Da ich ja, was das Schreiben angeht, momentan etwas eingeschränkt bin – tippen mit der linken Hand ist echt mühsam – komme ich endlich dazu, meinen Lesestapel abzuarbeiten.
So habe ich in den vergangenen vier Tagen zwei Bücher gelesen. Zwei völlig unterschiedliche Geschichten, die doch eine gemeinsame Ebene haben. In Neil Gaimans »Der Ozean am Ende der Straße« wie auch in Andreas Eschbachs »Teufelsgold« geht es um ein übergeordnetes Universum, quasi einen Raum, der unser Universum enthält.
Während Gaiman aus der Sicht eines Kindes erzählt und dabei eine Welt voller fantastischer Elemente beschreibt, erzählt Andreas Eschbach eher aus der Realität eines Normalbürgers, der sich in der Welt der Finanzen bewegt und mit alchimistischen Lehren konfrontiert wird.
»Der Ozean am Ende der Straße« überrascht vor allem dadurch, dass er zwar von einem Kind erzählt wird, aber nicht für Kinder geschrieben ist. Die Beschreibung des Jungen lassen sich nur mit den Erfahrungen eines Erwachsenen richtig deuten. Besonders gut vermag der Autor dabei eine phantastische Welt voller Hexen und Ungeheuer darzustellen, aber sie nicht als solche zu benennen. Das Besondere an den Figuren liegt darin begründet, dass sie weder gut noch böse sind. Selbst das Böse, so wird dem Leser bewusst, tut nur, was in seiner Natur liegt. Und so erfährt der Junge auf mitunter erschreckende Weise, dass es eine Realität hinter unserer Realität gibt, einen Ozean der unterhalb unseres Universums liegt. Wenn man in ihn eintaucht, man alles Wissen der Welt erlangen kann. Gaimans Theorie über ein Universum außerhalb unseres Universums, das alle anderen Universen miteinander verbindet, ist auch die Gemeinsamkeit zur Geschichte von Andreas Eschbach.
In Eschbachs Werk kommt das Phantastische erst sehr spät zum Tragen. Und auch hier ist es ein übergeordnetes Universum, in das die Protagonisten mittels des Steins der Weisen übersetzen wollen, um Vollkommenheit zu erlangen. Davor steht aber ein langer Weg, auf dem ich viel über Alchimismus, die nuklearphysikalische Herstellung von Gold, Investmentstrategien und die Denkweise moderner Alchimisten erfahren habe. Das alles durch die Augen eines einzelnen Protagonisten gesehen, der sich durch seine Arbeit als Finanzberater und durch die Beschäftigung mit dem Alchimismus immer tiefer in ein Gespinst aus Täuschungen und Lügen verstrickt, das seinen Charakter zum Negativen verändert. Eschbach garniert die, in der Gegenwart spielende Geschichte, durch Auszüge aus fiktiven mittelalterlichen Schriften, die der Protagonist liest. Diese »Aufzeichnungen« aus dem Mittelalter, in der Erzählweise von Märchen und Sagen verfasst, lockern den Roman auf und machen aus ihm nicht nur Gegenwartsliteratur, sondern auch einen historischen Roman. Als Thriller, wie auf dem Cover angegeben, würde ich die Geschichte aber nicht bezeichnen.
Stilistisch haben mich beide Romane überzeugt, jeder auf seine Weise. Neil Gaimans Geschichte zeichnet sich durch eine sehr simple und gerade deshalb auch poetische Sprache aus. Während es bei Andreas Eschbach vor allem die Passagen aus dem Mittelalter sind, die ich originell fand, weil sie im Stile der jeweiligen Epoche verfasst wurden. Weil ich inzwischen jedes Buch, dass ich lese, mit meinen Erkenntnissen aus diversen Schreibseminaren und -ratgebern vergleiche, fiel mir folgendes besonders auf: während Gaiman mit Adjektiven geradezu verschwenderisch um sich wirft, verwendet Eschbach sie mit mehr Bedacht. Beides hat seinen Reiz und ich verstehe immer noch nicht ganz, warum man Adjektive so verteufelt.
Mein Fazit: Ich kann beide Bücher nur weiterempfehlen, obwohl ich sie nicht der Science Fiction zuordnen würde. Das eine ist mehr Fantasy, das andere eher Belletristik. Sie sind spannend geschrieben und lassen den Leser in faszinierende Welten eintauchen, ohne dabei an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Andreas Eschbachs »Teufelsgold« vermittelt zudem sehr gut recherchiertes Wissen.
(Dieser Blogeintrag entstand unter zu Hilfenahme der App »Dragon Dictation«.)