Hin und wieder sehe ich mir gern deutsche Filme an, denn mitunter sind sie besser als ihr Ruf und können überraschende Geschichten erzählen, so wie der Freitagsfilm vom 20.3.2015 in der ARD.
„Alleine war gestern“ ist eine Geschichte über fünf Freunde, die die Sechzig überschritten haben und gemeinsam in Köln eine WG gründen. Die schön gezeichneten Figuren sind sehr individuell: Da gibt es den Arzt, Philip, der Jahrzehnte in Afrika verbracht hat; die Psychologin, Ricarda, die sich aus ihrer Praxis zurückziehen, aber weiterhin über alles und jeden bestimmen möchte; der alternde Rocker, Harry, der mit Taxifahren das Geld verdient, was er auf der Rennbahn verzockt; die Teilzeit-Wurstverkäuferin, Uschi, die alle bekocht und als gute Seele alles zusammenhält und der introvertierte Witwer, Eckhard, der auch nach zwanzig Jahren den Grabstein seiner Frau aufbewahrt. Alle haben entweder keine Kinder oder kaum Kontakt zu ihnen.
Was als fröhliches Zusammenleben beginnt, endet nach nur ein paar Wochen, als Uschi einen Schlaganfall erleidet und fortan halbseitig gelähmt ist. Die Freunde stehen vor der Entscheidung sie in ein Heim abzuschieben oder sich selbst um sie zu kümmern. Das Urteil fällt für Uschi, wenn auch nicht einstimmig. Fortan kämpfen alle mit den Folgen: Die Altbauwohnung im dritten Stock ist nicht behindertengerecht, es gibt keinen Aufzug und jeder wird in seinen gewohnten Freiheiten eingeschränkt. Trotz intensiver Physiotherapie geht es mit Uschis Genesung nicht voran. Unweigerlich kommt es zu Streitigkeiten und die wahren Gesichter der Freunde treten zu Tage. Harry hat Probleme Verantwortung zu übernehmen, Ricarda versucht alles und jeden unter ihre Kontrolle zu bringen und Philip erklärt, dass er nur in die WG gezogen ist, um Ricarda nahe zu sein, weil er sie seit dreißig Jahren heimlich liebt. Aber auch Uschi hadert mit ihrem Schicksal, sie will den Freunden nicht zur Last fallen …
Die Geschichte wird sehr feinfühlig und realistisch, ohne jeden Kitsch erzählt. Den Schauspielern gelingt es, die Chemie zwischen den Freunden auf den Fernsehzuschauer zu transportieren und Emotionen zu wecken.
„Alleine war gestern“ ist ein toller Film übers älter werden bzw. übers alt sein. Ich hoffe nur, dass der Film auch sein angestrebtes Zielpublikum erreichen konnte. Meine Eltern waren nämlich nicht sonderlich an dem Streifen interessiert und haben lieber eine Musiksendung gesehen.