Idyll am Vormittag mit Schrecksekunde

Es gibt sie noch, die ruhigen verlassenen Orte auf Madeira. Man muss nur abseits der Touristenpfade danach suchen und vor allem zu Zeiten dorthin gehen, an denen wenig los ist.

Am Dienstag sind wir früher aufgestanden, waren die Ersten beim Frühstück und wollten schnell loskommen, um vor allen anderen in Ribeiro Frio zu sein. Der Berufsverkehr in Funchal war allerdings höllisch. Auf der Autobahn war Stau, weshalb sich jeder durch die Stadt quälte. Ich befragte Google Maps, dass mir einen Weg vorschlug, dem wir folgten. Immer bergauf durch enge Gassen mit Gegenverkehr. An der steilsten Stelle (Ich hatte erneut Angst, dass wir jeden Augenblick nach hinten umkippen.) kam uns dann ein Auto entgegen. Panik! Anhalten und zurücksetzen bei zirka 25 Prozent Steigung ist nur schwer möglich. Die Handbremse hat erst beim dritten Versuch auf der letzten Rille gehalten. Der Fahrer des anderen Autos fuhr dann zum Glück in eine Seitenstraße, damit wir weiterfahren konnten. Wenn ich katholisch wäre, hätte ich wahrscheinlich drei Ave Maria gebetet. Zumindest waren wir beide vom Angstschweiß durchgeschwitzt.

Außerhalb Funchals war dann kaum noch Verkehr und wir fuhren in vielen Kurven hoch bis zum Poiso-Pass auf 1412 Meter und von da wieder den Berg runter nach Ribeiro Frio. Der Parkplatz oberhalb der Forellenzucht-Anlage war wohltuend leer. Es war mit zwölf Grad Celsius noch recht frisch, aber es war auch erst zehn nach Neun morgens. Wir wanderten die Straße entlang bis zum Beginn des Levadas, der zum Miradouro dos Balcões führt. Wir waren fast allein auf dem idyllischen Wanderweg. Die Hähne krähten und die Bienen summten um den Madeira Natternkopf.

Der Weg führt an einem Levada entlang, weshalb er relativ flach ist. Man kann bequem nebeneinander hergehen, muss aber auf den Boden aufpassen, weil immer wieder Steine oder Wurzeln herausragen. Festes Schuhwerk sollte man schon tragen. Zweimal geht man durch eine enge Felsenschlucht, dann ist man auf der anderen Seite fernab jeder Zivilisation. Das einzige Gebäude ist ein kleines Wasserkraftwerk ganz unten im Tal. Ansonsten sieht man nur grüne bewaldete Berge und die Wolken, die unterhalb der Bergspitzen hängen.

Man hört absolut nichts, kein Verkehr, keine von Menschen gemachten Laute, nichts außer den Vögeln. Die sind übrigens sehr zutraulich und lassen sich von den Menschen nicht stören. Sie würden einem wahrscheinlich sogar auf die Hand hüpfen, wenn man ihnen Futter hinhielte. Es ist aber verboten, die Tiere zu füttern, darauf weisen mehrere Schilder hin. Es gibt aber dennoch Leute, die Vogelfutter verstreuen. Auf dem Rückweg hielten wir an einer kleinen Gaststätte und kauften Honig. Dort kann man auch eine Toilette aufsuchen, wenn man etwas kauft oder 50 Cent bezahlt. Hier begegneten uns dann schon die ersten Bustouristen. Wir hatten also alles richtig gemacht.

Ich hatte mir gewünscht, nochmal auf den Campingplatz im Wald zu fahren, wo wir 2010 gewesen waren. Also fuhren wir wieder hoch zum Poiso-Pass und bogen dann Richtung Santo da Serra ab. Der Ort heißt Terreiros und ist ein Campingplatz mitten im Wald neben einem Gehege für Schafe. Die Schafe laufen tagsüber quer durch die Botanik so wie auch am Dienstag. Man muss höllisch aufpassen, damit man die Tiere nicht überfährt, die plötzlich nach einer Kurve direkt auf der Straße stehen.

Es ist wunderschön ruhig, keine Menschen Seele in der Nähe, selbst auf der Straße fuhr kaum ein Auto vorbei. Die beiden Seen, die da angeblich sind, haben wir zwar nicht gesehen, aber hier könnte sogar ich mir vorstellen zu zelten, obwohl ich normalerweise mit Camping nichts am Hut habe. Wir spazierten eine Weile umher, bewunderten Wolken, die ab und zu als Nebelschwaden über die Baumspitzen zogen und machten Fotos.

Anschließend fuhren wir weiter nach Santo da Serra, an dem Golfressort vorbei, an dem ein Hotel der Hotelgruppe steht, in der wir übernachten. Wir folgten der Straße, die nach Santa Cruz am Flughafen vorbei zur Autobahn führt und fuhren ins Hotel zurück. Wo wir uns mit einem Eis zum Kaffee belohnten.

Katastrophentourismus

Am Montag besuchten wir den westlichen Teil der Insel und sahen die verheerenden Folgen der Waldbrände, die dort im Oktober 2023 gewütet hatten.

Ich hatte gar nicht mehr auf dem Schirm, dass es im Herbst 2023 auf Madeira gebrannt hat. Uns waren jedoch schon auf der Hochebene verbrannte Hänge aufgefallen. Als wir nach Ponta do Pargo fuhren, führten die Straßen dann durch dürre Eukalyptus- und Lorbeerwälder. Der Boden war schon wieder von Farnen bedeckt, aber die Bäume ragten als schwarze Mahnmale daraus hervor. Mich überraschte die Größe des Gebietes in dem nicht nur die Wälder vernichtet worden waren. Hin und wieder kamen wir auch an Häuserruinen vorbei.

