… zu haben, ist Fluch und Segen zugleich.
Gut riechen konnte ich schon immer, das gute »Näschen«, wie mein Mann immer sagt, habe ich von meinem Vater geerbt. Wir riechen Dinge bereits, wenn noch kein anderer vor uns sie wahrnimmt. Mein Mann ist jedes Mal fasziniert. Ich kann Menschen, die ich lange kenne, sogar am Geruch erkennen, wusste früher z. B. schon im Aufzug, ob die Kollegin oder der Kollege im Büro ist.
Schlecht ist ein ausgeprägter Geruchsinn dann, wenn die Bauern in der Gegend mal wieder zu viel Gülle übrig haben, oder das schmutzige Geschirr zu lange im Geschirrspüler stand. Aber auch, wenn der Sitznachbar in der Bahn unangenehme Gerüche verbreitet. So wie am Donnerstag. Das ging schon los, als ich in den EC gestiegen bin und ich mir in dem Wagon wie in einem Raucherabteil vorkam. Erst später registrierte ich, dass der Gestank nach kaltem Rauch von einer Gruppe Männer hinter mir ausging. Es war kaum zu ertragen.
Später platzierte sich noch ein Hühne vor mich. Ich meine, der war nicht nur groß, der war richtig groß und hatte Schultern, die rechts und links über den Sitz hinausragten. Das allein wäre nicht schlimm gewesen, wenn der Typ etwas mehr angehabt hätte, als ein Muskel-Shirt. So hatte ich ständig die unreine Haut seines stark behaarten Rückens vor Auge. Das das nicht appetitlich roch, kann sich jeder vorstellen. Ich habe mich ja die ganze Zeit gefragt, warum der Kerl nicht friert. Denn es war echt kalt draußen, es lag stellenweise sogar Schnee. Nun vielleicht war die Rückenbehaarung dicht genug, das er keine Kleidung gebraucht hat. Wer weiß.
Im ICE setzte sich dann jemand neben mich, der schon eine Bierflasche in den Händen hielt. Dem Geruch nach zu urteilen, war es nicht die erste an diesem Tag. Zwischenzeitlich »duftete« er auch noch nach Zigarettenrauch. Wenn der Zug nicht so voll gewesen wäre, hätte ich mich echt woanders hingesetzt. Aber so … hatte der Mann schließlich ein Einsehen mit mir und ging in den Speisewagen. Dort gab es wahrscheinlich mehr Bier.
Ich sag ja, ein guter Riecher hat Vor- und Nachteile, wie vieles andere im Leben auch. Man muss halt sehen, dass man das beste draus macht.