Mit »Invasion der Zukunft« legt der Historiker Hans-Peter von Peschke ein ambitioniertes Sachbuch vor, das sich nicht nur mit der literarischen Seite der Science Fiction beschäftigt, sondern auch mit der Entwicklung, die sie durch Film, Fernsehen, Comics und Computerspiele erfahren hat. In zehn Kapiteln beleuchtet der Autor jede Ausprägung und jedes Thema, was irgendwann einmal in der Science Fiction angesprochen wurde. Das geht von Technologie, über utopische und dystopische Gesellschaften, Kriege, Invasionen, Roboter, Mutanten, Parallelwelten, Außerirdische bis hin zu Nazis im All. Großen SF-Phänomenen wie PERRY RHODAN oder STAR TREK widmet er ganze Kapitel. Seine Aufzählung an Büchern, Geschichten, Filmen und Serien ist umfassend und beeindruckend. Im Anhang sind alle erwähnten Werke nochmals Alphabetisch aufgelistet. An dieser Stelle hätte ich mir noch eine Indizierung gewünscht, so dass man gezielt nach dem Werk im Buch hätte suchen können.
In den einzelnen Kapiteln fasst Hans-Peter Peschke die Inhalte der Bücher, Filmen und Serien zusammen und verdeutlicht wie unterschiedlich Autoren und Filmemacher an das jeweilige Thema herangegangen sind. Das alles geschieht in großer Ausführlichkeit, und ist aufgrund von Überschneidungen zwischen den Kapiteln oftmals redundant. Da hätte man durchaus kürzend eingreifen und den Text straffen können.
Der Autor und Historiker spart nicht an Kritik, wenn es um die zunehmende Vermischung fremder Genres mit der Science Fiction geht, auch die Military-SF und die rechtslastige Literatur der Szene, wird von ihm kritisch unter die Lupe genommen. Für die Zerrissenheit des Fandom findet er ebenfalls deutliche Worte.
Mir gefielen die Absätze im Buch am besten, in denen er eigenständige Gedanken und Thesen anbringt. Davon hätte ich mir mehr gewünscht. Vielleicht sogar in der Form, die der Autor bei seinem Vortrag beim Geburtstagsstammtisch in München präsentiert hat. Weniger spannend fand ich die endlosen Handlungszusammenfassungen von Büchern, Filmen oder Serien, von denen ich vieles schon kannte. Aus diesen Kapiteln nimmt man als eingefleischter SF-Fan wenig Neues mit. So gesehen richtet sich »Invasion der Zukunft« vor allem an Neulinge und Gelegenheitsleser von phantastischer Literatur. Kundige SF-Fans könnten schnell gelangweilt sein.
An den Stellen an denen er mit Zitaten arbeitet, scheinen diese meist aus der Erinnerung geschrieben, nur so erkläre ich mir die Ungenauigkeiten, die sich eingeschlichen haben. Bei einer Betrachtung über Roboter, zitiert er den Dialog zwischen C-3PO zu R2-D2, während sie in der Wüste von Tatooine auf der Suche nach Obi Wan Kenobi sind. So sagt C-3PO zu R2-D2: »Anakin Skywalker hatte dir einige Extras spendiert …« Leider ist dass nicht richtig, denn in Episode III wurde der Speicher des Protokolldroiden gelöscht. Er kann sich also gar nicht mehr an Anakin Skywalker erinnern.
Ich habe auch einige peinliche Fehler gefunden, die dem Lektorat unbedingt hätten auffallen müssen. So heißt der Begründer von STAR TREK Gene Roddenberry und nicht Roddenburry (Da es zwei Mal hintereinander falsch geschrieben wurde, kann es sich nicht um einen Tippfehler handeln.), und der Steuermann der Enterprise trägt den Namen Hikaru Sulu und nicht Solo. Das sind nur ein paar Beispiele, die mir negativ aufgestoßen sind.
Das man nicht alles, was irgendwann unter dem Label Science Fiction veröffentlicht wurde, auflisten kann, ist verständlich. Dennoch habe ich einige meiner persönlichen Favoriten in der Fülle der aufgezählten Werke vermisst. So wurde Arthur C. Clarks Meisterwerk »Die Stadt und die Sterne« genauso wenig erwähnt, wie die Spin-Trilogie von Robert Charles Wilson, die meines Erachtens eine der originellsten Ideen in der Science Fiction in den letzten Jahrzehnten darstellt. In der Sparte Film fehlte neben Carl Sagans »Contact« als Beispiel gelungener Hard-SF auch die Mutter aller modernen SF-Serien, nämlich »Forbidden Planet« (dt. »Alarm im Weltall«) von 1956, der einige grundlegende Rahmenbedingungen für zukünftige Produktionen festlegte. Auch ein Klassiker wie »Logans Run« (dt. »Flucht ins 23. Jahrhundert«) fehlte. Von den utopischen Autoren des Ostblocks wird nur Stanislaw Lem näher erwähnt und dann auch nur mit »Solaris« und nicht mit seinem bekanntesten Werk »Der futurologische Kongreß«, in dem es sich um die Beeinflussung der Gesellschaft durch Drogen und Medikamente dreht.
Dennoch hält das Sachbuch genügend Informationen bereit und kann durch historische Zusammenhänge überzeugen. Für jeden SF-Neuling, der einen fast vollständigen Überblick über die Science Fiction bekommen möchte, ist »Invasion der Zukunft« ein unbedingtes Muss. Nirgendwo sonst bekommt man eine so medienübergreifende Aufzählung, die sowohl Literatur & Comic, als auch Film, Fernsehen und Computerspiele abdeckt und unterhaltsam und pointiert geschrieben ist. Eingefleischte Science Fiction Experten finden dagegen nur wenig Neues. Für sie wäre das Buch wertvoller, wenn es ein Register hätte, anhand dem man Gesuchtes nachschlagen könnte.
»Invasion der Zukunft« erschien im Theiss Verlag, umfasst 320 Seiten und ist im Buchhandel und bei allen Onlinehändlern erhältlich.