Starke Hard-SF in Serie

Ich bin noch ganz geflasht. Wir haben uns das Staffelfinale der vierte Staffel von »The Expanse« angesehen. Wer behauptet, es gäbe keine genialen Science-Fiction-Serien mehr, der sollte bitte »The Expanse« ansehen. Hier machen Autoren und Produzenten alles richtig. In Sachen Dramaturgie können sich hier nicht nur die Produzenten von Star Trek einiges abschauen.

Die Episoden erzählen eine Staffel übergreifende Handlung, dennoch sind auch einzelnen abgeschlossene Handlungsbögen vorhanden, die nach drei oder vier Folgen enden. Die erzählerische Dichte ist sehr hoch und jede Figur erhält eine ausgeprägte Charakterisierung. In den inzwischen vier Staffeln ist dabei eine deutliche Entwicklung der Figuren zu beobachten. Besonders gelungen finde ich die Darstellung starker Frauen. Die fühlen sich nicht nach aufgesetzten Quotenfrauen an, sondern nach echten gleichberechtigten Charakteren.

Die Handlung wechselt zwischen mehreren Schauplätzen. In der letzten Staffel spielte sich das meiste auf einer der Ringwelten ab, die in der Staffel zuvor entdeckt worden waren. Aber auch die Politik der Erde und des Mars spielten wieder eine entscheidende Rolle, ebenso die Gürtler, die sich als dritter Machtfaktor zwischen Erde und Mars etablieren möchten. Das alles ist eine gelungene Mischung aus Abenteuer, Hard SF und Politik.

Auch die vierte Staffel endet mit einem Cliffhanger. Dafür findet die Handlung um das Proto-Molekül, das seit der ersten Staffel bestimmend war, vorerst ihr Ende. Weiter geht es mit den politischen Wirren um den Mars im Sonnensystem.

Die Serie basiert auf der neunteiligen Roman-Reihe von James Corey. Hinter dem Pseudonym stecken die Autoren Daniel James Abrahams und Ty Corey Franck. Die Romane sind in Deutschland bei Heyne erschienen. Ich habe mir die ersten sechs Bände unlängst gekauft, weil ich wissen will, wie sehr sich Roman und Serie voneinander unterscheiden. Und auch weil ich momentan nicht genug von der Crew der »Rosinante« bekommen kann. Die fünfte Staffel wird ja noch ein wenig auf sich warten lassen.

Also »The Expanse« läuft wie »Star Trek: Picard« bei Amazon Prime und die Romane gibt es im Buchhandel. Ich hab sie bei einem Buchhändler über die Plattform Booklooker gekauft, das kann ich nur empfehlen.

Ende gut, gar nichts gut

»Sie haben es tatsächlich verbockt.« Das sagte ich gestern morgen zu meinem Mann nach dem Aufwachen. Am Abend zuvor hatten wir uns das Finale von »Star Trek: Picard« angesehen. Nach der Folge war ich noch unschlüssig, sie hatte einige schöne Szenen, manches fand ich aber arg schwülstig. Nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen hatte, fielen mir dann auch die vielen Logik-Löcher auf.

So vielversprechend die Serie begonnen hatte, die letzten beiden Folgen machten das alles zunichte. War die Handlung über die ersten Folgen gemächlich dahin geschlichen, fühlte sich das Finale hastig und überstürzt an. Ich hatte mitunter sogar das Gefühl, das gewisse Zusammenhänge fehlten. Kann es sein, dass die Serie ursprünglich auf zwölf Folgen ausgelegt war, sie dann aber auf zehn Folgen herunter gebrochen wurde? Zumindest blieben bei mir einige Fragezeichen, z. B.:

Wie kommt Commodore Oh auf das Romulanerschiff, ohne das die Sterneflotte das merkt? Was ist mit Narek und seiner Schwester, woran starben ihre Eltern und was macht Narek zum schwarzen Schaf der Familie? Was passiert eigentlich mit ihm, nachdem alles vorbei ist. Wieso wurden Soji und Dash losgeschickt, was sollten sie in der Föderation tun? Wofür hat man das Borgschiff gebraucht? Und wozu rekrutierte Picard Elnor? Warum das schwülstige Treffen zwischen Picard und Data? Warum haben Soong und Maddox den Androiden nicht längst wieder zum Leben erweckt? Offensichtlich war es ihnen möglich gewesen sein Bewusstsein wieder herzustellen. Und wieso stellt sich Dr. Jurati nicht den Behörden?

