Schon gehört, in Bayern muss die Landesgartenschau für 2022 neu ausgeschrieben werden. Daran Schuld sind mal wieder die Traunsteiner. Die gewannen die letzte Ausschreibung. Die Stadt kaufte schon mal Grundstücke und investierte Geld in die Organisation. Doch dann meldeten plötzlich die Bürger Bedenken an. Dieselben Bürger übrigens, die sich schon gegen die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2022 auflehnten. Die Argumente waren klar, so ein Event kostet Geld und könnte die Stadt in Schulden stürzen. (In einem Landkreis mit Vollbeschäftigung, der zum großen Teil vom Tourismus abhängig ist.) Also wurden fleißig Unterschriften gesammelt und ein Bürgerentscheid einberufen. Dessen Ergebnis war deutlich. Über sechzig Prozent lehnten eine Landesgartenschau in Traunstein ab. (Bei den Olympischen Spielen waren es vor ein paar Jahren vierundsechzig Prozent die ablehnten.)
Die Konsequenz aus der Geschichte: Die Stadt musste die Gartenschau zurückgeben und hockt nun auf einem Schuldenberg von zirka 900.000 Euro. Nur durch einen glücklichen Passus im Vertrag kommt sie an einer deftigen Strafzahlung vorbei.
Ich fragte mich schon bei der Bewerbung, was das sollte. Die Olympiade wollten sie nicht, aber die Landesgartenschau? Für die Olympiade hätte es Geld vom Bund gegeben und vor allem wäre einiges in die marode Infrastruktur geflossen. In den Ausbau der A8, der schon seit Jahrzehnten nicht vorangeht, oder in einen anständigen Bahnhof. Wer einmal in Traunstein aus dem Zug gestiegen (»gefallen«) ist, wird mir das bestätigen. Auch für die Landesgartenschau war einiges in diese Richtung geplant, aber die lieben Bürger haben anders entschieden.
So bleibt alles beim Alten, bis es so marode ist, dass man richtig viel Geld (diesmal aus eigener Tasche) investieren muss. Zuvor jedoch bleiben die Touristen aus und die jungen Leute ziehen weg, weil die Stadt nicht mehr attraktiv ist. Hauptsache man hält sich an Traditionen fest und lehnt jede Neuerung ab, ohne in die Zukunft zu blicken. Aus diesem Grund halte ich Bürgerentscheide nicht für das Maß aller Dinge, weil vielen Menschen die Zusammenhänge und das visionäre Denken fehlt. Die meisten haben nur Angst um ihr Geld. Aber um etwas neues zu schaffen, muss man zwangsläufig Geld in die Hand nehmen. Das mag im Augenblick weh tun, zahlt sich aber in der Zukunft auf irgendeine Art und Weise aus. München wäre heute zum Beispiel nicht die Stadt, die sie ist, wenn es nicht die Olympischen Spiele gegeben hätte.
Übrigens: Wenn ich hätte abstimmen dürfen (es wurden ja nur die Traunsteiner befragt), dann hätte ich mit »Nein« gestimmt. Aber nur aus Trotz, weil die Traunsteiner damals die Olympischen Spiele verhindert haben. Sie wollten Olympia nicht, dann brauchen sie auch keine Gartenschau. Nun ist es tatsächlich so gekommen.
Die Ablehnung von Olympischen Spielen kann ich verstehen. So was pusht zwar über Jahre die Landesbekanntheit und damit sicher auch den Tourismus, aber regional bleibt man jahrzehntelang auf kaum ausgelasteten, langsam vor sich hin gammelnden Sportbauten sitzen.
Aber die Gartenschau – das versteh ich nicht. Wenn man nicht arg viele Touristen anziehen möchte, kann man so ein Projekt auch klein und fein und trotzdem finanziell nutzbringend halten. Im Früjahr Blumengartenschau, im Sommer Sommerfest, im Herbst Laternenfest und im Winter Eisskulpturenpark. Auf einem Gartenschau-Areal könnte man sicher das ganze Jahr was machen und das wäre was für alle Leute, nicht nur für Sportler.
Verstehe ich also wirklich nicht, aber wer weiß, vielleicht sind die Traunsteiner auch bloß größtenteils allergisch auf Blumen. o.ô
Gefühlt besteht unser Land nur noch aus besorgten Wutbürgern, die gegen alles, aber für nichts mehr sind. Die sich in ihre Unzufriedenheit legen, auf höchstem Niveau jammern, und sich noch freuen, wenn ihre negativen Prognosen eintreffen.
Spaß macht das alles bald keinen mehr.