Geschätzt statt gerechnet

Man kann nur hoffen, dass bei der Deutschen Bahn Vulkanier* arbeiten. Laut einem Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn werden die Fahrpläne inzwischen nicht mehr berechnet, sondern nur noch geschätzt. Zu viele Baustellen, zu viele Langsamfahrstrecken und zu viele andere Störungen, so dass ein ordentlicher Fahrplan nicht mehr möglich ist.

Ich hatte das schon länger vermutet. Vor allem, weil ich merke, wie meine Fahrten bei gleicher Strecke immer länger werden. In den Fahrplänen stecken so viele Zeitpolster, dass Züge mitunter früher ankommen und an Bahnhöfen warten müssen, bis die Abfahrtszeit erreicht ist. Andererseits bekomme ich weniger Verbindungen als früher angezeigt, wenn ich auf der Bahnseite danach suche. Verbindungen mit Umsteigezeiten unter zehn Minuten werden gar nicht mehr angezeigt. Es passt vieles nicht mehr zusammen.

Wie schlimm es tatsächlich um die Deutsche Bahn bestellt ist, kann man in einem Interview mit Arno Luik in der Berliner Zeitung lesen. Leider wurde der Artikel inzwischen hinter der Bezahlschranke versteckt. (Alternativ kann man das Interview mit Arno Luik aus den Deutschen Wirtschafts Nachrichten lesen, es werden über ähnliche Inhalte gesprochen.) Im Groben zusammengefasst spricht der Bahnexperte – von dem ich vor Jahren das Buch »Schaden in der Oberleitung« gelesen habe – davon, warum der Niedergang der Bahn erst jetzt so offensichtlich wird, obwohl der Keim des Untergangs schon von Ex-Bahnchef Helmut Mehdorn gelegt wurde.

Auszug:

– Das ist das Verrückteste an der ganzen Geschichte. Die Bahn ist für den Erhalt ihrer Infrastruktur verantwortlich. Die muss sie mit eigenen Mitteln pflegen. Wenn die Infrastruktur aber so kaputt ist, dass sie neu gebaut werden muss, dann springt der Staat, also der Steuerzahler ein. Er übernimmt die Kosten zu 100 Prozent. Sprich: Im eigenen ökonomischen Interesse hat die Bahn kein großes Interesse an dieser kostenintensiven Pflege ihrer Infrastruktur.

Und nun wird es komplett irre: Die Bahn übernimmt für diese Neubauten die Planungsaufsicht und bekommt dafür 18 bis 23 Prozent der Gesamtbaukosten. Die Bahn hat also ein Interesse daran, dass die Neubauten möglichst teuer werden. Das spült Geld in ihre Kasse. Im Klartext: Die Bahn verdient an ihrem Zerfall.

– Seit Jahren fallen jährlich über 100.000 Züge aus. Die Pünktlichkeitsquote der Bahn liegt momentan knapp über 50 Prozent, das ist einzigartig in Westeuropa. Aber diese Quote sagt wenig aus. Denn Bahnchef Lutz erklärte vor einiger Zeit, dass „Züge, die nicht losfahren, auch nicht zu spät ankommen können“. Zugausfälle tauchen also in der Verspätungsstatistik gar nicht auf.

– Die Bahn hat damals ein geschätztes Vermögen von 180 Milliarden Euro, mindestens, und Mehdorn wollte sie für acht Milliarden an dubiose Investoren verkaufen. Im Klartext: Er wollte Volkseigentum verscherbeln, für den angestrebten Börsengang.

– Er hat, mit der Staatskasse im Hintergrund, die Deutsche Bahn radikal so umgebaut, dass sie keine Deutsche Bahn mehr ist. Früher hat die Bahn über 90 Prozent ihrer Geschäfte in Deutschland mit dem Zugfahren gemacht. Mehdorn hat sie zu einem global agierenden Logistikkonzern transformiert. … Diese Milliarden fehlten hierzulande bei der nötigen Pflege der Infrastruktur, der Schienen, der Bahnhöfe.

– Die Signalanlagen und Stellwerke sind veraltet. Die Brücken sind veraltet. Da seit zu vielen Jahren faktisch und sträflich deinvestiert wurde, ist nahezu alles marode. Dieser Zerfall wurde auch dadurch verschleiert, dass die Bahn Puffer in ihre Fahrpläne eingebaut hat. Das heißt, man fährt länger als früher, kommt aber laut Fahrplan trotzdem pünktlich an. Ungefähr 1000 Langsamfahrstrecken sorgen derzeit dafür, dass Züge an vielen Stellen nur noch langsam dahinschleichen können. Da müssen ICEs, die mit Tempo 200 angebraust kommen, auf 60 oder 40 Kilometer runterbremsen.

Quelle: Berliner Zeitung

Interessant ist auch folgende Information. Seit den 1990er Jahren hat die Bahn ungefähr zwanzig Prozent ihres Schienennetzes stillgelegt. Das bedeutet eine Verdichtung des Verkehrs und dadurch auch mehr Verschleiß. Luik stellt die Frage, was passieren würde, würde wenn man zwanzig Prozent des Autobahnnetzes stilllegen – richtig, das gleiche Chaos, was man jetzt bei der Bahn sehen kann.

Es wird aber noch paranoider, wenn demnächst die Trassennutzungsgebühr steigt. Die DB-Töchter (inzwischen ca. 800 Firmen) wie DB-Cargo und DB-Regio müssen ebenfalls diese erhöhten Kosten zahlen. Die Konsequenz daraus wird sein – das Ende des Nahverkehrs. Strecken, die jetzt schon nur bedingt rentabel sind, werden wegfallen, die Preise für Zugtickets ins Unermessliche steigen, woraufhin noch weniger Leute mit der Bahn fahren werden und noch weniger Geld generiert wird. Ein Teufelskreis.