In Ponta do Pargo besichtigten wir ein Museum in einem kleinen Leuchturm. Es informiert über die Leuchttürme der Insel und ist sehr nett hergerichtet, leider sind die Beschreibungen nur in portugiesisch. Vor dem Leuchturm hat man einen sensationellen Blick auf die Westküste. Steil abfallende Felsenklippen und türkisfarbenes Wasser beherrschen die Szenerie. Weit ab von den Touristenzentren verirren sich nur wenige Menschen hierher. Wir waren zwar nicht allein, aber es blieb beschaulich.

Beschaulich war auch das nächste Ziel, dass wir eigentlich gar nicht auf dem Schirm hatten, dass wir aber zufällig während eine Toilettenpause entdeckt hatten. Der Miradouro da Boa Morte liegt auf einer niedrigen Klippe, die man leicht von einer kleinen Kirche aus erreichen kann. Wenige Stufen und ein gut befestigter Betonweg münden in einer Aussichtsplattform, die ebenfalls spektakuläre Blicke über den Atlantik und die Küste erlaubt. Rechts und links weideten Kühe und auf den Wiesen gab es Pflanzen und Gräser, die ich noch nie gesehen habe. Wer möchte, kann eine Wanderung zum nahegelegenen Miradouro Pico Vermelho machen. Da ich an dem Tag aber nicht besonders gut drauf war, sind wir weitergefahren nach Achadas da Cruz.

Die dortige Seilbahn, die hinunter zum Meer führt, war bis vor kurzem noch ein Geheimtipp. Inzwischen haben Blogger und Influencer in den sozialen Medien viel über die spektakuläre Fahrt berichtet. Als wir gegen Mittag ankamen, reichte die Schlange der Mietwägen bereits bis zur zweiten Kehre der Zufahrtsstraße. Wollte ich mit hunderten von Leuten den schmalen Streifen Land unterhalb der Felsen besuchen? Ehrlich gesagt war mir an dem Tag nicht danach, daher sind wir mit schleifender Kupplung auf der engen Straße wieder umgedreht und weitergefahren.

Oben auf der Hochebene schien die Sonne, es war ruhig und es herrschte wenig Verkehr. Der Parkplatz bei Rabaçal war wie erwartet voll. Das war er aber schon  so, als wir 2010 hier waren. Vom Forsthaus bei Rabaçal startet ein sehr schöner Weg an einem Levada entlang. Zuerst zum Risco Wasserfall und anschließend weiter zu den »25 Fontes«. Die Strecke ist nicht ganz ohne, weil man teilweise nur auf der Mauer des Lavadas entlang balancieren muss. Ohne Gegenverkehr ist das kein Problem, aber da der Weg inzwischen so überlaufen ist, wurde er als anspruchsvoll eingestuft. Das war 2010 schon problematisch, ich kann mir gut vorstellen, dass es jetzt noch viel schlimmer ist. Davon abgesehen, waren wir damals echt enttäuscht. Nach drei Stunden Wanderung fanden wir statt »25 Fontes« nur ein paar spärliche Rinnsale vor. Ich verstehe den Hype irgendwie nicht, weil es auf der Insel schönere Levadas gibt. Das Wasserwandl am Hochgern ist ähnlich und da sind weniger Touristen.

Wir fuhren weiter zu einem großen Wasserbecken. Der dortige Aussichtspunkt wurde erst vergangenes Jahr angelegt und bietet einen schönen Rundblick über die Hochebene. Wir ließen das Auto neben der Straße stehen und wanderten die 500 Meter zum Aussichtspunkt, obwohl wir auch direkt hätten hinfahren können.

Eigentlich führt die Straße über Paul da Serra zum Ecumeada-Pass und von dort runter nach Ribeira Brava. Wir sind hier immer gern entlang gefahren, wegen der Aussicht, der vielen Windräder und der Hochgebirgsvegetation – in diesem Jahr blüht der Ginster und färbt die Landschaft gelb. Leider ist die Straße zum Ecumeada-Pass gesperrt. Das trifft übrigens auf mehrere Straßen auf der Insel zu, die wir entlang fahren wollten. Wahrscheinlich müssen sie saniert werden. Das ist in Deutschland im Sommer ja ähnlich.

Wir nahmen eine andere Straße, die von etwa 1400 Metern in vielen Serpentinen und engen Ortsdurchfahrten nach unten zur Autobahn führte. Man braucht auf Madeira für wenige Kilometer immer sehr lange. Und wenn dann auch noch ein mit Holz beladener Laster vor einem fährt, ums so länger. Dafür wird man mit atemberaubenden Ausblicken entschädigt. Manchmal verschlägt es einem auch den Atem, wenn man rechts oder links neben der Straße in die Tiefe blickt. Schneller als 60 km/h kann und sollte man nicht fahren, manchmal sind weniger als 30 km/h die bessere Alternative.

Den Nachmittag gingen wir nochmal zum Hafen in Funchal um ein paar Mitbringsel zu kaufen. Anschließend ließen wir auf dem Hotelbalkon den Tag ausklingen.

Strandpromenade mit Tunnel

Es gibt nichts, was es nicht gibt. Die Strandpromenade von Funchal nach Câmara de Lobos verläuft sogar durch einen Tunnel.

Ich weiß nicht, ob es die Promenade bereits bei unserem ersten Besuch 2010 gab, ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern. Umso schöner, dass wir sie am Sonntag entdecken durften. Weil der Himmel bedeckt war und ich eine Pause von den langen Autofahrten bergauf und bergab brauchte, entschlossen wir uns am Meer entlang zu spazieren. Wer möchte und gut zu Fuß ist, kann bis zum Nachbarort laufen, wir haben etwa zwei Drittel der Strecke geschafft.

