Vergangenes Wochenende hatte ich mal wieder viel Spaß mit der Deutschen Bahn.
Am Freitag war mein Karma miserabel. Das ging schon so los, dass meine Zugverbindung schon vor Wochen gecancelt wurde. Ich suchte mir also eine Neue, doch als ich am Freitag morgen 6 Uhr relativ kurzfristig zum Bahnhof kam, war noch keine Regionalbahn (RB) bereitgestellt worden. Ich entschied, mit dem IC zu fahren, obwohl die RB wenige Minuten zuvor endlich abgefahren war. Der IC würde die RB auf der Strecke überholen, und so war es auch. Allerdings ergab sich daraus eine Verspätung von 15 Minuten und dann gab es auch noch eine Signalstörung bei Rosenheim, weswegen der ICE in München ohne mich abfuhr.
Ich suchte mir also eine neue Verbindung raus und musste feststellen, dass der nächste ICE nach Nürnberg erst eine Stunde später fuhr (Regionalbahnen fuhren gar nicht). Ich wartete also eine Stunde am Münchner Hbf. Zumindest fuhr dann der ICE pünktlich ab und kam auch pünktlich an.
Als ich aber in Nürnberg ans Gleis kam, von dem mein Anschluss-IC fahren sollte, stand der nicht in der Anzeige. Zum Glück hat man sein Smartphone, ohne das Zugfahren überhaupt nicht mehr möglich ist, und siehe da; der IC fiel aus, ebenso wie der RE mit dem ich normalerweise fahre. Schuld waren Bauarbeiten am Gleis in Nürnberg und ein Stellwerksausfall bei Bamberg.
Laut Fahrplan sollte zehn Minuten später eine RB nach Coburg abfahren. Am Gleis hatten sich schon hunderte Leute versammelt, aber nachdem sich zwanzig Minuten später immer noch nichts getan hatte, es keine Durchsage gab und sich auch keine Bahnbeamten blicken ließen, beschloss ich mit dem nächsten ICE nach Erfurt zu fahren. Der stand auch schon bereit und ich stieg ein. Er fuhr dann auch relativ pünktlich ab. Doch als ich aus dem Fenster sah, kam mir die Gegend reichlich unbekannt vor. Der Blick ins Smartphone offenbarte, die Strecke nach Bamberg war komplett gesperrt und der Zug wurde über Würzburg und Schweinfurt umgeleitet. Die Durchsage zur Umleitung kam allerdings erst, als wir eine geschlagene halbe Stunde in Rottendorf bei Würzburg auf dem Bahnhof warten mussten.
Nach einem weiteren Zwischenstopp in Coburg kam der ICE mit 111 Minuten Verspätung endlich in Erfurt an, wo ich dann wieder fast eine Stunde warten musste, weil die RB nach Saalfeld gerade abgefahren war. Inzwischen war es 14 Uhr. Als ich endlich in Saalfeld ankam, war es 16 Uhr und ich zehn Stunden unterwegs. Für eine Strecke, die ich mit der Bahn schon mal in viereinhalb Stunden gefahren bin und für die ich normalerweise fünf bis sechs Stunden brauche.
Ist ja schön, das die Deutsche Bahn uns Bahnfahrern mehr Kilometer zum gleichen Preis spendiert, aber mir wäre es lieber, wenn ich nicht stundenlang in Zügen (ohne funktionierendes WC oder Klimaanlage) und an Bahnhöfen verbringen müsste. Ich kann verstehen, dass es inzwischen Leute gibt, die Angst haben mit der Deutschen Bahn zu fahren.
Übrigens, die Stellwerksstörung dauerte bis zum Samstagnachmittag. Erst dann lief der Verkehr langsam wieder an. Am Montag hat es auf der Rückfahrt einigermaßen geklappt. Ich war knapp sechs Stunden unterwegs und habe dabei noch zwei Shoppingtouren am Nürnberger und Münchner Hbf einlegen können.
Der alltägliche Bahn-Wahnsinn. Ich freue mich schon auf die nächsten Wochen. Ab heute Abend ist Bielefeld wegen Bauarbeiten praktisch gar nicht mehr mit dem Fernverkehr erreichbar. Ich muss über Osnabrück oder Hannover ausweichen und via Schnellstrecke fahren, was pro Fahrt ca. 80 Euro kostet – also 30 Euro mehr als die normale Strecke. Das ist mir aber immer noch lieber, als mich ins Chaos des Schienenersatzverkehrs zu stürzen oder gar mit dem Auto zu fahren!
Man soll ja immer das Positive sehen: Solche Abenteuer geben wenigstens noch Stoff für einen schönen Bericht wie diesen hier ab. Mein eigenes neustes Bahn-Abenteuer veröffentliche ich im nächsten INTRA des ACD :-).
„Positiv“ ist auch: Wenn ich mehr bezahlen muss, ist auch die Erstattung höher, die mir bei den unvermeidlichen großen Verspätungen zusteht. Bei der ersten Fahrt nach Baubeginn ging’s gleich los: Der Zug ab Bielefeld fiel aus, der ab Osnabrück hatte eine Stunde Verspätung. 25 Prozent kriege ich zurück, womit ich den Mehrpreis schon fast wieder raus habe :)
Und da die Entschädigung auf die Summe von Hin- und Rückfahrt berechnet wird, habe ich von meiner Hinfahrt letzten mehr zurück erstattet bekommen als sie gekostet hat.
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit als man in Deutschland gerne die Nase gerümpft hat über „rückständige“ Schwellenländer, in der die Bahn mal kommt oder auch nicht und Verspätungen eher die Regel als die Ausnahme sind.
Leider ist Deutschland mittlerweile auf diese Stufe zurückgefallen und bessere Aussichten gibt es leider wirklich nicht. Im Gegenteil. Wenn ich jetzt lese, dass die DB Cargo ja gerne mehr Material auf der Schiene transportieren würde, runter von der Autobahn, was ökologisch absolut sinnvoll ist. Dann frage ich mich aber, auf welchen Trassen sollen diese Gütertransfers stattfinden? Und passt dann der ÖPNV da überhaupt noch ins System. Es ist bei uns jetzt schon so, dass Güterverkehr oft Vorrang erhält und dadurch den S-Bahn-Verkehr in Dauerschleife zur Verspätung zwingt…..