Das ist nur eine kleine Auswahl an Fragen, die sich mir gestellt haben. Mich beschleicht der Eindruck, dass die Autoren etwas ganz anderes geplant hatten, und das Studio oder die Produzenten gesagt haben: Leute, das ist zu kompliziert. Die letzten beiden Folgen tragen ganz eindeutig die Handschrift von Alex Kurtzman, der ja schon andere Star-Trek-Serien auf dem Gewissen hat.

Als jemandem der mehr als zwanzig Jahre Fan-Fiction zu Star Trek geschrieben hat, fallen spontan viele alternative Szenarien für das Ende ein, die logischer und vor allem weniger pathetisch gewesen wären.

1. Picards Tod hätte nicht sein müssen. Das iromodische Symptom, was als solches übrigens nie genannt wurde (aus Faulheit oder Absicht), hätte entweder gar nicht erwähnt, oder über die nächsten Staffeln hinaus mitgenommen werden können. So hätte man Picard am Ende der dritten Staffel einen würdigen Serientod sterben lassen können.

2. Oder nach Picards Tod hätte Q intervenieren und ihn ins Leben zurückschicken können. Die Lösung Picard in den Androidenkörper zu stecken, war nicht nur unglaublich vorhersehbar, sondern auch wenig geistreich. Es widerspricht dem moralischen Code der Föderation, das jedes Lebewesen selbst entscheiden kann. Das wird hier nicht mal ansatzweise diskutiert.

3. Der Borgkubus hätte als Auflösung gegen die fremde künstliche Intelligenz dienen können. Die Borg wären das Argument gewesen, das künstliche und natürliche Wesen gemeinsam existieren können. Hugh, sofern man ihm nicht umgebracht hätte, wäre der ideale Verhandlungspartner gewesen. Er hätte darlegen können, dass die XBs eine Stufe der Evolution zwischen künstlichen und natürlichen Leben sind und damit genauso wichtig und bedeutend wie jedes andere Leben auch. Ein Argument, was die künstliche Intelligenz davon abgebracht hätte, alles natürliche Leben zu vernichten. Die hätten außerdem nicht unbedingt als Weltraumwürmer auftauchen müssen. Wer bitte sollte sie daran hindern, es erneut zu versuchen? Sie wissen ja nun, wo sie suchen müssen?

4. Diese beiden megagroßen Flotten hätte es gar nicht gebraucht. Zwei oder drei Schiffe hätten ausgereicht. Es ist ja ohnehin nicht zur Schlacht gekommen. Außerdem, woher haben die Romulaner die vielen Schiffe, und warum ziehen sie sich einfach so zurück? Die Orchideen sahen toll aus, aber ich hätte es besser gefunden, wenn das eine einheimische Spezies des Planeten gewesen wäre, die die Androiden zu schützen versuchen.

5. A.I. Soong. Sein plötzlicher Sinneswandel und das Abschalten von  Sutra empfand ich als zu einfach und zu unglaubwürdig. Es wäre besser gewesen, wenn er sein Leben hätte opfern müssen, um sie aufzuhalten.

6. Data. Man hätte ihn in den Androidenkörper stecken, ihn künstlich altern und irgendwann sterben lassen können. So wie es mit Picard ja möglich ist. Das wollte aber wohl Brent Spiner nicht.

Alles in allem war mir in den beiden letzten Episoden zu viel Fantasy und zu wenig durchdachter Plot. Das ging von dem seltsamen Gerät, mit dem man mit Gedankenkraft Dinge reparieren kann, bis hin zum Kern um die künstliche Intelligenz, die das Leben auslöschen will. Diese Märchengeschichte die Narek am Lagerfeuer erzählt, passte überhaupt nicht zu Star Trek und den Romulanern. Sie ist auch nicht Kanonkonform.

Nach dem ich gelesen habe, das Michael Chabon die Serie als Autor verlässt, mache ich mir noch mehr Sorgen um die zweite Staffel. Sie hätten Naren Shankar als Autor und Produzent verpflichten sollen. Der hat viele gute Star Trek-Episoden geschrieben und macht bei »The Expanse« einen super Job.

Übrigens, hat noch jemand mitbekommen, dass Seven und Raffi was miteinander haben? Wann ist das denn passiert?

Aufstand der Maschinen

Quelle: Splitter Verlag

Es klingt ein bisschen wie die aktuelle Handlung von »Star Trek: Picard«, was Gestalter Dustin Nguyen und Autor Jeff Lemire in ihrer Comic-Reihe »DESCENDER« erzählen. Der erste Band der sechsteiligen Serie erschien bereits 2015 im Splitter Verlag, der letzte 2019.