Der gut ausgebaute Fußweg führt unterhalb der Hotels an der Küste entlang. Auch hier geht es mal bergauf und mal bergab, an einem öffentlichen Schwimmbad vorbei und vielen blühenden Bäumen und Sträuchern. Unterwegs kann man immer wieder schöne oder spektakuläre Aussichten bewundern. Den Fischern beim Angeln zusehen oder die handtellergroßen Schmetterlinge bewundern, die hier herumflattern. Irgendwann führt dann eine Treppe hinunter zu einem Meeresschwimmbad und einer kleinen Bar.

Von hier ab verläuft der Weg durch einen mannshohen Tunnel. Wasser tropft von der Decke, man hört das Rauschen der Brandung und kann durch drei Löcher sehen, wie die Wellen gegen die Felsen schlagen. Das ist echt originell. Der Tunnel ist zwar beleuchtet, aber ich mit meiner Nachtblindheit hatte ein paar Problem, weil ich den nassen Untergrund nicht richtig sehen konnte. In weiser Voraussicht hatten wir eine Taschenlampe eingepackt. Die ist auf Madeira oft hilfreich wegen der vielen Tunnel an den Levadas.

Auf der anderen Seite kommt man an einem breiten Strand heraus, der wie die meisten Strände auf Madeira (sofern es sie gibt) aus vielen Steinen besteht. An einigen wenigen Stellen gibt es sogar schwarzen Sand. Die Brandung war nicht allzu stark, aber ich wäre da nicht freiwillig oder unfreiwillig baden gegangen. Schon allein weil das Gehen auf dem Geröll sehr anstrengend ist. Toll war das Rollgeräusch der Steine, die vom Wasser an den Strand gespült und wieder zurück geholt wurden. Deshalb gibt es an diesem Strand auch keinen einzigen spitzen Stein. Ich habe ein Stück Glas gefunden, das ganz rund geschmirgelt ist.

An der Strandpromenade befinden sich zwei Cafés und einen Sportplatz, der hauptsächlich von Einheimischen genutzt wird. Das Hinterland des Strandes ist noch unbebaut, es stehen aber schon die Plakate mit der Info, dass dort ein weiteres Hotel entstehen soll. An einem Felsen, der wie eine Burg ins Wasser ragt und vulkanischen Ursprungs ist, krabbelten Krabben in allen Größen über die Steine. Die erinnerten mich an die Replikatoren von »Stargate«.

Wir hätten weitergehen können, an einer Betonfabrik vorbei zum nächsten Ort, aber wir kehrten um, weil mir so langsam die Füße weh taten. Im Hotel zeigte das Smartphone dann 6,9 Kilometer und 11.100 Schritte an. Zur Auflockerung der müden Glieder gingen wir schwimmen und da merkte ich schon, dass mein Dekolleté ziemlich rot war. Die ganzen Tage über hatten wir uns mit Sonnencreme (LF 50) eingecremt. Aber weil der Himmel bedeckt gewesen war, hatten wir es am Sonntag nicht gemacht. Schwerer Fehler. Wir beide hatten einen richtigen Sonnenbrand, obwohl die Sonne gar nicht geschienen hat.

Rauf und runter und wieder rauf

Autofahren auf Madeira ist nichts für Leute mit schwachen Nerven. Zumal der Verkehr deutlich mehr geworden ist, als in den Jahren 2010 und 2015. Furchtlos und schwindelfrei sollte man als Autofahrer außerdem sein.

Als wir am Samstag durch Funchal den Berg hochfuhren wurde uns das wieder eindrücklich vor Augen geführt. Die Straßen sind steil und winden sich in engen Serpentinen die Berge hoch. Bis zu unserem Ziel dem Pico do Areeiro mussten wir immerhin fast 1800 Höhenmeter überwinden. Man durchquert dabei die verschiedenen Vegetationszonen von der blühenden Küste, über Nadel- und Lorbeerwälder bis zu den niedrigen Wäldern aus Baumheide und blühenden Ginsterbüschen, bis am Ende nur noch der nackte Fels mit wenig Vegatation in den blauen Himmel ragt.

Dort oben hat man im Sommer immer wolkenlosen Himmel und gute Sicht, selbst wenn es unten in Funchal dicht bewölkt ist. So auch am Samstag, wo wir auf ein Meer von Wolken blickten. Weniger schön war das Meer von Touristen, das schon am frühen Morgen die Bergspitze stürmte. Der Wanderparkplatz etwa 1,5 Kilometer unterhalb des Gipfels war schon fast voll. Wir fuhren also bis hoch und ergatterten den letzten freien Platz auf dem Parkplatz am Restaurant, dessen Parkzeit auf eine Stunde begrenzt ist. Länger wollten wir auch nicht bleiben, als wir die Massen sahen, die sich auf dem schmalen steilen Wanderweg zum nächsten Gipfel drängten.

Wir gingen etwas abseits zur anderen Seite und folgten einem Weg, auf dem nur wenige Menschen unterwegs waren. Er führte zu einer Aussichtsplattform, die einen großartigen Blick über den östlichen Teil der Insel gewährte. Auf dem Rückweg kamen wir ins Gespräch mit zwei jungen Frauen aus Deutschland, die sich ebenfalls über den Ansturm am Berg wunderten. Sie glauben, dass es vor allem an Instagram und TikTok liegt, warum so viele vor allem junge Menschen nach Madeira kommen. Sie sehen die Bilder dort und wollen auch gern Bilder von sich an den Orten ins Netz stellen. Ungeachtet, der Gefährlichkeit, die manch ein Weg auf Madeira birgt. Und tatsächlich sind viel mehr junge Leute unterwegs als noch 2015 bzw. 2010 als wir im Hotel noch die Jüngsten waren.

