Update: 12.01.2023
Die Bahn argumentiert, dass man sich die Fahrkarten in einem Reisebüro am Saalfelder Markt (15 Minuten Fußweg vom Bahnhof) kaufen kann. Über so viel Dreistigkeit kann ich nur staunen. Kein Wunder, dass die Leute sich verarscht vorkommen und gegen alles protestieren.
Der alte Beitrag wurde durch Fotos ergänzt.
Da wird man glatt zum Verschwörungstheoretiker. Als ich das letzte Mal in Saalfeld war und im Reisezentrum am Bahnhof die Zugbindung meiner Fahrkarte aufheben lassen wollte, las ich auf einem Zettel an der Tür, dass das Reisezentrum ab dem nächsten Tag geschlossen wird. Die Bahnbeamtin, die mir ein letztes Mal die Tür öffnete, sah nicht gerade motiviert aus. Sie wollte mir auch die Fahrkarte nicht mehr abstempeln. Das sei nicht mehr nötig, meinte sie. Ich bedankte mich und wünschte ihr noch alles Gute bevor ich ging.
Inzwischen kehrte mit dem Fahrplanwechsel der Fernverkehr auf der Strecke Saalfeld-Nürnberg zurück. Ganze fünf Doppelstock ICs fahren nun jeden Tag zwischen Leipzig und Karlsruhe. Für mich sind die leider keine Option, weil ich in Nürnberg keine zeitnahe Anbindung an einen ICE nach München habe. Nichtsdestotrotz freue ich mich, dass man nun wieder komfortabler fahren kann und ohne, dass der Zug an jedem Briefkasten hält.
Das Vergnügen werden aber nur jene Menschen haben, die über ein Smartphone bzw. einen Internetanschluss verfügen. Bei der überalterten Bevölkerung im Landkreis ist das nicht immer der Fall. Denn die Deutsche Bahn hat nicht nur das Reisezentrum am Saalfelder Bahnhof geschlossen, sondern auch die Fahrkartenautomaten abgebaut. Ja, richtig gehört, es gibt am Bahnhof nur noch die Automaten von Abellio und der Erfurter Bahn. Und an denen kann man nur Tickets für den Nahverkehr in Thüringen kaufen. Begründung der Deutschen Bahn: sie hätten den Betrieb des Bahnhofs Saalfeld komplett an die Erfurter Bahn übergeben.
Wer mit einem der ICs fahren möchte, muss seinen Fahrschein mit dem Smartphone kaufen oder daheim am Computer. Im Zug beim Zugbegleiter geht das nicht mehr. Wer keinen Fahrschein hat, kann nicht mit dem IC fahren oder er fährt schwarz.
Echt jetzt? Geht das denn so einfach? Die Bahn ist ein Staatsunternehmen, das einen Versorgungsauftrag hat.
Ich glaube ja, dass irgendjemandem bei der Bahn die IC-Verbindung auf der Saalebahn ein Dorn im Auge ist. (Wahrscheinlich sitzt derjenige in Erfurt.) Da will jemand keinen Fernverkehr auf der Strecke und um das so unattraktiv wie möglich zu gestalten, macht man die Anbindung an den Nahverkehr und an die Anschlusszüge in anderen Bahnhöfen so schlecht, dass kaum jemand damit fährt. Wenn man dann noch die Möglichkeiten zum Fahrkartenverkauf einschränkt, werden noch weniger Leute damit fahren. Dann kann man sich in einem Jahr hinstellen und behaupten, dass die Verbindung nicht angekommen wird und die Züge wieder streichen. So funktioniert Verkehrspolitik in Deutschland. Sich dann aber wundern, dass die Leute lieber mit dem Auto fahren. Ich fürchte, wenn das so weitergeht, fahren in zehn Jahren keine Züge mehr in Deutschland.
Vielleicht sollten wir es wie die Schweizer machen. Da müssen nämlich alle Politiker und Abgeordnete mit der Bahn fahren und nicht mit Limousine und Chauffeur. Dann klappt das nämlich auch mit der Pünktlichkeit.
In den Siebzigern und frühen Achtzigern gab es in dem 1400-Seelen-Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, einen richtigen Bahnhof mit einem Beamten, der die Signale und die Schranken des nahen Bahnübergangs bedient hat. Der konnte das alles auch reparieren, wenn mal was war. Dort konnte man alle möglichen Fahrkarten (auch Monatskarten, Interrail etc.) kaufen, Beratung inclusive, denn der Mann hatte alle Kursbücher. Heute steht da nur ein Automat, und offensichtlich muss man dafür sogar noch dankbar sein – sowie natürlich dafür, dass dort überhaupt noch Züge halten. Traurig.
Man wundert sich immer mehr über die Bahn. Wäre denn ein Automat so teuer?
Keine Ahnung! Ich nehme an, weil die DB den Betrieb des Bahnhofs an die Erfurter Bahn abgegeben hat, sehen sie wohl keine Notwendigkeit mehr, dort noch einen Automaten zu betreiben. Gott sei dank, haben sie in den letzten Monaten noch die Aufzüge getauscht.