Im Zentrum der Handlung steht Tim21 ein Androidenjunge, der nach zehn Jahren auf einer verlassenen Bergbaukolonie erwacht. Zehn Jahre zuvor waren über jeder Welt des Planetenbunds UGC riesenhafte Roboter, die Harvester, aufgetaucht, hatten die Welten angegriffen und Millionen Menschen getötet. Seit dem wurden auf alle mechanischen Lebewesen Kopfgelder ausgesetzt, und sie werden nun in der ganzen UGC gejagt und vernichtet.

Kaum das der ahnungslose Tim21 einen Hilferuf absetzt, sind ihm mehrere Fraktionen auf den Fersen. Da wären die Schrotter, die mit der Jagd auf jegliche künstliche Lebensform ihr Geld verdienen. Da ist Telsa, die Tochter des Oberhaupts der UGC. Sie möchte ihrem Vater beweisen, dass sie mehr kann, als er ihr zutraut. Ein weiterer ist der König einer abtrünnigen Welt, der nur an Macht und Ressourcen interessiert ist. Und dann sind da noch die Maschinen selbst, die sich vor den Menschen versteckt halten und auf den Erlöser warten. Alle sind hinter Tim21 her, denn der Code seiner KI birgt das Geheimnis um die Harvester.

Es ist schon erstaunlich, wie gut die Geschichte funktioniert. Obwohl sie nur mit Zeichnungen und wenigen Dialogen erzählt wird, glaubt man am Ende einen Roman gelesen zu haben. Mittels Erinnerung und Visionen bekommt der Leser gezeigt, was nach dem Auftauchen der Harvester passiert ist. Jede Figur erhält genug Platz, um sich zu entwickeln. Besonders Tim21 hat es mir angetan, der Androide mit dem Gemüt eines Jungen ist auf der Suche nach seinem menschlichen »Bruder« Andy, mit dem er die Zeit vor den Angriffen der Harvester verbracht hat. Außerdem ist da noch der Roboter »Bohrer«, der den Menschen hilft, weil er große Schuld auf sich geladen hat. Es sind diese emotionale Geschichten, die das Buch zu etwas besonderem machen. Weil sich die Roboter mitunter menschlicher verhalten, als die Menschen selbst.

Das alles ist in eine packende Handlung verwoben, die sich von der Science Fiction weg zur Fantasy entwickelt. Und deren Spannung man nicht mehr auskommt, sobald man den ersten Band gelesen hat. Das Ende überrascht und man muss schon ein wenig schlucken. Aber es ist schön zu wissen, dass es eine Fortsetzung unter dem Titel »Ascender« gibt.

Die ausdrucksstarken Aquarellzeichnungen runden die Geschichte ab. Die realistischen Darstellungen sind eindringlich und von emotionaler Schönheit. Das hat mich schwer beeindruckt. Mit schönen Zeichnungen kann man mich immer begeistern. Der einfache und klare Strich macht die Bände zu Kleinoden unter den Graphic-Novels. Science-Fiction-Fans sollten da unbedingt mal einen Blick hineinwerfen.

Wer mehr wissen möchte, dem empfehle ich die Seite zur Serie beim Splitter Verlag. Hier gibt es Leseproben und ein YouTube-Video und dort kann man die Alben auch direkt bestellen. Es lohnt sich.

Warp-Core

Ich hatte unlängst in der FanSzene, meiner Kolumne in der PERRY RHODAN Erstauflage, davon berichtet. Seit 2018 gibt es ein neues Online-Magazin, dass sich der Science Fiction verschrieben hat. Es richtet sich nicht nur an Star-Trek-Fans, sondern auch an Liebhaber anderer SF-Serien, wie Star Wars, Babylon 5, The Expanse oder PERRY RHODAN. Zu Letzterem finden sich sowohl Besprechungen für NEO als auch die aktuelle Erstauflage und die klassischen Heftromane. Bei Star Trek werden Episoden sowie Bücher aller Serien besprochen.

Der Gründer der Seite heißt Marco Golüke und ist als Redakteur verantwortlich für deren Inhalte. Er konnte in der Zwischenzeit eine Schar Gleichgesinnter um sich versammeln, die ihm Beiträge und Grafiken liefern. So erscheinen jeden Tag neue lesenswerte Texte, die Fans und Nerds rund um ihre Lieblingsserien informieren.