Wir fuhren den Berg wieder runter nach Ribeiro Frio wo man eine nette kleine Levada-Wanderung unternehmen kann, für die man nicht unbedingt schwindelfrei sein muss. Aber hier bekamen wir auch keinen Parkplatz, wir kamen auf der Straße ja kaum noch zwischen den parkenden Autos durch. Außerdem standen noch zwei Reisebusse da, weshalb wir weiterfuhren zum Miradouro do Guindaste, der 2022 erst eröffnet worden ist und direkt am Meer liegt. Also weiter den Berg runter und dann wieder hinauf und durch die Ortschaft wieder hinunter. Der spektakuläre Aussichtspunkt ist noch ein Geheimtipp, daher war auch wenig los und wir konnten uns in Ruhe die Klippen von einer gläsernen Aussichtsplattform ansehen.

Ich schlug vor, dass wir an der Küste entlang nach Ribeira da Janela fahren und dort unser obligatorisches Foto von der bewachsenen Felswand machen. Da sieht man nämlich wie trocken oder wie nass es in den letzten Monaten gewesen ist. auch hier war mehr los als sonst. Der Andrang hielt sich aber in Grenzen. Warum die meisten ihren Mietwagen aber oben an der engen Straße abgestellt haben, anstatt die fünfzig Meter weiter runter zum Campingparkplatz zu fahren, konnten wir allerdings nicht nachvollziehen. Anschließend ging es den Berg wieder hoch ins Naturschutzgebiet Fanal, dem Feenwald.

Wir sind zwar schon ein paar Mal vorbeigefahren, aber wir waren noch nie im Feenwald. Das wollten wir heute nachholen. In unzähligen Serpentinen schraubten wir uns wieder auf 1100 Meter hinauf. Es standen zwar einige Autos auf dem Parkplatz aber das Gelände ist so groß, dass genug Platz für alle da ist. Sogar für die Kühe, die dort frei herumlaufen und auch mal die Straße blockieren, wenn ihnen danach ist. Die Landschaft im Fanal wirkt schon schon bei schönem Wetter wie verzaubert. Wenn hier die Wolken darüber ziehen und alles neblig ist, sieht das sicher sehr verwunschen aus. Wir hatten viel Sonne und wanderten über die Wiesen.

Über die Hochebene und eine lange und zähe Abfahrt mit vielen Kurven fuhren wir schließlich wieder zurück ins Hotel. Wir waren beide erschöpft, obwohl wir nicht viel gelaufen waren. Aber das Autofahren auf den engen Straßen und dem vielen auf und ab, schlaucht.

Der krönende Abschluss war am Samstag das Feuerwerk im Hafen. Wir sind extra die zwei Kilometer vom Hotel nach Funchal reingelaufen. Es war viel Verkehr und es waren viele Leute unterwegs. Anlässlich des Atlantik-Festivals findet ein Wettbewerb von Feuerwerksfirmen statt. Jeden Samstag darf sich eine Firma mit einem Feuerwerk präsentieren. Der Gewinner darf das Silvesterfeuerwerk ausrichten. Eine sehr schön Idee wie ich finde.

Von Nonnen und grünen Tälern

Blick aufs morgendliche Funchal

Am Freitag fuhren wir morgens zu einem Aussichtspunkt oberhalb Funchals. Es herrschte zwar schon reger Betrieb, aber nachdem die Touristenbusse weg waren, waren wir fast alleine. Vom Miradouro Pico do Barcelos hat man einen wunderschönen Blick über Funchal und den Hafen. Die Anlage wurde seit unserem letzten Besuch um ein Café und einen Park erweitert. Beim letzten Mal hatten wir von hier oben beobachtet, wie ein Kreuzfahrtschiff rückwärts im Hafen einparkte. Dieses Mal blieb das Hafenbecken leer.

Im Nonnental

Nach einem kurzen Stop an einer Tankstelle (das Auto hat wieder wegen des Reifendrucks gewarnt) und einem Toilettenbesuch in einem Shopping Center ging’s ins Nonnental. In dem Talkessel, der Jahrhundertelang nur über schmale Wege zugänglich war, lebten und arbeiteten Nonnen, die hier Schutz gesucht hatten. Irgendwann wurde eine Straße an den steilen Felsen hinunter ins Tal gebaut, heute ist der abgeschiedene Ort über einen Autotunnel erreichbar. Die Straße ist wegen Steinschlaggefahr gesperrt. Wer möchte, kann aber über Wanderwege ins Tal hinunter und auch wieder hinauf wandern, was allerdings Kondition und Schwindelfreiheit erfordert.

Ehemaliges Wohnhaus einer der Nonnen

Wir besuchten ein kleines Museum, das zeigt, wie die Nonnen gelebt haben und spazierten durch den kleinen Ort. Die Berge rundum sind beeindruckend hoch und sie legen Teile des engen Tals je nach Tageszeit in den Schatten. Der Ort ist zumindest nicht so überrannt wie die anderen Sehenswürdigkeiten der Insel.