Ich glaube inzwischen, dass es irgendwann damit enden wird, das wir bald gar nicht mehr mit dem Zug fahren werden. Erstens, weil es kaum noch Züge geben wird, die fahren und Zweitens, weil wir es uns nicht mehr leisten können. So wie es aussieht, wird der Zeitpunkt eher früher als später kommen.

Der klimafreundliche Umbau unserer Infrastruktur, wie von der Ampelregierung versprochen, rückt damit in weite Ferne. Trotz Deutschlandticket haben sie an dem Dilemma zumindest eine Teilschuld.

*Spock schätzt in Star Trek IV die Daten des Raumschiffes für eine Rückkehr aus der Vergangenheit in die Gegenwart.

Sensationelles Chaos auf dem Mond

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 336 – »Der Inquästor« von Rüdiger Schäfer

Ein Raumschiff der Garbeschianer stürzt auf dem Mond ab. An Bord ist der Inquästor Krailtsch. Er soll prüfen, ob die Lordrichter einen Hordenzug gegen die Menschen anstrengen müssen. Außerdem soll er herausfinden, was es mit Laumae und dem Zeitträger Perry Rhodan auf sich hat. Die Labori Amtranik und Imara Tugh begleiten Krailtsch, doch Amtranik hat noch eine Rechnung mit Perry Rhodans bestem Freund Reginald Bull offen, der sich ebenfalls auf dem Erdmond befindet.
Entgegen seines Befehls, den Inquästor zu schützen, verlässt Amtranik das Schiff, um seinen Rachegelüsten nachzugehen. Bald findet er den Gesuchten mit seinen Begleitern Perry Rhodan, Thora und Gucky. Doch die Jagd auf die Unsterblichen ist nicht so einfach, wie Amtranik zunächst glaubt. Denn Laumaes Zeroträume legen nicht nur Selene City in Schutt und Asche, sondern behindern auch Amtranik bei seinem Kampf gegen Reginald Bull.
Da wendet sich Laumae direkt an Amtranik und nützt dessen Rachegefühle aus, um ihn zu täuschen. Im Glauben Reginald Bull zu töten, tötet Amtranik stattdessen Inquästor Krailtsch, der mit Imara Tugh ebenfalls das Schiff verlassen hat. Laumaes Ziel ist die Kontrolle über das Schiff der Garbeschianer und das Verlassen des Mondes. Durch seine übermächtigen Fähigkeiten trickst er nicht nur Amtranik und die Garbeschianer aus, sondern kann auch NATHAN zwingen, den Sperrschirm um den Mond abzuschalten. Damit ist der Weg zur Erde für ihn frei, wo er sich mit der Stele im Pazifik vereinigen will, um seine Macht über das Universum endgültig zu etablieren. 

Rüdiger Schäfer beginnt mit einer Sexszene der besonderen Art. Das erinnert mich ein wenig an die Sexpraktiken der Klingonen. Nicht gerade angenehm, aber interessant zu lesen.

Hauptfigur des Romans ist nicht Inquästor Krailtsch, sondern die Labori Amtranik und Imara Tugh. Über die Erlebnisse der beiden – insbesondere durch die Erinnerungen von Imara Tugh – erfährt man mehr zu den Zusammenhängen innerhalb der Serie. Die Garbeschianer sind so etwas wie Umweltschützer, die das Universum von Manipulationen aller Art (Zeitbrunnen, Quantenräume, etc.) bewahren wollen. Die Lordrichter üben seit Milliarden von Jahren die Kontrolle über die Galaxien des Universums aus. Nach der misslungenen Vernichtung von Catron und der Auslöschung der Loower, lässt die Labori Vhynja Crii den Obersten Lordrichter ermorden, um seine Stelle einzunehmen. Sie wird jedoch verraten und taucht mit einigen Anhängern ab, um die Schwestern der Tiefe zu gründen. Das sind schon erkenntnisreiche Informationen, die man in diesem Roman serviert bekommt.

Mein persönlicher Favorit ist aber der Inquästor selbst. Ein Vogelartiger, der vom Autor mit sehr viel Gefühl und Weisheit ausgestattet wird. Das Worldbuilding um die Rhoarxi finde ich großartig, allein die vielen Vogelvergleiche, herrlich! Da passt auch das Titelbild von Dirk Schulz hervorragend dazu. Von Inquästor Krailtsch hätte ich gern mehr gelesen und war zutiefst erschüttert, dass er die Geschichte nicht überlebt. Dafür gibt es von mir einen Punktabzug in der B-Note.

Endlich bekommen Perry Rhodan und Co wieder etwas zu tun. Im Gegensatz zum vergangenen Roman geht es rund. Die Vier kämpfen gegen Amtranik und Laumae gleichzeitig, wobei nicht nur Selene City zum großen Teil zerstört wird. Ich hätte mir gern ein Gespräch zwischen Krailtsch und Perry Rhodan gewünscht, was mir auch immer wieder vom Autor suggeriert, aber leider nicht erfüllt wird.

Der Roman endet mit einem Cliffhanger, bei dem man nägelkauend weinen möchte, weil man unbedingt wissen will, wie es weiter geht.

Nach den Romanen 333 und 334 reiht sich die Nummer 336 »Der Inquästor« in die Reihe spannender NEO-Romane dieser Staffel ein. Bei dem etwas zurückhaltenden Beginn konnte ich mir kaum vorstellen, dass man die Spannung in der Handlung um Primat/Laumae steigern könnte. Doch Rüdiger Schäfer schafft es, die Staffel mit ausgefallenen Ideen und der Auflösung vieler Zusammenhänge weiter voranzutreiben. So weit, dass ich mich frage: Wo wird das noch hinführen?