Seit einiger Zeit gehören auch PodCasts zum Repertoire. Unteranderem hörte ich in den vergangenen Tagen ein Gespräch zwischen Marco und meinem guten Freund Ben Calvin Hary, in dem sie sich über Science Fiction im allgemeinen und Star Trek und PERRY RHODAN im Besonderen unterhalten. Sie erzählen von ihren Erinnerungen an die Lieblingsserien ihrer Kindheit, diskutieren über die Synchronisation von Animationsfilmen bis hin zum Schreiben von Romanen und der Produktion von YouTube-Videos. Der mehrstündige PodCast erfordert ein wenig Zeit, aber es lohnt sich.

Warp-Core unterhält auch ein Diskussionsforum, in dem derzeit über »Star Trek: Picard« gesprochen wird, dafür ist eine APP sowie eine Anmeldung bei Discord notwendig. Ich schaue dort jeden Freitag vorbei und halte mich über die Meinungen der Fans auf dem Laufenden, hin und wieder diskutiere ich sogar mit.

Mit Warp-Core hat sich Marco Golüke einen Lebenstraum erfüllt – ein eigenes Science-Fiction-Magazin, in das er einen großen Teil seiner Freizeit steckt. Da gehts ihm wie mir mit der SOL, für die ich gern meine Zeit opfere.

Als besonders angenehm empfinde ich, dass er vollständig auf Werbeeinblendungen auf der Seite verzichtet. Das ist nicht selbstverständlich, schließlich kostet der Betrieb einer solchen Webseite Geld. Dafür besteht die Möglichkeit einer freiwilligen Spende oder der Besuch des Warp-Core-Shops, in dem passendes Merchandise zur Seite erhältlich ist.

Wer neugierig geworden ist, darf gern mal einen Blick auf Warp-Core riskieren. Ich verlinke die Seite ab sofort permanent in meinem Weblogs-Bereich.

Science Fiction als Jugendbuch

Quelle: Atlantis-Verlag

Heute muss ich einen unbedingten Lesetipp aussprechen.

Mein guter Freund Ben Calvin Hary hat den ersten Band seiner Jugendkrimi-Reihe herausgebracht. Weil ich an dem Projekt nicht ganz unbeteiligt bin und mich die Geschichte echt überzeugt hat, stelle ich den Roman kurz vor.

Leon findet im Park eine gläserne Kugel, durch die man in die Vergangenheit blicken kann. Seine Freunde Danny, Kat und Mira kommen damit einem Verbrechen an einem ihrer Mitschüler auf die Spur, dass sie aufklären wollen. Doch das ist nicht so einfach, denn es tauchen seltsame Fremde auf, die ihnen mit allen Mitteln die Kugel wieder abnehmen wollen. Denn die Kugel umgibt ein Geheimnis, das größer ist, als die Jugendlichen glauben.

Der Krimi spielt in Saarbrücken. Die alltäglichen Probleme mit denen sich die vier jungen Leute herumschlagen, dürften sich nicht sehr von denen andere Jugendlicher in Deutschland unterscheiden. Die Charaktere der ungleichen Freunde sind gut herausgearbeitet und glaubhaft geschildert. Der Autor kann sich gut in Jugendliche hineinversetzen. Das kann nicht jeder. Ich würde mir das nicht zutrauen.

Die Geschichte um die geheimnisvolle Zeitkugel ist ein spannendes und zugleich phantastisches Moment. Es bildet die Grundlage einer größeren Geschichte, die nach und nach enthüllt werden wird. Im ersten Teil erfährt man nur wenig zu den Hintergründen. Hauptsächlich klären die Freunde mit Hilfe der Kugel den Tot eines Mitschülers auf.

Man erlebt die Handlung aus der Sicht eines der Jugendlichen und lernt ihn und seine Familie immer besser kennen. In den nächsten Teilen werden anderen Mitglieder der Gruppe im Fokus stehen.

Das Stärkste an dem Roman war für mich, dass man als Leser, der einer älteren Generation angehört, unglaublich viel über die Gefahren lernt, die jungen Leuten heute im Internet drohen. Da hatte ich einige echte Aha-Momente und musste über manche Praktiken den Kopf schütteln. Dabei ist mir durchaus klar, dass ich, hätte ich damals die Möglichkeiten gehabt, sie wahrscheinlich auch genutzt hätte.

Ich hatte jedenfalls sehr viel Spaß beim Testlesen und bin sehr gespannt, wie es weitergehen wird. Die Mischung aus Krimi, Jugendbuch und Science Fiction ist Ben mit dem Roman eindeutig geglückt. Ich finde es absolut lesenswert.

Hard SF in Perfektion

Ich bin eigentlich nicht der »Serien am Stück«-Seher aber bei »The Expanse« kommt man eigentlich nicht aus. Zum einen ist die Serie unheimlich spannend – da fiebert man bei jeder Folge mit – andererseits ist die Handlung so komplex, dass, wenn man mal ein oder zwei Wochen nicht geguckt hat, man teilweise vergessen hat, worum es ging.