Blick vom Eira do Serrado ins Nonnental

Nachdem wir im Tal waren, fuhren wir auf einen der Aussichtspunkte oberhalb des Berges. Hier war schon mehr los, aber da es noch früh war, hielt sich der Ansturm in Grenzen. Wir genossen den großartigen und beängstigenden Blick in die Tiefe. (Ich wagte mich nicht bis vor ans Geländer.) Zurück am Auto kamen die ersten Busse über die enge gewundene Straße und entließen die Touristen ins Freie. Dabei stürzte eine Frau auf dem Weg zum Aussichtspunkt und musste medizinisch versorgt werden. Auf Madeira sollte man immer auf den Weg achten, da der Untergrund nicht eben ist und es jede Menge Stufen gibt. Von der Steilheit mancher Straßen und Fußwege ganz zu schweigen. Für Leute mit körperlichen Einschränkungen ist die Insel nur bedingt zu empfehlen, obwohl wir schon einige auf Krücken und mit Rollator gesehen haben. Ich möchte nicht wissen, was hier täglich passiert.

Wir entschlossen uns vom Berg runter in Richtung Westen zu fahren und dabei am Cabo Girão vorbeizusehen. Die höchste Klippe Europas wurde vor ein paar Jahren um eine transparente Aussichtsplattform erweitert und ist seitdem zum Hotspot auf Madeira geworden. Das Areal wurde umgebaut und seitdem gibt es dort nur noch wenige Parkplätze für Autos und fast nur noch Busparkplätze. Dementsprechend groß war das Chaos auf den umliegenden Straßen, bei der Vielzahl an Mietwägen, die parken wollten, während auf dem großen Parkplatz gerade einmal ein Bus stand. Übrigens kostet der Besuch des Cabo Girão Skywalk inzwischen zwei Euro. 2015 war er noch kostenlos gewesen.

Küste von Sao Vicente

Weil wir keinen Parkplatz fanden, fuhren wir weiter über enge kurvenreiche Straßen zurück zur Autobahn in Richtung Ribeira Brava. Die Schlucht ist sehr grün, die steilen bewaldeten Berge rechts und links erinnern ein bisschen an Hawaii. Als wir 2010 hier waren, hatte wenige Wochen zuvor eine Flutkatastrophe das Tal und die Menschen heimgesucht. Damals führte die Straße stellenweise über eine Geröllpiste. Von den Auswirkungen war 2015 schon nichts mehr zu sehen gewesen, jetzt gab es neue Tunnel und ein schickes Stadion zu sehen. Wir fuhren das Tal bis zum Ende und durch den großen Tunnel auf die andere Seite der Insel nach São Vicente. Ganz Madeira ist von Tunneln durchlöchert. Nur auf den engen steilen Bergstraßen käme man einfach nicht vorwärts.

Wanderweg am Fluss

Da wir uns vorgenommen hatten, Dinge anzusehen und Wege zu gehen, die wir noch nicht gegangen sind. Spazierten wir in São Vicente über den Fluss zu einem Weg der in die Felswand geschlagen wurde. Wir waren zwar nicht die einzigen Besucher, aber es verlief sich und wir hatten sogar einen Parkplatz bekommen. Auf der Strandpromenade beobachteten wir die Seeschwalben beim Fischen und sahen den Wellen zu. In einer kleinen Bäckerei kauften wir uns etwas zum Kaffee und machten uns auf den Rückweg.

In São Vicente gibt es ein interessantes Museum über Vulkanismus, was wir 2010 entdeckt hatten und von dem wir schwer begeistert waren. Laut Google ist das Museum aber seit einem Jahr wegen Reparaturen geschlossen. Leider teilen das die Betreiber auf ihrer Internetseite den Besuchern nicht mit, so das viele vergeblich hierher kommen.

Zurück im Hotel genossen wir ein ausgiebiges Bad im Wirlpool.

Zwischen Flughafen und Korbmachersuche

Unter der Landebahn

Am Mittwochmorgen fuhren wir auf der Autobahn zum Flughafen. Ich wollte unbedingt noch mal unter die Landebahn, weil das, denke ich, einmalig auf der Welt ist. Der Sportpark sieht nicht mehr ganz so neu aus, dafür gibt es eine Reparaturwerkstatt für Boote, die eher an einen Schrottplatz erinnert. Aber die Straßen sind top und der Ausblick von unten auf die unzähligen Stelzen, dazu das Geräusch der startenden Flugzeuge ist einmalig.

Blick vom Pico do Facho

Wir haben uns in diesem Urlaub vorgenommen vor allem dorthin zu fahren und zu gehen, wo wir noch nicht gewesen sind. Durch einen Reiseblog wurde ich auf einen Aussichtspunkt bei Machico aufmerksam, den wir noch nicht besucht hatten. Dorthin fuhren wir als nächstes. Es ging einmal quer durch den kleinen Ort am Meer und anschließend sehr steil den Berg rauf. Bei einer Straße hatte ich das Gefühl unser Auto würde jeden Augenblick nach hinten umkippen. Ich will gar nicht wissen, wie viel Prozent Steigung das waren. Obwohl wir früh dran waren, waren wir nicht die ersten. Ein paar Unerschrockene hatten sich schon die schmale Straße dort hoch gewagt. Der Ausblick ist gewaltig. Man sieht die Ortschaft mit dem Hafen und dem kleinen künstlich angelegten Strand und weiter auf dem nächsten Bergrücken den Flughafen. Es starteten immer wieder Flugzeuge die dann in Augenhöhe an uns vorbeiflogen. Sehr spektakulär. Das wissen die Touristenführer offenbar auch, denn kurz nach unserer Ankunft kamen zwei Minibusse mit Touristen angefahren und mehrere Mietwägen. Wir zogen uns diskret zurück, um weiter zur Ponto do Rosto zu fahren. Da kamen wir gar nicht erst hin, weil so viele Busse auf der schmalen Straße unterwegs waren, dass man mit dem Mietwagen gar nicht durchkam. Weiter hinten an der Halbinsel São Lourenço das gleiche Spiel. Die Mietwägen stauten sich schon Kilometerweit vor dem Parkplatz.

