt, wenn sie fünf ist. Vater und Tochter treffen sich häufiger in der Vergangenheit und in der Zukunft, weil sie seine Fähigkeiten geerbt hat.
Je näher er dem Datum seines Todes kommt, desto häufiger sind seine, nicht immer ungefährlichen, Reisen in die Vergangenheit. Clare ahnt, dass Henry etwas Furchtbares widerfahren wird und sie veranstaltet eine Feier für ihn mit all seinen Freunden und Bekannten. Als es dann soweit ist, hat Henry noch eine Botschaft für Clare. Sie werden sich wiedersehen 46 Jahre in der Zukunft.

Ich war überrascht, nicht nur das der Roman im Ich-Präsens abwechselnd aus der Sicht von Henry und Clare geschrieben ist. Die Geschichte entfaltet ihre Faszination auch erst nach und nach. Anfangs folgen Beschreibungen ihrer Begegnungen lose aufeinander, wobei sie linear aus Sicht Clares geordnet sind. Henry erzählt, wie er zum ersten Mal durch die Zeit gereist ist. Das alles plätschert so dahin, dass man sich fragt, wie die Autorin damit einen ganzen Roman füllen will. Denn die meisten Kapitel bestehen aus Beschreibungen in einfachen Sätzen, kurzen Dialogen und wenig Action. Doch das entpuppt sich auf Dauer als spannender als gedacht. Die vielen einzelnen Begebenheiten werden nach und nach miteinander verknüpft, so dass man als Leser ein immer vollständigeres Bild von Henrys Leben erhält. Manches ergibt erst viel später einen Sinn. Der Roman entwickelt so über seine Länge hinweg eine ungeheure Sogwirkung, die im letzten Drittel in einem hochemotionalen Finale gipfelt. Zum Glück hatte ich mehrere Pakete Taschentücher einstecken, als ich es gelesen habe. Das Ende ist aufwühlend, berührend und unendlich traurig.

Mich interessierte an dem Roman vor allem, wie ausführlich die Autorin die Zeitreisefähigkeiten von Henry erklärt hat. Und auch hier war ich überrascht. Ein bisschen Genetik, ein bisschen Quantenphysik, aber nichts Konkretes. Womit auch der Wissenschaftler zu kämpfen hat, der Henrys Phänomen im Buch auf der Spur ist. Die Autorin konzentriert sich voll und ganz auf die Liebesgeschichte und das funktioniert in diesem Fall auch sehr gut. Reine Science-Fiction-Leser werden vielleicht enttäuscht sein. Menschen die Liebesgeschichten oder emotionale Romane mögen, kommen hier umso mehr auf ihre Kosten.

Ein bisschen meckern muss ich bei aller Euphorie trotzdem. Ich weiß nicht, ob es schon im Original so war, oder der Übersetzung zuzuschreiben ist. Stellenweise stimmen die Adressierungen bei den Dialogen nicht. Es fehlen vor allem die Absätze zwischen den Sprechenden. Den Dialogen war deshalb mitunter recht schwierig zu folgen.

»Die Frau des Zeitreisenden« ist ein außergewöhnlicher Roman, nicht nur wegen des Genremix aus SF und Liebesroman, sondern vor allem wegen des Stils. Der sich durch einfache Sätze und kurze Beschreibungen im Ich-Präsens deutlich von der zeitgenössischen Gegenwartsliteratur unterscheidet.

Der Roman wurde mit Eric Bana in der Hauptrolle verfilmt. Der Film steht bei uns im Regal, ich habe ihn auch schon einmal gesehen, werde das aber bei Gelegenheit wiederholen.

Kurze Bemerkung zum Schluss. Es ist schon als kurios zu bezeichnen, dass ich dem Protagonisten in meinem Roman unabhängig und ohne Absicht den gleichen Namen gegeben habe.

SF im Blick

Um Science Fiction drehen sich derzeit die YouTube-Videos meines Autorenkollegen Ben Calvin Hary. Der stellt nämlich das Genre mit seinen Besonderheiten vor. Nach einer allgemeinen Betrachtung im letzten Monat erschien diese Woche ein Video zum Thema Roboter. Selbst ich, die sich schon lange mit SF beschäftigt, hat dabei etwas neues gelernt und zwar, dass der Begriff Roboter auf einen tschechischen Autor zurückgeht. Der Name leitet sich von »Robota« wie arbeiten ab. Im Russischen klingt es ähnlich.

Ich finde es schön, das Ben solche Sachen aufgreift und bei YouTube Jugendtauglich erklärt, sonst stirbt das literarische SF-Fandom noch irgendwann aus.