»The Expanse« ist nicht nur großartige Serienunterhaltung, sondern auch Science Fiction par excellence. Der Sense of Wonder ist zu spüren, obwohl die physikalischen Gesetze befolgt werden. Man erlebt Raumfahrt und Raumschlachten in realistischen Dimensionen und dennoch vermag die Serie mit Visionen zu überraschen.

Machen wir uns nichts vor, wie viele SF-Produktionen ist auch »The Expanse« eine Dystopie. Sie hat sich aber zumindest den Kern einer Utopie bewahrt, obwohl sie stellenweise ziemlich gewalttätig ist. Wenigsten glaubt ein Teil der Protagonisten noch an das Gute im Menschen.

Was mir jedoch am besten an der Serie gefällt, ist ihre Komplexität und die politischen Hintergründe. Die von den Regierungen gesponnenen Intrigen, die Vorurteile und die Kurzsichtigkeit, erinnern sehr stark an unsere heutige Zeit. Somit ist auch »The Expanse« ein Kind seiner Zeit.

Reaktion zur FanSzene

Quelle: sfcbhg.de

Es freut mich. Anscheinend wird meine Kolumne in der PERRY RHODAN-Erstauflage tatsächlich gelesen. Denn im aktuellen World of Cosmos (WoC), dem Fanzine des Science-Fiction-Club Black Hole Galaxie findet sich eine umfangreiche Rückmeldung zu einer meiner Besprechungen.

Als »Kleinkrieg?« betitelt Harun Raffael unsere schriftliche Auseinandersetzung. In der FanSzene 10 in Band 3037 kritisierte ich seinen Umgang mit den Exposé-Autoren der PERRY RHODAN-Erstauflage. Das glich damals in meinen Augen eher einer Beschimpfung als konstruktiver Kritik. Sein Literaturwissenschaftlicher Artikel über H. G. Wells war gut recherchiert, jedoch ohne die, für solch einen anspruchsvollen Text sinnvollen Quellenangaben. In seinem Leserbrief verteidigt er sich nun, dass Quellenangaben für eine Veröffentlichung in einem Fanzine nicht notwendig sind. Nun, das kann man sehen, wie man möchte. Ich vergleiche es mit den sorgfältig dokumentierten Artikeln, die ich von Ekkehardt Brux für die SOL bekomme, welche er genauso für kleinere Fanzines wie das »Exterra« schreibt oder dem Artikel von Sabine Seyfarth in den aktuellen »Andromeda Nachrichten« 267.

Tatsächlich hat Harun Raffael mit einigen seiner Vermutungen recht. Nach seiner Kritik an mir nach meiner ersten Besprechung eines WoC, schaute ich beim nächsten Mal genauer hin. Er hatte mir vorgeworfen, nicht alle Artikel des Fanzines gelesen zu haben. Was auch stimmte, weil ich schlicht nicht alles lesen kann und auch nicht alles lesen will. Dafür habe ich weder die Zeit, noch werde ich dafür angemessen bezahlt. Zumindest lese ich alle Artikel an, wecken sie mein Interesse und lassen sich komplikationslos lesen, werden sie bis zu Ende gelesen. Wie bei jedem Roman liegt es also am Autor selbst, ob sein Text so gut ist, dass ich als Leser dranbleibe.

Bei den vielen Fanzines, die sich jeden Monat auf meinem Schreibtisch stapeln, muss ich zwangsläufig eine Auswahl treffen. Selbstverständlich kann diese nur subjektiv sein, genauso, wie es meine Meinung darüber ist. Was die vermeintlichen Absatzfehler in der FanSzene betrifft, die er in seinem Leserbrief anspricht, so weise ich in dem Fall die Schuld von mir. Der Text wird in der PR-Redaktion noch von zwei weiteren Instanzen gelesen und korrigiert. Da kann ich die Absätze setzen, wie ich will, sie werden anschließend für den Spaltendruck optimiert. Da habe ich wenig Einfluss und vertraue auf die Experten aus der Redaktion. Sie werden es schon richtig machen.

Offensichtlich hat meine Kritik Harun Raffael zum Nachdenken gebracht, genauso wie seine Kritik an mir. Sowohl er, als auch ich haben Lehren daraus gezogen. Ich lese die Fanzines jetzt deutlich gründlicher und er hat in der aktuellen Ausgabe des WoC die Romane der PERRY RHODAN-Erstauflage sehr ausführlich und konstruktiv besprochen. Damit hat dieser »Kleinkrieg?« für uns beide und für unsere Leser eine positive Nebenwirkung. So soll es ja auch sein.

