Im Schatten der Apokalypse

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 339 – »Die Stille kommt« von Rainer Schorm

Die Ortungsanlage Puma auf Pluto stellt eine Veränderung der Raum-Zeit fest, die sogenannte Drift stört nicht nur die Kommunikation im Solsystem, sondern auch die Raumschiffe können nicht mehr zuverlässig transitieren. Abraham Hesker wird mit seiner ROSINANTE losgeschickt, um die Regierung der Terranischen Union von den Vorkommnissen zu berichten.
Protektor Reginald Bull und die Crew der TERRANIA II stellen gleichzeitig fest, dass etwas Bedrohliches vor sich geht. Im Bereich von Sonne und Mond lässt Primat schwarze Objekte materialisieren, die die Erde bedrohen. Jeder Angriff der Flotte gegen die Objekte ist sinnlos. Zudem fallen nicht nur auf der Erde schwarze Schneeflocken aus potenzieller Materie vom Himmel. Der sogenannte Nachtregen setzt sich ähnlich vulkanischer Asche überall fest und droht bald alles zu bedecken. Sowohl auf den Raumschiffen als auch auf der Erdoberfläche werden Menschen von der Materie eingeschlossen und ersticken. Die Infrastruktur bricht zusammen und die Bewohner der Erde bleiben sich selbst überlassen. Nachdem Hesker ihm die Daten übermittelt hat, beschließt der Protektor mit der Flotte auf der Erde zu landen und jeden, der noch irgendwie lebt zu evakuieren. Doch nachdem sie zurück ins All gestartet sind, zerfallen die Objekte in Traumasche, die alles durchdringt und die Besatzung der Schiffe dem Wahnsinn anheimfallen lässt.
Auf der Erde steht die Konfrontation zwischen Perry Rhodan und Primat bevor. Der Junge hat es nach wie vor auf den Terraner abgesehen und nimmt auf niemanden Rücksicht. Thora wird von ihm genauso getötet, wie die beiden Garbeschianer, die sich aus dem Wrack der Unterseestation befreien konnten. Gucky kann Rhodan mit einer Teleportation kurzzeitig in Sicherheit bringen. Aber auch bei dem Zeitbrunnen auf dem Altiplano, wo die beiden nach einer kurzen Odyssee ankommen, ist Perry Rhodan nicht vor Primat sicher. Der Junge taucht am Zeitbrunnen auf und tötet beinahe den Mausbiber, als der sich gegen ihn stellt. Dann taucht bei Rhodan der stumme Sänger auf. Es ist Alaska Saedelaere, der Gucky in Sicherheit bringt und Rhodan bittet, ihm zu helfen ES aus Primat zu extrahieren. Mittels eines Fulgurits aus potenzieller Materie, dem Zeitbrunnen und Alaskas Waffe können sie Primat bezwingen und ES von den Catron-Splittern trennen. Die Reste von Primat und seine Traumasche werden in den Zeitbrunnen gesaugt. ES erklärt Rhodan, dass die Symaios – eine Neuordnung der Realität – begonnen hat, aber der Plan der Vollendung noch nicht beendet ist. Er und Alaska ermutigen Rhodan in den Zeitbrunnen zu steigen, dann kommt die Stille.

Uff! Das war der apokalyptischste Roman, den ich je gelesen habe. Rainer Schorm bescherte mir mit jedem Kapitel Gänsehaut, erzeugt mit dem von ihm beschriebenen Horror gleichfalls aber einen unwiderstehlichen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Man will unbedingt wissen, wie es weitergeht und ob es wirklich keine Hoffnung mehr gibt. Besonders wird das an den kurzen Blitzlicht-Kapiteln deutlich, in denen der Autor die Erlebnisse Normalsterblicher beschreibt. Die kleinen Leute, die der Apokalypse ahnungs- und hilflos gegenüberstehen, handeln zutiefst menschlich, in dem sie versuchen zu fliehen, sich zu verstecken oder aktiv zu kämpfen. Das ist einfühlsam geschrieben und einprägsam gleichzeitig.

Thora tot, die Erde verwüstet, viele ungewisse menschliche Schicksale, Reginald Bull und die Besatzungen der Flotte im Wahnsinn, ein verstummter NATHAN, Raum-Zeit-Veränderungen, die vermutlich nicht auf das Solsystem begrenzt sind, das ist schon harter Tobak. Ich frage mich, wie man da wieder herauskommen will. Es ist eine Zäsur für NEO und ein tiefer Einschnitt. Mit der »Neuordnung der Realität« ist alles möglich und bietet der NEO-Serie die Chance, sich vollständig von der Originalserie zu lösen, was ich gut und richtig finde. Da braucht es kein Namedropping mehr. Was mir als Leserin, die die Originalserie nicht so gut kennt, ohnehin meist nicht aufgefallen ist.

Wobei ich eigentlich nicht glaube, dass Rüdiger Schäfer seine Lieblingsfigur Thora so einfach sterben lässt. Ich vermute, die potenzielle Materie wird dafür sorgen, dass die Dinge in veränderter Form erhalten bleiben. Es könnte also passieren, dass Perry Rhodan, wenn er seiner Thora wieder begegnet einer völlig anderen Frau gegenübersteht. Das Gleiche gilt für die übrigen Charaktere, man wird sicher den einen oder anderen in der folgenden Staffel wiedersehen.

Ärgerlich waren an dem Roman eigentlich nur die vielen Fehler, wie fehlende Buchstaben und verstümmelte Sätze. Das Manuskript muss unter sehr großem Druck lektoriert worden sein, oder die Schlussredaktion ist personalbedingt ausgefallen. Anders kann ich mir eine solche Häufung von Tippfehlern nicht erklären.

»Die Stille kommt« ist etwas ganz Besonderes und mit großem Abstand der beste Finalroman aller NEO-Staffeln. Wenn die Serie an dieser Stelle zu Ende gegangen wäre, wäre ich nicht enttäuscht gewesen, denn es werden mit wenigen Sätzen viele Handlungsfäden zusammengeführt, ohne dass es sich konstruiert anfühlt. Man glaubt, es sei von Anfang an so geplant gewesen. Dafür verdienen die beiden Exposéautoren ein dickes Lob. Ein Lob geht auch an Dirk Schulz für das dynamische Titelbild.