Der Adlerfelsen von Porto da Cruz

Desillusioniert kehrten wir um und fuhren nach Porto da Cruz. In dem Örtchen steht nur eine alte Rumfabrik und es ging dort in der Vergangenheit immer beschaulich zu. Aber auch hier Touristenbusse, die die Leute in die Fabrik karrten. Der Rundweg am Meer war teilweise abgesperrt, weil sich Teile des Geländers gelöst hatten. Die schönen Pools vom Schwimmbad waren leer und ungepflegt. Es ist ein Phänomen, dass ich schon von anderen Reisenden gehört hatte. Die öffentlichen Schwimmbäder sind fast alle leer und geschlossen. Dafür beobachteten wir eine Gruppe Wellenreiter, die gerade Surfen lernten. Seeschwalben flitzten umher und auf den Steinen am Wasser sonnten sich rote Krappen.

Miradouro da Portela

Unser Weg zurück ins Hotel führte wieder die Berge hoch, über einen Pass mit sensationeller Aussicht auf Porto da Cruz, zur Korbmacherstadt Camacha. Dort mussten wir erstmal an eine Tankstelle fahren, weil das Auto signalisierte, dass es einen Druckabfall im Reifen gäbe. Die Technik der hiesigen Reifenfüller ist ein bisschen anders als in Deutschland. Daher dauerte es etwas, bis wir die Reifen auf den richtigen Druck gebracht hatten. Ich sagte zu meinem Mann, dass es wahrscheinlich an dem vielen auf und ab lag, was wir gefahren sind.

Dorfplatz von Camacha

Camacha hatten wir schon 2010 auf unserer Hochzeitsreise besucht, damals hatten wir das Korbmachermuseum nicht gefunden. 2024 erst recht nicht, weil es nach der Pandemie endgültig zu gemacht hat. Die wenigen alten Leute, die die Tradition noch fortgeführt hatten, sind zu alt, die jungen wollen sich die anstrengende Arbeit nicht mehr antun und die Kunden kaufen die Korbmöbel lieber aus China oder von den Philippinen, weil sie billiger sind. So ist aus dem ehemaligen Touristenort ein verschlafenes Dorf geworden, dessen schicker Dorfplatz noch von den alten Zeiten erzählt.

Wir fuhren nach Funchal zurück und tranken Kaffee in einer kleinen Konditorei in der Nähe vom Hotel. Die Kuchenauswahl ist dort gigantisch und die Stücke so groß, dass ich meins nicht geschafft habe.

Am späten Nachmittag gingen wir schwimmen und dann frühzeitig zum Abendessen. Wir saßen anschließend noch lange auf dem Balkon und schauten aufs Meer hinaus, immer in der Hoffnung Wale zu sehen wie 2010.

Anlaufschwierigkeiten

Urlaubszeit! Da wünscht man sich Erholung und möchte eigentlich von jedem Ärger ferngehalten werden.

Das hat gestern bei uns nicht so gut geklappt. Wir sind schon am frühen Vormittag mit dem Zug nach München gefahren. Das erste Mal, dass ich von Traunstein aus mit einem ICE fahren durfte, bis jetzt fuhren da nur Regionalbahnen und EC- oder IC-Züge. Offensichtlich werden die alten Dinger endlich ausgemustert. Vom Ostbahnhof ging’s zum Flughafen, leider immer noch nicht nonstop mit der Express-S-Bahn, die man den Münchnern nach Absage des Transrapid versprochen hatte.

Der Droide vom Flughafen

Wir hatten geglaubt, die ersten am Check-In zu sein, doch es stand schon eine Menschenschlange vor den noch geschlossenen Abfertigungsschaltern. Da wir uns schon online eingecheckt hatten, dachte ich, dass es da einen Schalter gibt, an dem man nur sein Gepäck abgeben kann. Denkste! Da hätten wir uns das mit dem Online-Einchecken auch sparen können. Es hat auch sonst keinen Vorteil irgendeiner Art, außer dass wir beim Einsteigen ins Flugzeug alle aufgehalten haben, weil der Flughafenmitarbeiter nochmal unsere Ausweise sehen wollte. Die wir aber schon beim Kofferabgeben gezeigt hatten. Da wollten wir schon mal digital sein, aber offensichtlich kann in Deutschland niemand ohne Papier auskommen.

Flieger gucken

Dafür haben wir viel Zeit auf der Aussichtsterrasse vom Flughafen verbracht und ankommende und wegfliegende Maschinen beobachtet. Mit Flightradar24 weiß man auch wo die Flugzeuge herkommen oder hinfliegen. Das könnte ich stundenlang machen, wenn es nicht so auf den Handy-Akku ginge. Ich würde auch gern mal im Tower den Fluglotsen über die Schultern sehen, dass fände ich extrem spannend.

Ich kann mich erinnern, als Fliegen noch etwas Besonderes war und man dort immer Essen und Trinken bekommen hat. Urlaubsflieger sind heute nur Blechbüchsen in die man Menschen wie Sardinen verpackt, ohne Öl wohlgemerkt. Essen und Trinken gibt es nicht mehr, außer man bezahlt irre viel Geld dafür (die Butterbrezn für 3,90 EUR). Es war eng auf der Dreier-Sitzreihe und mein Sitznachbar hatte extremen Mundgeruch, was die vier Stunden Flug zur Tortur machte. Witzigerweise kannte ich den Piloten. Es war mein ehemaliger Vermieter aus München. Zufälle gibt es. Er hat uns dann auch gut auf Madeira runtergebracht. Die Landungen dort sind immer sehr abenteuerlich.