Wer sich für das WoC interessiert und den angesprochenen Leserbrief (Seite 14-17) nachlesen will, kann sich das PDF von der Internetseite des SFC Black Hole Galaxie herunterladen. Es lohnt sich auf alle Fälle, denn es gibt viele gute Artikel zu entdecken, nicht nur für PERRY RHODAN-Fans.

Überleben auf dem Mars

»Der Marsianer« von Andy Weir

Andy Weir hat mir den Glauben zurückgegeben … den Glauben daran, dass man als unbekannter Autor erfolgreich sein kann. Vom Hobby-Schreiber zum Bestseller-Autor, dessen Buch von Hollywood verfilmt wird und das auch noch im Genre Science Fiction. Welcher Autor träumt nicht davon? Klar, Andy Weir ist Amerikaner, in den USA hat der Beruf eines Genre-Autors ein höheres Ansehen als in Deutschland. Trotzdem hofft jeder, der schreibt, dass er irgendwann den Bestseller abliefert.

Dabei sah es bei dem Softwareentwickler zunächst nicht danach aus. Die Verlage lehnten das Manuskript ab. Er veröffentlichte die Geschichte deshalb zunächst auf seinem Blog. Schließlich bot ausgerechnet der Branchenriese AMAZON, ihm wie anderen Freizeitautoren die Möglichkeit seinen Roman im Kindle-Store anzubieten.

Die Kindle-Edition verkaufte sich so erfolgreich, dass Verleger darauf aufmerksam wurden und das Manuskript schließlich für einen 6-stelligen Betrag kauften. Das beweist wieder, welche Chancen der E-Book Markt einem unbekannten Autor eröffnen kann und mit welcher Ignoranz etablierte Verlage am Leser vorbei wirtschaften. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA.

Auch ich musste zunächst tief durchatmen, nachdem ich die Lektüre von »Der Marianer« beendet hatte. Die Geschichte ist fesselnd bis zum letzten Satz.

Der Astronaut Mark Watney wird bei einem Missionsabbruch versehentlich auf dem Mars zurückgelassen und versucht unter allen Umständen zu überleben.
Der Mars ist ein äußerst lebensfeindlicher Ort, man kann dort viele Tode sterben. Watney kommt mehr als nur einmal haarscharf mit dem Leben davon. Was ihm hilft, ist sein unbändiger Wille zum Überleben, sein wissenschaftliches Verständnis und ein Improvisationstalent, wie es nur wenige Menschen besitzen.
Unterbrochen wird die Erzählung immer wieder von den Reaktionen der NASA-Verantwortlichen auf der Erde und der Rettungsmission seiner Astronauten-Kollegen. Gemeinsam mit dem Gestrandeten versuchen sie ihn, zur Erde zurückzubringen.

Andy Weirs Erzählung, als Logbucheinträge in der Ich-Perspektive verfasst, ist so lebensnah, das sie mich sofort mitgerissen hat. Das ist die Stärke des Buchs. Sein Held Watney zaubert eine Idee nach der anderen aus dem Hut, einige funktionieren, manche scheitern an leichtsinnigen Fehlern. Man lernt als Leser viel über wissenschaftliche Zusammenhänge, während die Beschreibungen der technischen Vorgänge stets nachvollziehbar bleiben. Watneys Risikobereitschaft ist so erfrischend im Vergleich zum Kontrollzwang der NASA, dass dieser Teil sehr amüsant ist.

Ich will ehrlich sein, der Text ist nicht vollkommen perfekt. Die Szenen auf der Erde und an Bord des Marsraumschiffs schwächeln gegenüber Watneys ausgefallenen Logbuchberichten. Die Handlung auf der Erde besteht fast nur aus Dialogen. Da hätte ein bisschen mehr Figurenbeschreibung notgetan, denn ich hatte Schwierigkeiten die handelnden Charaktere zu unterscheiden.

Viele der Szenen leiden unter mangelnder Beschreibung. Ich gewann nur ein verwaschenes Bild von den Umständen auf dem Mars, z. B. wie die Wohnkuppel aussieht, oder das Raumschiff.

Zum Glück gibt es zum Buch eine Verfilmung. Der Film (produziert von Ridley Scott) hilft dabei, die Schwächen des Romans auszubügeln vor allem die Visualisierungen. Die Marsoberfläche, die Wohnkuppel sowie das Kontrollzentrum der NASA, all die Dinge werden durch den Film lebendiger und fassbarer. Überhaupt wirken die Szenen auf der Erde durch Gesten und den Ausdruck in den Gesichtern der Schauspieler gelungener.

