
PERRY RHODAN NEO Band 353 – »Das Zwottertracht-Paradoxon« von Olaf Brill
Nach ihrer Ankunft am Sonnentransmitter von Sher 25, macht sich Carembroich heimlich aus dem Staub, zurück lässt er seine beiden Koffer. Perry Rhodan und seine Begleiter werden eher unfreundlich von den Bewohnern des Planeten Zwottertracht empfangen. Den Zwottern, die sich mit den Vincranern den Planeten teilen, unterliegt die Bedienung des Sonnentransmitters, doch sie lassen die MAGELLAN erst einmal in einem Orbit parken und verbeten sich jeden weiteren Kontakt.
Viele andere Bewohner des Planeten allerdings nutzen die Gelegenheit und schauen sich das terranische Schiff an. Wie Mücken umschwärmen sie den Kugelriesen, bis es einem gelingt, mit seinem Ein-Mann-Raumboot an Bord zu gelangen. Der Vincraner wird von Gucky und den anderen Mutanten gejagt und festgesetzt. Doch der junge Vincraner verhält sich merkwürdig, immer wieder bricht sein Kreislauf zusammen und schließlich gelingt es ihm wieder von der Krankenstation zu fliehen. Als er sich am Antrieb einer Dragonfly vergeht, verwandelt er sich plötzlich in einen Zwotter.
Rhodan schickt derweil Roi Danton in einer seiner perfekten Pseudo-Variablen Konkonmasken mit dem kleinen Raumboot des Vincraners nach Zwottertracht, damit er dort Informationen sammeln kann. Dem Franzosen in der Hülle eines Vario 500 gefällt die Lebensweise der Vincraner und Zwotter. Er begegnet den beiden Spezies offen und freundlich und lernt sogar eine junge Vincranerin näher kennen als es der Expeditionsleiter Perry Rhodan beabsichtig hatte. Nach und nach erfährt Roi, dass die Vincraner sich in Zwotter verwandeln und auch wieder zurückverwandeln können. Seit dem Exodus der Liduuri haben sie in einer Art Traumrealität verbracht, bis die Hamamesch über den Sonnentransmitter in die Milchstraße eingefallen sind. Sie haben dabei nicht nur die Vincraner zutiefst verstört, sondern auch noch den Sonnentransmitter beschädigt.
Das entdecken auch Perry Rhodan und die Crew der MAGELLAN, als sie ein Trümmerteil eines Kontors der Hamamesch bergen. In dem finden sie einen Toten, der zwar wie ein Hamamesch aussieht aber keiner ist. Rhodan kontaktiert die Zwotter und bietet ihnen Hilfe bei der Reparatur des Sonnentransmitters an. Doch erst als Roi Danton das spirituelle Oberhaupt der Zwotter und Vincraner davon überzeugen kann, dass die Menschen wirklich helfen wollen, lassen die Zwotter zu, dass Rhodan mit den Paddlern auf Zwottertracht landen dürfen. Bei der Reparatur stellen sie fest, das ein Teil des Transmitter fehlt. Dieses eine Teil steckt in einem der Koffer von Carembroich. Es handelt sich um einen Ast aus einem Transmitterwald, das sich perfekt in die Apparatur des Sonnentransmitters einfügt und zum Funktionieren bringt. Aber wie kommt ein Ast aus einem Transmitterwald in einen Sonnentransmitter, der einst von den Memetern gebaut wurde, als es noch keine Transmitterwälder gab? Das ist das Zwottertracht-Paradoxon.
Das spirituelle Oberhaupt der Zwotter und Vincraner bittet Roi Danton seinen Platz einzunehmen, bevor der uralte Zwotter in Rois Armen stirbt. Roi beschließt auf Zwottertracht zu bleiben, während die MAGELLAN ihre Reise nach M33 antritt.
So bunt wie das Titelbild präsentiert sich auch der Roman. Der überwältigende Weltenbau nimmt mich als Leserin komplett gefangen. Staunend folge ich Roi Danton über und unter die Oberfläche von Zwottertracht, hinein in eine ungewöhnliche Kultur voller exotischer Wunder. Lange lasse ich mich von Olaf Brill an der Nase herumführen, weil ich denke, die Verwandlung von Vincraner in Zwotter und zurück wäre das Paradoxon, bis sich am Ende herausstellt, es ist ein Bauteil des Sonnentransmitters und dessen paradoxe Herkunft.
Dabei fing der Roman gar nicht so gut an. Carembroich macht sich einfach aus dem Staub und ich war entsprechend sauer, dass man Rainer Schorms letzte Figur, die er so liebevoll charakterisiert hat, einfach entsorgte. Irgendwie passte das nicht zum Charakter, aber sonst hätte die Geschichte nicht funktioniert. Dafür rollt Olaf Brill seiner Lieblingsfigur Roi Danton nochmal den roten Teppich aus und schenkt ihm am Ende auch noch ein Happy End mit einer netten Partnerin. Das kommt überraschend, ist aber eine Lösung, mit der ich gut leben kann.
Ein bisschen Out-of-Charakter sind die Paddler dargestellt. Die Jugendlichen, die man vor der Reise von einer Paddlerplattform an Bord genommen hatte, führen sich ein bisschen zu selbstbewusst auf. Waren sie bei ihrer Ankunft auf dem Chef eher introvertierte Nerds, kommen sie nun großspurig und arrogant daher. Außerdem war mir nicht bewusst, das Paddler Sonnentransmitter reparieren können. Vielleicht haben die Paddler einst in Andromeda damit Erfahrung sammeln können, ja. Aber die drei Jungspunde … Nein, das glaube ich nicht.
Bei einem anderen Detail musste ich mit dem Kopf schütteln. Warum müssen die bei PERRY RHODAN immer landen? Die MAGELLAN hat einen Durchmesser von beinahe drei Kilometer – warum sollte ein so großes Schiff auf einem Planeten landen? Allein die Masse wieder in den Orbit zu befördern, kostet Unmengen an Energie. Die Schäden, die bei Start und Landung in der planetaren Atmosphäre verursacht werden, sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Das größte Problem ist jedoch die Statik, ein solches Schiff würde bei Erdgravitation praktisch in sich zusammenbrechen. Mal davon abgesehen: In diesem besonderen Fall ist eine Landung auch noch völlig unsinnig. Was hat man davon – die Leser beeindrucken oder die Vincraner noch mehr verstören? Da hätte die Landung mit einem Beiboot oder mit mehreren Space Disks ausgereicht.
Man merkt dem Autor seinen cineastischen Hintergrund an. Die Szenen sind so beschrieben, als würde man sie für einem Film inszenieren. Da wird mit Beleuchtung und Schatten gearbeitet, da werden Bilder vor den Augen des Lesers lebendig und Bewegungen folgen einer Choreografie. Kai Hirdt beherrschte diese Art des Schreibens in seinen NEO-Romanen nahezu perfekt und ich vermisse seine Arbeit für NEO. Olaf Brill macht sich an, in Kais Fußstapfen zu treten.
»Das Zwottertracht-Paradoxon« erzählt mit viel Sense of Wonder den Abschied von Roi Danton. Doch da er durch seinen Robotkörper fast unsterblich ist, könnte er jederzeit zurückkehren.