Aber seht selbst.

https://m.youtube.com/watch?v=9q47D57Ugds

Manische Roboter und Humor aus dem Jahr 222.221

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Ich bin skeptisch, wenn ich von Selfpublishern angeschrieben werde, die um eine Rezension ihrer Romane bitten. Oftmals sind die Texte so unterirdisch, dass ich das E-Book schnell zur Seite lege und in den Mantel des Schweigens hülle. Eine Bewertung solcher Texte ist schwierig und man kann als Rezensent eigentlich nur ins Fettnäpfchen treten. Zu viel Kritik und man wird vom Autor oder der Autorin angegangen, zu viel Lobhudelei würde Betrug am Leser bedeuten.

Das es unter Selfpublishern viele herausragende Autoren gibt, hat nicht zuletzt Madeleine Puljic mit ihrem preisgekrönten Roman »Noras Welten« bewiesen. Zudem kenne ich inzwischen mehrere Autoren, die als Selfpublisher nicht nur erfolgreich im Geschäft sind, sondern auch ihr Handwerk verstehen.

André Nagerski ist einer dieser Selfpublisher, der mich mit seinem Roman »Roboter weinen heimlich« überzeugen konnte. Der studierte Kommunikationswissenschaftler hat mit seinem ersten Science-Fiction-Roman eine vergnügliche Variation des Genres geschaffen, das sich durchaus an Douglas Adams messen kann. Dabei ist die Geschichte um vier Freunde vom Planeten Bop, die ihrer trostlosen Welt entfliehen und sich ins Abenteuer Weltall stürzen, eher simpel. Es mangelt dem Roman ein wenig an Wendungen, aber auch an Spannung. Das ziellose Vorgehen der Protagonisten ist nicht jedermanns Sache. Diese Schwäche macht der Autor durch originelle Ideen und viel Humor wett. Die vielen Anspielungen aufzuzählen, die im Text versteckt sind, ist eigentlich unmöglich. Die originellste Idee war für mich die Speisekarte, die aus dem Speichel des Gastes die passenden Speisen errechnete. Aber auch bei den Namen von Erfindungen, Planeten und Begriffen ist die rheinische Frohnatur des Autors zu spüren.

Was dem Roman leider fehlt, ist der Feinschliff durch einen Lektor. Denn da wechseln die Erzählperspektiven mitten im Kapitel. Hin und wieder stimmen die sprachlichen Details nicht (Fäuste kann man nicht ballen, höchstens Hände. Eine Faust ist quasi schon geballt.) Auch die zusammenbrechenden Spannungsbögen und die manchmal nicht korrekte Verwendung der Zeitformen, sind in diesem Fall aber nur kosmetische Schönheitsfehler, die mein Lesevergnügen nicht schmälerten. (Nun, je nachdem wie pingelig man als Leser ist.) Auch das der Autor die Geschichte oftmals auktorial erzählt, störte mich am Roman nicht, weil er den Leser direkt anspricht.

Mein Fazit: Humor ist schwierig zu schreiben und Humor in der Science Fiction fast noch schwieriger. Allein das nötigt mir vollen Respekt ab. Das André Nagerski die Herausforderung angepackt hat und mit viel Witz und Leichtigkeit zu Papier bringt, sollte honoriert werden. »Roboter weinen heimlich« ist der erste Band einer Trilogie. Band zwei ist bereits erschienen und wird von mir sicher auch gelesen werden. Toll finde ich auch das kunterbunte Cover, das die Geschichte gut illustriert.

»Roboter weinen heimlich« ist als E-Book und Taschenbuch auf Amazon erhältlich. 115 Seiten die sich lohnen.

Inside MADDRAX

MADDRAX 475

Dieses hübsche Romanheft trudelte dieser Tage bei mir ein. Etwas verspätet zwar, aber ich habe mich trotzdem darüber gefreut.

Der Roman wurde von Ben Calvin Hary verfasst, der inzwischen schon den nächsten Roman abgeliefert hat. Durch Ben bekomme ich hin und wieder die Gelegenheit in die Romanserie MADDRAX hinein zu schnuppern. Die apokalyptische Welt von Matthew Drax ist eigentlich nicht so mein Ding, obwohl es sich um eine Science-Fiction-Serie handelt. Ich bin kein großer Fan von Dystopien, weshalb mich die Handlung von MADDRAX nicht richtig anspricht.

