Pflegeinvestment

In der Zeit der niedrigen Zinsen treiben die Formen des Investment recht seltsame Blüten. Eine besonders fragwürdige Variante entdeckte ich vorgestern beim Besuch der hiesigen Sparkasse. Dort wurde für Zimmer in Pflegeheimen geworben, als Investition! Man kauft quasi ein Zimmer in einem Pflegeheim + anteiliger Nutzungsflächen, wie Speiseraum und Foyer. In diesem Fall waren es insgesamt 45 qm für 194.000 Euro. Nach dem Bau des Heimes wird es für zehn Jahre an einen Betreiber verpachtet und dem Käufer werden dabei Renditen von bis zu 7 Prozent versprochen.

Mir stand erstmal der Mund auf vor Erstaunen, und mir schossen augenblicklich zwei Fragen durch den Kopf. Wie kann so etwas erlaubt und möglich sein? Und gibt es tatsächlich Leute, die ihr Geld so anlegen? Wenn ich es nicht Schwarz auf Weiß gelesen hätte, hätte ich es nicht geglaubt. Alten- und Pflegeheime sind soziale Einrichtungen, die von mehr oder weniger sozialen Betreibern getragen werden. Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, wem die Immobilien gehören, in denen die Menschen betreut werden. Anscheinend ist das Investment privater Personen und Fonds seit vielen Jahren ein übliches Verfahren beim Bau von Alten- und Pflegeheimen.

Einerseits kann ich verstehen, dass die Betreiber der Heime die immer weiter steigenden Baukosten irgendwie finanzieren müssen, andererseits hat diese ganze Sache für mich einen schlechten Beigeschmack und zwar für beide Seiten. Die hohen Kaufpreise und die versprochenen Renditen fordern eine erhöhte Pacht vom Betreiber, der daraufhin die Kosten auf die Pflegebedürftigen umlegen wird – je mehr Pacht, desto höher die Pflegekosten. Andererseits wer sagt denn, wenn die Pachtverträge nach zehn Jahren verlängert werden, ob die Renditen weiterhin so gut sind. Und was passiert, wenn der Betreiber Insolvenz anmeldet und der neue Betreiber eine Renovierung fordert. Dann guckt man als Eigentümer eines Zimmers ganz schön dumm aus der Wäsche, denn die Renovierungskosten muss die Eigentümergemeinschaft zahlen. Die muss nicht nur gemeinsam die Renovierungen absegnen, sondern auch die Pachtverträge mit den neuen Trägern aushandeln. Im Fall eines mittelgroßen Pflegeheims müssten sich fünfzig bis hundert Besitzer einig werden. Wer schon mal bei einer Eigentümerversammlung war, weiß dass das ein Ding der Unmöglichkeit ist. Da sind Streitereien vorprogrammiert. Und was den Wiederverkaufswert einer solchen Sonderimmobilie angeht, glaube ich nicht, dass man sie wenige Jahre vor dem Ablauf des Pachtvertrages wieder los wird. Zumindest nicht ohne Wertverlust.

Hin wie Her. Ich finde es für beide Parteien ein schlechtes Geschäft, sowohl als Investition, als auch was die Fragwürdigkeit angeht, den Bau sozialer Einrichtungen auf die Schultern von Privatleuten zu stellen. Da gäbe es doch sicher bessere Alternativen.

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