Schwächen hat der Film genau da, wo das Buch Stärken hat. Mark Watneys Versuche zu überleben, die Basteleien, die technischen Probleme, mit denen er kämpft, all die Widrigkeiten und vor allem seine Einsamkeit kommen im Film nicht so rüber wie im Buch. Dazu fehlen zu viele der guten und wichtigen Szenen.

Was ebenfalls verloren geht, ist die Sprache. Watney nimmt in den Logbucheinträgen kein Blatt vor den Mund. Das wird im Film zwar angedeutet, steht aber, wahrscheinlich aus Rücksicht vor dem amerikanischen Kinopublikum, in keinem Vergleich zur Direktheit seiner Äußerungen im Text, die ihn gerade deshalb so authentisch machen.

Um die Geschichte in ihrer Vollendung zu erleben, sollte man sowohl den Roman gelesen, als auch den Film gesehen haben. Erst beides zusammen ergibt ein homogenes Ganzes. Wobei ich vorschlagen würde, erst den Film anzusehen und dann das Buch zu lesen. Denn »Der Marsianer« ist eines der spannendsten Bücher, die ich je gelesen habe und unbedingt zu empfehlen, nicht nur, wenn man zum Mars fliegen will.

Es erinnert mich daran, dass man als Autor niemals aufgeben sollte.

Die Entdeckung der SF-Klassiker

»Die Stadt und die Sterne« von Arthur C. Clarke

Zunächst für die Vorbereitung eines Schreibseminars in Wolfenbüttel und später aus reinem Interesse heraus las ich ein paar Klassiker der Science Fiction. Da ich als Jugendliche keine Zukunftsromane gelesen hatte, habe ich die eine oder andere Bildungslücke, was Science-Fiction-Literatur betrifft.

Die SF-Romane von heute sind kaum mehr als moderne Märchen. Das meiste wurde auf die eine oder andere Weise bereits erzählt. Wirklich Originelles und Umwerfendes findet man selten. Es scheint, als sei jede Idee schon mal da gewesen. Deshalb dachte ich mir, wenn ich schon lese, kann ich die großen Ideen der SF gleich im Original lesen.

So suchte ich mir keinen Geringeren als Sir Arthur C. Clarke  heraus. Der weltberühmte Autor des Klassikers »2001 – Odyssee im Weltraum« ist fürwahr ein Visionär. »Die Stadt und die Sterne« erschien bereits 1956 und steckt so voller Ideen, dass es mir die Sprache verschlug. Die Geschichte um die Stadt Diaspar ist so fantastisch, dass man kaum glauben kann, dass alle Ideen von einem einzelnen Menschen stammen.

Milliarden Jahre in der Zukunft. Diaspar ist die letzte Stadt der Welt und die letzte Zufluchtsstätte der Menschheit. Ihre Bewohner sind unsterblich, die Stadt ebenfalls. Beides entsteht aus den Gedächtnisanlagen immer wieder neu. Nur Alvin ist anders. Alvin ist eine Permutation, etwas, das es eigentlich nicht geben sollte, denn er ist der erste Mensch, der nach Millionen von Jahren geboren wird,
Alvin hat noch nie gelebt. Anders als seine Freunde stellt er sich immer wieder Fragen: Wer hat Diaspar errichtet? Was war vorher? Und was befindet sich außerhalb der Stadt? Fragen, die ihm niemand beantworten kann, weil jedem Bewohner die Angst vor der Außenwelt eingepflanzt wurde. Nur Alvin nicht.
Er ist der Erste, der nach Millionen von Jahren die Stadt verlässt und auf der verwüsteten Erde eine weitere Oase findet – Lys. Deren Bewohner sind das Gegenteil der Menschen, die Alvin kennt. Telepathisch begabte Individuen, die im Einklang mit sich und der Natur leben. Aber auch sie können seine Fragen nicht beantworten.
In einem Krater entdeckt Alvin einen Roboter, der einem längst verstorbenen MEISTER gehört hat. Er könnte Alvins Wissensdurst stillen, doch die Maschine spricht nicht mit ihm. Da nimmt Alvin sie mit nach Diaspar und stellt sie dem Zentralgehirn der Stadt vor. Das bringt das Artefakt aus der Vergangenheit tatsächlich zum Sprechen und was es zu erzählen weiß, verändert nicht nur das Leben Alvins, sondern das aller Menschen in Diaspar und Lys …

Wie andere seiner Zeitgenossen erschafft Arthur C. Clarke mit dem Roman die Grundlage für viele weitere Bücher, Filme und Serien. Alles was danach kam, baut in Teilen auf seinen Ideen auf. Ich habe beim Lesen mehrere Storyelemente und Bezüge gefunden, die in spätere Publikationen und Produktionen verschiedenster Autoren einflossen.