Warum ich die Romane von Ben dennoch lese, liegt schlicht daran, dass ich als Testleserin fungiere. Der Autor bezeichnet mich gern als »Bluthund« oder »Endgegnerin«, weil ich streng und unnachgiebig alles ankreide, was mir am Roman missfällt, oder wo ich ein Plothole vermute. Natürlich ist vieles davon Geschmacksache. Ich vertraue dem Autor dahingehend, dass er nur das übernimmt, was ihn überzeugt. Weshalb ich mich immer freue, wenn ich im Belegexemplar den einen oder anderen Vorschlag von mir umgesetzt wiederfinde.

Ich bin gern Testleser, weil ich dabei viel über mich selbst und für mein eigenes Schreiben lernen kann. Ich wünschte mir nur, dass ich etwas mehr Zeit bekäme. Meist erreicht mich das Manuskript erst kurz vor Abgabetermin und dann ist Schnelligkeit gefragt. In dem Fall kann ich es leider nicht so sorgfältig überarbeiten, wie ich gern möchte. Aber wenn ich das Heft dann in der Hand halte, macht es mich stolz einen kleinen Beitrag dazu geleistet zu haben.

Kolumne zur Zukunft

Seit einigen Jahren bin ich treue Leserin der Kolumne »Welche Zukunft?« von Sascha Mamczak. Der Mann ist Chef des Science-Fiction-Programms des Heyne Verlags und Nachfolger von Wolfgang Jeschke – der als Autor sowie als Herausgeber bei Heyne einen wichtigen Beitrag für die deutsche Science Fiction geleistet hat. So verdanken wir ihm die Veröffentlichung der STAR TREK-Romane von Pocket Books in Deutschland.

Ende der Neunziger war Mamczak übrigens Lektor der PERRY RHODAN-Reihe bei Heyne.

Bei »Der Zukunft« dem SF-Portal des Heyne Verlags legt Sascha Mamczak regelmäßig seine Gedanken zur Zukunft dar. Sehr tiefsinnig und berührend spricht er über aktuelle Probleme und extrapoliert sie in die Zukunft. Das ist oft großartig formuliert und ich ertappe mich regelmäßig dabei, wie ich vielen seiner Aussagen nicht nur zustimmen kann, sondern für ihre Genialität auch schlicht bewundere.

In der aktuellen Kolumne spricht er über alte Menschen, die Zukunft und über Wolfgang Jeschke, der dieser Tage vor drei Jahren gestorben ist. Dabei widmet Mamczak seinem ehemaligen Chef einige an Herz gehende Gedanken. Das finde ich so gut, dass ich das hier unbedingt teilen möchte.

Für mich gehört »Welche Zukunft?« zu den gelungensten SF-Kolumnen überhaupt und ich empfehle sie jedem, dem an phantastischer Literatur und unserer Zukunft gelegen ist.

Die 80er in Frankreich

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Auf Servus TV laufen sehr oft ungewöhnliche Filme, so auch an diesem Mittwoch. Plötzlich wieder jung – Zurück in die 80er hieß der Streifen mit Kad Merad und Franck Dubosc in den Hauptrollen.

Zwei Männer, die die Vierzig bereits überschritten haben, sind mit ihren Leben so gar nicht zufrieden. Eric führt ein Sushi-Lokal und hat neben Steuerschulden auch noch ein Problem mit der Monogamie, weshalb sich seine langjährige Partnerin endgültig von ihm trennt. Patrice dagegen ist ein angesehener Frauenarzt und Buchautor. Mit einer wunderschönen intelligenten Frau und Tochter an seiner Seite sollte er eigentlich glücklich sein, doch weit gefehlt. Er hätte gern das abenteuerliche Leben seines Freundes Eric. Als sich die beiden Freunde im Haus von Patrices Eltern in der Normandie treffen und einen zuviel über den Durst trinken, fallen sie auf der Suche nach einer Flasche Rotwein die Kellertreppe hinab. Als sie wieder zu sich kommen, sind sie wieder jung und im Jahr 1986 gelandet. Nach kurzem Schock stellen sie fest, dass sich ihnen die Chance bietet, alle ihre Fehler wieder gut zumachen. Eric möchte wie Patrice ein angesehener Arzt werden und Patrice sich von Leben treiben lassen wie Eric. Doch sie kommen beide dem eigenen Charakter nicht aus. Bald merken sie: was sie für erstrebenswert halten, ist nicht das, was sie glücklich macht. Sie wollen schnellstmöglich in die Zukunft und ihr Leben zurück, doch das ist gar nicht so einfach.