Blick aus dem Hotelzimmer

Der Ärger begann, nachdem wir fast als Letzte aus dem Flugzeug draußen waren und vor einer langen Schlange am Schalter der Autovermietung warten mussten. Es ging im Schneckentempo vorwärts, für jeden Kunden brauchten die zwei Mitarbeiter fast eine halbe Stunde. Als wir dran waren, dann der Schock. Die Kreditkarte wurde nur mit Pin akzeptiert und die lag noch im ungeöffneten Umschlag daheim. Nach langem Hin und Her mussten wir 200 Euro hinterlegen und nochmal 175 Euro für eine Vollkasko bezahlen. Damit war meine Urlaubskasse erstmal erschöpft, ich stinksauer und hungrig, weil ich bis auf ein Brötchen am Morgen noch nichts weiter gegessen hatte.

Die Fahrt vom Flughafen zum Hotel lief zwar einigermaßen glatt, wir verfuhren uns nur einmal, weil wir an einem Kreisverkehr eine Abfahrt zu früh rausgefahren sind. Aber verglichen mit unseren vorherigen Besuchen waren die Straßen sehr viel voller. Vor allem waren sehr viele Mietwägen unterwegs. So dass wir im Hotel auch keinen Parkplatz mehr ergattern konnten und uns auf einen der kostenpflichtigen Stellplätze außerhalb des Hotels stellen mussten.

Es war inzwischen nach 19 Uhr Ortszeit als wir im Hotel eincheckten. Wir bekamen die Karten fürs Zimmer und freuten uns schon darauf, endlich angekommen zu sein. Dann der nächste Schock. Direkt neben dem uns zugewiesenen Zimmer rissen Arbeiter Fußböden aus den Nachbarzimmern, schlitzen Wände auf und nagelten Trockenbauwände. Wir sind auf der Stelle umgedreht und haben ein neues Zimmer verlangt. Für das viele Geld, was wir für diesen Urlaub hingelegt haben, möchten wir nicht auf einer Baustelle wohnen. Da hätte ich auch daheimbleiben und arbeiten gehen können, da haben wir genug Baustellen. Der Dame an der Rezeption war unsere Forderung zwar etwas unverständlich, aber nach einem Gespräch mit dem Manager bekamen wir ein anderes Zimmer. Schließlich sind wir bereits das dritte Mal in diesem Hotel.

Atlan ist überall

So endete unser erster Tag mit einem späten Abendessen und einem kleinen Rundgang ums Hotel. Es hat sich in den neun Jahren einiges verändert. Neue Hotels stehen da, wo 2015 noch kleine Gärten und Plantagen waren. Andere Hotels sind umgestaltet worden und tragen neue Namen. Es gibt keine freien Parkplätze mehr dafür aber zwei Ladesäulen und ein paar verkehrsberuhigte Zonen. Lokale und Geschäfte haben gewechselt, das Schwimmbad unterhalb des Hotels ist wieder geöffnet, nachdem es 2010 durch einen Sturm verwüstet worden war, aber ansonsten ist alles noch an seinem Platz.

Heute sind wir in die City von Funchal gelaufen. Im Hafen lag ein Kreuzfahrtschiff. Es sah riesig aus, gehört aber eher zu den kleineren Exemplaren. Deshalb war in der Stadt auch viel los, an der Seilbahn hatten sich langen Schlangen gebildet. Am Hafen wird an mehreren Stellen fleißig gebaut und die Aufbauarbeiten für das Atlantik-Festival waren in vollem Gange. Nach dem Mittag und 14000 Schritten waren wir wieder zurück im Hotel und entsprechend kaputt. Nachmittags waren wir zum Ausgleich schwimmen und anschließend zum Begrüßungstrunk vom Hotel eingeladen.

Zweimal 25 oder 18 mit 32 Jahren Erfahrung

Geburtstagstorte

Altwerden ist nichts für Feiglinge oder Weicheier. Diesen Ausspruch zitierte unlängst eine Kollegin, als wir über das eine oder andere Wehwehchen ins Gespräch kamen. Und wenn ich meine Eltern so ansehe, wie schwer ihnen manches fällt, was früher kein Problem war, dann muss ich dem zustimmen.

Es ist tatsächlich so, dass ab einem bestimmten Alter der eigene Körper immer neue Macken zu haben scheint. Hühneraugen zum Beispiel. Ich hatte mein ganzes Leben lang kein Hühnerauge, seit kurzem schon. Und wenn man mal die Auswirkungen der Wechseljahre beiseite nimmt, dann bleiben noch schmerzende Gelenke und Verdauungsstörungen, die man mit 25 irgendwie noch nicht hatte.

Das Wichtigste ist, sich davon nicht aufhalten zu lassen. Ich bewundere da meine 93-jährige Tante, die geistig und körperlich fitter ist, als manch 60-jährige. Die sagt immer Zähne zusammenbeißen und durch. Es bleibt einen eh nichts anderes übrig. Recht hat sie. Sie lässt sie sich von ihren Krankheiten nicht unterkriegen, in dem sie immer in Bewegung bleibt, sowohl körperlich als auch geistig. Selbst wenn sie morgens mal keine Lust hat, steht sie auf geht eine Runde und macht dann ihren Haushalt allein. Und bei drei Kindern, fünf Enkeln und elf Urenkeln, wird ihr sowieso nie langweilig. Da müssen es dann auch mindestens zwei Tagesbesuche im Europapark sein.

