Bürokratie für den Bürger

So langsam naht das Datum, an dem alle Grundstücks- und Hauseigentümer ihre Grundsteuererklärung abgeben müssen. Mein Mann hatte die für unsere Wohnung bereits im Sommer erledigt. Das ging relativ einfach, daher machte ich mir auch keine großen Sorgen über die Grundsteuererklärung meiner Eltern. Nun ja, am Ende war ich reichlich genervt, denn es lief überhaupt nicht so glatt wie gedacht.

Zum einen musste ich für meine Mutter erst einmal einen ELSTER-Zugang beantragen. Offenbar gehen die Finanzämter davon aus, dass eine 82-jährige a) einen Computer hat, b) dazu in der Lage ist, sich anzumelden oder c) jemanden hat, der das für sie macht. Ich merke an: Es gibt viele alte Leute da draußen, die niemanden haben und die damit völlig überfordert sind. Ich erklärte meiner Mutter also, dass sie Post von ELSTER bekommt, und dass sie mir die Kuverts vor den Computer in meinem Arbeitszimmer ablegen soll. Da ich nicht so oft in Saalfeld bin, kam ich natürlich erst spät dazu, sie online anmelden zu wollen.

Und siehe da, es funktionierte nicht. Beim Hochladen und Aktivieren der Zertifikatsdatei bekam ich immer wieder eine Fehlermeldung.  Ich googelte also erst einmal, was die Fehlermeldung »Clientfehler 405 – Leider ist ein Fehler aufgetreten: Die von Ihnen gestellte Anfrage ist unvollständig oder fehlerhaft und kann daher nicht bearbeitet werden.« bedeutet. Nach einer Ewigkeit wurde ich fündig. Mein Browser ist zu alt. Ich habe daheim meinen alten iMac stehen, der mir bisher gute Dienste geleistet hat. Nun wird das Safari offenbar nicht mehr aktualisiert, also versuchte ich es mit Firefox, aber es ging trotz Aktualisierung nicht. Nach drei Mal falsch Eingeben ist ja der per Post gesendete Code bei ELSTER üblicherweise gesperrt. Und man muss einen neuen beantragen. Ich fragte mich: würde das bei der Fehlermeldung auch so sein? Frustriert packte ich die Sachen in meinen Koffer und beschloss, es in Waging am neueren Computer zu erledigen.

Eines vorweg: Meine Sorge war unberechtigt, die Aktivierung der Zertifikatsdatei ging mit dem neueren iMac problemlos. Die Fehlermeldung hat offenbar keinen Einfluss auf die Anzahl der Eingabeversuche. Ich konnte das ELSTER-Konto für meine Mutter erfolgreich aktivieren.

Nun machte ich mich an die tatsächliche Grundsteuererklärung. Das erste was mir auffiel, fast jedes Bundesland kocht sein eigenes Süppchen. In Bayern funktioniert es anders als in Thüringen. Verglichen, mit dem, was mein Mann eingeben musste, ist es in Thüringen tatsächlich um einiges komplizierter. Dass ich mehrere Grundstücke einzutragen hatte, vereinfachte die Sache natürlich nicht. Ich wühlte mich also durch die Formulare, überlegte bisweilen, was die von mir wollen und schaute in der Karte vom »Grundsteuer Viewer Thüringen« welche Größe das Grundstück hat und welchen Bodenrichtwert ich eintragen muss.

Hier stoßen wir auf das Kernproblem dieser ganzen Geschichte und weswegen es mich so aufregt. Offenbar liegen diese Daten den Behörden schon vor. Ist ja logisch: wofür gibt es letztendlich ein Grundbuchamt, wo man für viel Geld, etwas ein- oder austragen lassen muss. Könnte man das nicht mit den Daten der Finanzämter verknüpfen? Irgendwann muss das doch mal gemacht worden sein, denn sonst wüssten die ja nicht, welche Grundstücke meine Eltern besitzen. Witzigerweise beantwortete mir ausgerechnet die Online-Karte aus dem Viewer die Fragen aus dem Formular, z. B. wie viele Quadratmeter des Grundstücks bebaut sind. Das hätte ich selbst nur schätzen können. Aber da stand es schon schwarz auf weiß auf dem Monitor. Warum zur Hölle muss ich das also nochmal eintragen, wenn die Info bekannt ist?

Einen kompletten Vormittag (von 8 Uhr bis 12 Uhr) meines Urlaubs verbrachte ich mit der Grundsteuererklärung. Immer wenn ich dachte, ich hätte alles ausgefüllt und es wegschicken wollte, bekam ich eine Fehlermeldung, weil irgendwo was falsch oder nicht ausgefüllt war. Wie bitte soll ich die Bebauung eines Wochenendgrundstück bezeichnen, wenn es weder Bungalow noch Ferienhaus oder Gartenhütte in der Auswahl gibt. Einfach einen Text reinschreiben kann man nicht, nur etwas Auswählen und Zahlen eingeben. Ich war echt genervt. Irgendwie habe ich es am Ende doch so hinbekommen, dass ich es absenden konnte. Ob es alles richtig ist … Keine Ahnung!