Die intelligente Komödie über Zukunftswünsche und Bestimmung hat uns einen wunderbaren Fernsehabend verschafft. Das Duo Merad und Dubosc brilliert in dem Film durch ihre Unterschiede. Zwei Freunde die als erwachsene Männer in ihren Körpern als Jugendliche aufwachen und mit den schönen und komplizierten Seiten der 80er Jahre zurechtkommen müssen. Wie verabredet man sich, wenn man kein Handy hat? Wie dreht man nochmal die Kassette in einem Walkman um? Und Rollschuhfahren, wie ging das gleich nochmal?

Besonders witzig sind die Szenen als sie versuchen, ihr Wissen über die Zukunft gewinnbringend zu vermarkten, in dem sie der Empfangsdame eines Filmproduzenten die Handlung der erfolgreichsten Streifen des französischen Kinos erzählen, von den Besuchern, über die Sch’tis bis hin zu Ziemlich beste Freunde. Merad präsentiert sogar sein Gesangstalent als er einem Musikproduzenten vorsingt. Eine Hommage an den Film Die Fete ist auch im Film enthalten, dazu wird ein Song von Cook da Books gespielt. Überhaupt gibt es in dem Film eine Menge guter Musik aus den Achtzigern unteranderem auch der Song Voyage, Voyage der Sängerin Desireless.

Wie es bei einem französischen Film sein muss, geht es aber vorwiegend um Frauen und die erste Liebe. Er handelt aber auch über das Leben als Teenager, den Ärger mit den Eltern und wie sich die eigene Sichtweise im Alter verändert. Das ist frisch und im Kontext der achtziger Jahre eingebettet, so richtig schön nostalgisch. Für Fans französischer Komödien und für Menschen, die ihre Jugend in den Achtzigern verbracht haben, ist der Film ein unbedingtes Muss. Selbst SF-Fans könnte es interessieren, zumal es eine fantastische Komponente gibt.

Hier der Trailer:

Tunnel in die Vergangenheit

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»… die Zukunft ist so etwas wie ein hohes Gebäude im Nebel – man weiß, dass es da ist, und man kann sich herantasten, aber man kann sich seiner Existenz nicht sicher sein, bis man nah genug herangekommen ist, um es zu berühren.« Dieses Zitat beschreibt sehr schön, um was es im Zeitreise-Roman Chronos von Robert Charles Wilson geht.

1989 – Tom Winters Leben ist zerbrochen, nach der Trennung von seiner Ehefrau, folgt auch noch der Verlust seines Jobs als Ingenieur. Er flüchtet sich kurzzeitig in Alkohol, kann sich aber befreien und beschließt in seine Heimatstadt an der Westküste der USA zurückzukehren. Doch das Haus, das er dort kauft, hütet ein Geheimnis. Maschinenwesen halten das Gebäude seit dem Verschwinden des Besitzers in Stand und im Keller findet Tom einen Tunnel, der ins New York City des Jahres 1962 führt. Tom beschließt kurzerhand, sein verkorkstes Leben zu einer anderen Zeit neu zu beginnen. Doch bald stellt er fest, dass er in der Vergangenheit ein Eindringling ist und das Leben der Menschen ebenso banal ist, wie in seiner Zukunft. Außerdem scheint er nicht der einzige Fremde in der Vergangenheit zu sein … Der Soldat Billy ist Ende des 21. Jahrhunderts desertiert und durch den Tunnel in die Vergangenheit geflüchtet, dabei hat er mehrere Menschen getötet. Seine Rüstung, die ihm von Militär aufgezwungen wurde, macht ihn nicht nur abhängig sondern auch zum Killer. Als er entdeckt, dass ein weiterer Mensch durch den Tunnel ins Jahr 1962 gekommen ist, führt seine Angst vor Entdeckung dazu, dass er seinen Verfolger unbedingt vernichten will.

Die Schicksale weiterer Charaktere wie Toms Immobilienmakler Doug Archer, der Enkelin von Toms Nachbarin und Joyce, in die sich Tom in der Vergangenheit verliebt, verknüpfen sich im Roman zu einer dichten und spannenden Charakterstudie. Auch in diesem Frühwerk von Robert Charles Wilson wird deutlich, dass ihm die Charaktere wichtiger sind, als die technischen oder wissenschaftlichen Theorien seines Science-Fiction-Plots. Obwohl seine Erläuterung zu Zeitreisen und die Entwicklung der Zeitmaschinen durch eine weiterentwickelte Menschheit bemerkenswert sind. Die Maschinenwesen erinnerten mich stark an die Replikatoren aus der Stargate-Serie, obwohl der Roman viel früher als die Serie erschien.