Falls ich mal so alt werden sollte, dann möchte ich so sein. Altwerden ist also auch eine Frage der Einstellung und ich werde versuchen, so jung zu bleiben wie es geht.

Schöne Aussicht

Ich hatte mal wieder mit dem Finger auf der Landkarte die Gegend erkundet, dabei stieß ich auf die Ratzinger Höhe. Weil wir gern neue Orte unserer Gegend entdecken, beschlossen wir dorthin zu fahren.

Die Ratzinger Höhe ist ein Hügel am Chiemsee. Manch einer würde dazu schon Berg sagen, denn 694 Meter Höhe ist schon was. Aber im Gegensatz zu den sich dahinter auftürmenden Chiemgauer Alpen ist es tatsächlich nur ein Hügel.

Es gibt einen Wanderparkplatz von dem man in zehn Minuten Fußweg zur eigentlichen Ratzinger Höhe kommt. Von der mit großen Bäumen bewachsenen Kuppe kann man den ganzen Chiemsee überblicken. Unterhalb liegen die Ortschaften Rimsting und Prien etwas weiter nördlich liegt Bad Endorf.

Ich hatte aber noch ein anderes Ziel. Auf der anderen Seite des Hügels steht ein Aussichtsturm. Davon hatte ich Bilder gesehen und dort wollte ich hin. Nur führte kein direkter Weg vom Parkplatz dorthin. Stattdessen muss man etwa zwei Kilometer an der Straße entlanggehen, bis man über einen kleinen Feldweg endlich zum Turm kommt. Wer bitte macht denn sowas? Dabei ist der Turm vom Parkplatz Luftlinie etwa 500 Meter entfernt, dazwischen liegt ein kleines Wäldchen, was zum Wandern geradezu einlädt. Nur darf man das sowie die Weiden der Bauern drumherum nicht betreten.

Wir spazierten also an der Straße entlang zum Turm. Ständig überholten uns Autos, Motorräder und Traktoren. Wir waren nicht die einzigen, die dort hinwollten. Familien mit Kindern, ältere Leute und Wanderer waren mit uns unterwegs. Auf dem Feldweg, der von der Straße zum Turm führt, parkten Autos halb in der Wiese. Sie gehörten denjenigen, die eben nicht an der Straße laufen wollten und konnten und ihre Autos am Feldweg zum Turm abgestellt haben.

Ich war sauer. Da baut man schon einen Aussichtsturm und dann ist der so abgelegen, dass die wenigsten hin finden. Der Turm hat wegen seiner beachtlichen Größe sicher einiges an Geld gekostet, schade, dass er so schlecht erreichbar ist.

Die Aussicht ist allerdings grandios, auch wenn man den Chiemsee von dieser Seite des Hügels nicht sehen kann. Dafür sieht man den Simsee und die Kampenwand. Ich bin sogar bis zur dritten Etage hochgestiegen, obwohl ich unter Höhenangst leide. Bis ganz oben war ich aber nicht.

Unsichtbare Plagegeister

Ich rieche wie ein Kokosnuss …

… zumindest wenn ich ins Bett gehe. Seit dem es wieder warm ist, sind die Kriebelmücken bei uns wieder unterwegs. Die bevorzugen fließende Gewässer und weil bei uns der Bach in Sichtweite ist, verirren sie sich regelmäßig zu uns in die Wohnung. Das fiese an den Viechern ist: Man hört sie nicht und man sieht sie nicht. Nur anhand der Bisse, mit denen man am nächsten Morgen erwacht, weiß man, dass es sie gibt.

Seit Wochen wache also jeden Tag mit einer weiteren stark juckenden Pustel am Körper auf. Das sind gerötete runde Stellen von etwa einen Zentimeter Durchmesser, die obendrauf eine kleine Fleischwunde haben. Kriebelmücken stechen nicht, sie beißen und zwar vorwiegend in Körperpartien an denen die Haut weich ist. Also nicht in Arme und Beine, sondern auf den Rücken, am Bauch oder sogar mal an den Innenseiten der Oberschenkel. Meistens bekomme ich das erst mit, wenn es anfängt zu jucken. Die Bisse jucken dann fast zwei Wochen lang und sind geschwollen. Wenn Kleidung daran reibt, ist der Juckreiz fast nicht auszuhalten. Aber Kratzen macht es noch schlimmer.

Vergangenes Jahr war es so schlimm, dass ich sogar zur Hausärztin musste. Da hatte ich über zwanzig Bisse am Rücken. Ich sah aus wie ein Streuselkuchen. (Den Übeltäter haben wir übrigens im November tot an der Wand hinter dem Nachtschrank gefunden.) Die Ärztin hat mir damals eine Kortisonsalbe verschrieben, die ich jetzt immer draufschmiere. Das hilft aber nur marginal. Vor kurzem habe ich gelesen, dass Kriebelmücken kein Kokosöl mögen. Also creme ich mich jetzt jeden Abend vor dem Schlafengehen mit Kokosnuss-Bodylotion ein. Also entweder es lag an dem kalten Wetter oder es hilft tatsächlich, denn ich habe keine Bisse mehr, oder nur an Stellen, die ich nicht eingecremt habe.

Was ich nicht in Ordnung finde, ist, dass sie offensichtlich meinen Mann meiden. Der liegt neben mir und hatte noch nicht einen Biss. Kein Wunder, laut den neuesten Studien bevorzugen Kriebelmücken Menschen mit Blutgruppe 0 und B. A verschmähen sie. Drei mal dürft ihr raten, wer von uns Blutgruppe B und wer Blutgruppe A hat.