Meine Meinung: Diese Grundsteuererklärung ist ein Witz. Es ist im Grunde genommen nur ein Abwälzen von Arbeit auf die Grundstücksbesitzer und ihre Angehörigen. Ein Finanzbeamter, der das täglich macht, wäre hundert Mal schneller fertig gewesen. Also entweder haben die in den Ämtern so viele Stellen abgebaut, dass sie nun keine Leute mehr haben, oder die Beamten sind im Homeoffice einfach noch fauler geworden, als sie ohnehin schon waren. Ich weiß es nicht, aber das Ganze ist für mich eine Farce. Das grenzt schon an Schikane. Was machen denn die vielen alten Leute, die keinen Computer und keine Kinder haben? Die müssen Wohl oder Übel zum Steuerberater, die sich daran wieder dumm und dämlich verdienen.

Zumindest war das ELSTER-Portal nicht überlastet. Dies war ja zu Beginn ein massives Problem. Ich sag nur: Deutschland Deine Ämter. Bürokratie trifft auf miserable Infrastruktur und heruntergewirtschaftete Ämter, denen das geeignete Personal fehlt. Ich sehe Schwarz für die Zukunft, denn das ist nur die Spitze des Eisbergs … aber darüber rede ich nächstes Mal.

7 thoughts on “Bürokratie für den Bürger

  1. Ich bin Steuerberater und kann nur sagen: das ganze ist eine Frechheit vom Staat. Zum einen liegen die meisten erhobenen Daten bereits vor, zum zweiten ist die Frist unverschämt kurz bemessen (v.a. wenn man bedenkt, dass die FA dann bis 31.12.2024 Zeit haben – die neue Grundsteuer wird erstmals zum 1.1.2025 erhoben), und zum dritten ist es ein tolles Beispiel, warum Föderalismus im Steuerrecht Mist ist.
    Übrigens, wir verdienen daran kaum Geld, haben aber viel Arbeit.

    1. Die unterschiedliche langen „Fristen“ liegen einfach daran, dass es sich, im weitesten Sinne, um einen 1:N-Beziehung handelt.

      Sprich ein Finanzamt muss 36 Mio. Anträge prüfen. Aber umgekehrt muss jeder Bürger i.d.R. nur einen Antrag ausfüllen. Da ist es ja nur logisch, dass das Amt länger braucht als der Bürger.

      Klar, ist das stark vereinfacht dargestellt. Aber es gibt garantiert deutlich weniger Sachbearbeiter als Antragsteller. Und ich wette, dass dem Antragsteller pro Antrag letztlich mehr Zeit verbleibt als dem einzelnen Sachbearbeiter für die Prüfung.

  2. Exakt meine Erfahrungen (siehe nächstes INTRA :-)). Die Daten sind alle vorhanden und können – zumindest in NRW – im Internet relativ einfach abgerufen werden. Ich habe drei Grundsteuererklärungen gemacht (für mich, meine Mutter und eine ältere Freundin) und mich jedes Mal geärgert.

  3. Was glaubst du, wie viele Informationen hier Rückläufer generieren? Schreiben an Leute, die gar nicht mehr leben, wo die Daten einfach falsch oder veraltet sind. Das dann automatisch von Amt zu Amt zu schieben wäre zwar einfach, aber würde das System nicht auf den aktuellen Stand bringen und deshalb noch mehr Unmut erzeugen

    Des Weiteren, ich habe etwas gelesen von 36 Millionen Anträgen. Wenn die jeder per Papier abgeben würde, das würde nie bearbeitet werden können. So hat man alles schon in elektronischer Form und kann sich vom Rechner die ungereimten Fälle automatisch herausziehen lassen. Es geht also einfach schneller. Was ja letztlich auch den Bürgern wieder zugutekommt.

    Des Weiteren ist es nicht so, als gäbe es nicht die Möglichkeit per Papier abzugeben. Zumindest in einigen Bundesländern funktioniert das sehr wohl.

    1. In Thüringen kann man leider nicht in Papierform abgeben, in Bayern wohl schon.

      Aber das ist nicht der Knackpunkt: Die Daten jedes einzelnen Grundstückbesitzers liegen bereits vor, nämlich auf den Grundbuchämtern. Die müssen auf dem aktuellen Stand sein und auch die bisherige Grundsteuer wurde ja bisher von jemandem bezahlt, der noch nicht gestorben oder umgezogen ist. So viele Rückläufer können es also gar nicht sein, bei denen die Daten nicht mehr stimmen. Wenn jemand gut darin ist, die Adressdaten aktuell zu halten, dann sind das die Finanzämter. Glaub mir, die wissen schon, wo sie ihr Geld herbekommen.
      Die Erhebung auf die Bürger abzuwälzen, löst das Problem nicht, weil z. B. viele durch Unwissenheit Fehler bei den Einträgen machen. (Ich hab viele Angaben einfach geschätzt, weil ich sie bei einem 600 Jahre alten Haus einfach nicht weiß.) Falsche Daten nützen auch niemandem.

  4. Wow, da bin ich ja doppelt froh, dass wir unser Elternhaus schon letztes Jahr verkauft haben… Hoffentlich haben die Ämter das auch mitgekriegt – vielleicht weiß aus Datenschutzgründen die eine Hand nicht, was die andere tut! :)

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