Stilistisch weißt der Roman durch viele auktoriale Passagen noch einige Schwächen auf und auch der Handlungsplot ist nicht so durchdacht, wie bei seinem preisgekrönten Roman Spin. Aber die Art und Weise wie der Autor seine Figuren aufbaut und dem Leser Informationen erarbeiten lässt, ist bereits zu spüren. Sicher reicht Chronos nicht an Spin heran, aber es ist ein spannendes Werk, das zeigt, dass Science Fiction keine Raumschiffe und Außerirdischen braucht um interessante Geschichten zu erzählen.

SF und Metaphysik

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Seit ich »Spin« von Robert Charles Wilson gelesen habe, bin ich großer Fan des Autors. Der Roman gehört zu einem der besten Science-Fiction-Romane die ich kenne. Deshalb habe ich nicht nur die Fortsetzungen von »Spin«, »Axis« und »Vortex« gelesen – letzteres war eine herbe Enttäuschung – sondern kaufte auch Romane, die der Autor vor seinem großen Wurf geschrieben hat. Eines davon ist »Quarantäne«.

Die Geschichte um eine Forschungseinrichtung, die abgeriegelt wird und in der am Ende seltsame Dinge geschehen, hat mich die vergangenen Tage regelrecht in Atem gehalten. Dabei gibt der Klappentext auf dem Buch nicht einmal die Handlung richtig wieder. Die intelligenten Lebensformen, die von den Menschen durch eine neue Teleskop-Technik beobachtet werden, fühlen sich nicht gestört. Es ist eher die Technik selbst, die das Inferno auslöst. Dass die Menschen diese Technik zwar nutzen, aber dennoch nicht wissen wie sie funktioniert (obwohl sie sie selbst geschaffen haben), damit hält Wilson der Menschheit einen Spiegel vor. Und er gibt gleichzeitig eine Warnung aus, was passiert, wenn wir etwas erschaffen (in diesem Fall ein Quantencomputer), was wir nicht verstehen. Sein Blick in in eine nahe Zukunft ist glaubhaft umgesetzt, ohne überladen zu sein.

Es ist ein typischer Roman von Robert Charles Wilson: eine ins Metaphysische abgleitende technische Grundidee ausgeschmückt mit spannenden Hintergründen der Charaktere. Dabei sind diese niemals eindimensional, sondern entwickeln sich mit der Handlung glaubhaft weiter. Das Zwischenmenschliche steht in den Werken des Autors eindeutig im Vordergrund. Das phantastische Element entblättert sich in »Quarantäne« erst nach und nach. Und so meint man zunächst einen Thriller zu lesen, bevor es am Ende tatsächlich ins Esoterische umschlägt. Auch das ist typisch Wilson, die Frage nach einer höheren Macht, war schon in der Spin-Triologie das übergreifende Thema. Er überlässt seinen Lesern die Interpretation, wie und ob es sich um eine göttliche Macht handelt oder nicht. Das finde ich auch in »Quarantäne« gut gelöst.

Fazit: Es sind die Protagonisten in Wilsons Romanen die mich fesseln, weniger die Science. Obwohl seine Ideen eigentlich simpel sind, entfalten sie ein interessantes Potenzial an Spekulationen. Der Leser muss sich wie die Protagonisten, die Informationen mühsam zusammenklauben. Dabei bleibt ihm eine Interpretationsfreiheit, die man in Romanen selten vorfindet und spannend ist es obendrein. Absolut empfehlenswert.

Das Buch erschien bereits 2007 im Heyne-Verlag, hat aber an Aktualität nichts eingebüßt. Im Gegenteil!

Interview mit einem Klingonen

Quelle: phantastisch.net

Die 70. Ausgabe der phantastisch! ist bereits vergangenen Monat erschienen und ich durfte wieder einen Beitrag dazu leisten.

In diesem Fall war es ein Interview, das ich mit Lieven L. Litaer geführt habe. Lieven ist Klingonisch-Experte und hat einen Sprachführer geschrieben, den ich an dieser Stelle bereits vorgestellt habe. In dem Interview erzählt er wie er zum Klingonischen kam und was ihn an der Sprache reizt. Leider durfte er mir nicht sagen, wie er es geschafft hat, für die neue Serie Star Trek: Discovery auf Netflix die klingonischen Untertitel verfassen zu dürfen. Das fällt unter klingonische Militärgeheimnisse.

Mir hat das Interview jedenfalls viel Spaß gemacht und ich hoffe, dass ich Ähnliches in Zukunft fortsetzen kann. Für die nächsten Ausgaben habe ich zumindest einige Rezensionen eingereicht.

In der Rezension zum Heft auf Die Zukunft – dem Portal von Heyne-Verlag – wird sogar mein Name erwähnt. Wow!