Für mich ist dieser Roman Science Fiction in Vollendung. Visionärer kann man nicht schreiben. Wer wissen will, was SF wirklich bedeutet, sollte dieses Buch lesen. Selbst dem technikaffinen Menschen von heute eröffnet Clarke eine phantastische Welt mit einem ganz eigenen »Sense of Wonder«.

Am Ende wurde mir klar, dass Menschsein mehr bedeutet, als das Schaffen großer Dinge, sondern es die zwischenmenschliche Beziehungsfähigkeit ist, die uns zum Menschen macht.

Intelligente SF-Saga

»Spin« von Robert Charles Wilson

In Vorbereitung auf ein Schreibseminar an der Bundesakademie Wolfenbüttel las ich mich monatelang quer durch die Bestseller der Science-Fiction-Literatur. Dabei stieß ich auf »Spin« von Robert Charles Wilson. Mich hat die spannende Lektüre sofort in ihren Bann gezogen, weil es genau die Art von intelligenter Science Fiction ist, die ich gern lese, wissenschaftlich und mit Fokus auf den Figuren.

Die Geschichte beginnt damit, dass die Erde in eine unbekannte Membran gehüllt wird, die sie vom Rest des Universums trennt. »Spin« – so wird die Membran um die Erde bezeichnet.Niemand weiß warum es passiert ist, doch man erkennt sehr bald, dass außerhalb die Zeit sehr viel schneller verläuft als auf der Erde selbst. Und weil auch die Sonne und das Sonnensystem eine begrenzte Lebensdauer besitzen, sagen die Wissenschaftler den Untergang der Erde in fünfzig Jahren voraus. So lebt die Menschheit fortan im Schatten der bevorstehenden Apokalypse. Wie sie sich dort entwickelt, welche Probleme auftreten und was Menschen antreibt, wenn sie wissen, dass sie nur noch eine begrenzte Zeit zu leben haben, davon handelt der Roman.
Es werden existenzielle Fragen nach dem Wer und Warum gestellt und sich an der Interpretation des Göttlichen versucht. Wie entsteht Religion und woran klammern sich Menschen im Angesicht des Todes?

Was der Autor an Ideen in den Roman eingebracht hat, hätte bei anderen Autoren für fünf Romane gereicht. Ihm gelingt es, diese Ideen zu einem dichten Netz zu verweben, ohne sich zu verheddern.

In zwei Handlungsebenen führt Robert Charles Wilson den Leser durch die Geschichte und wirft ihm Kapitel für Kapitel immer wieder ein kleines Informationshäppchen zu, ohne zu viel zu verraten.

Der Roman ist wie ein Puzzle. Teil für Teil fügt sich das Bild zusammen, was mit der Erde passiert ist. Im Vordergrund jedoch stehen die Figuren, wie der Protagonist Tyler Dupree und seine Freunde – die Zwillinge Diane und Jason – um die sich eine emotional zurückhaltend erzählte Dreiecksgeschichte entfacht.

Von der Kindheit bis ins hohe Erwachsenenalter reflektiert Tyler in Rückblenden sein Leben mit dem Spin: Seine Freundschaft zu Jason, dem Wissenschaftler, der den Spin erforschen will und seine unausgesprochene Liebe zu Diane, die sich dem Glauben widmet. Beide Ebenen beleuchten die unterschiedlichen Herangehensweisen einer Generation, die sich ihrer Endlichkeit bewusst ist.

»Spin« spielt in der Gegenwart und ist wie viele SF-Romane ein Spiegel seiner Zeit. Der Autor nimmt sich nicht zurück Gesellschaftssysteme und Regierungen zu kritisieren oder Glaubensansätze zu hinterfragen. Dabei bleibt er stets objektiv, indem er nur zeigt, was passiert, ohne darüber zu urteilen. Die wissenschaftlichen Theorien, die im Buch angesprochen werden, zeugen von ausgezeichneter Recherchearbeit und fühlen sich zu jeder Zeit stimmig an.

Ohne Frage ist »Spin« einer der herausragendsten SF-Romane, die ich bisher gelesen habe. Es ist der erste Teil einer Trilogie. In den Fortsetzungen »Axis« und »Vortex« konnte der Autor leider nicht an die Genialität der Geschichte anknüpfen.