Dreieich im Ausnahmezustand

Was war das für ein Andrang. Obwohl ich bereits um 9 Uhr da war, brummte das Bürgerhaus in Dreieich bereits wie ein Bienenstock. Helfer eilten geschäftig hin und her, Autos wurden ausgeladen und drinnen wurden die Stände aufgebaut. Je näher der Zeitpunkt der Eröffnung rückte, desto mehr Besucher versammelten sich vor dem Gebäude. Man begrüßte sich überschwänglich mit freudigem Hallo, umarmte sich und tauschte Neuigkeiten aus oder erkundigte sich nach dem Befinden von Freunden und Bekannten. Es war wie ein großes Klassentreffen. Manche hatten sich seit Jahren nicht gesehen, andere kannten sich nur durch E-Mails oder von Online-Meetings. Ich saß zusammen mit einem Perry-Fan vom Mannheimer Stammtisch auf einer Bank und beobachtete das Treiben.

Dann, pünktlich um 10 Uhr öffnet das Bürgerhaus seine Pforten. Ich war unter den Ersten, die ihr ausgedrucktes Ticket (Das ist sicher nicht ökologisch und war wahrscheinlich auch nicht so gedacht, aber ich war nicht die einzige.) unter den Scanner hielten und ein Armbändchen für den Einlass erhielten. Drinnen erwartete mich eine überwältigende Anzahl von Ständen kleiner Verlage, Selfpuplisher und Vereine. Bei meinem letzten Besuch 2019 war der Saal nur halb mit Ständen bestückt gewesen. Dieses Mal waren sogar auf der Bühne Stände aufgestellt. Innerhalb kürzester Zeit wurde es voll, sehr voll. Ich schob mich durch die Gänge, betrachtete die schönen Bücher und den Einfallsreichtum mancher Standinhaber bei der Dekoration. Ich kaufte sogar ein Buch, obwohl ich mir vorgenommen hatte, keins zu kaufen. Es war der Roman von Esther Schmidt, bei der ich in Frankfurt Unterschlupf gefunden hatte. Ich dachte mir, wenn ich schon bei ihr übernachte, mache ich ihr die Freude und kaufe ihren SF-Roman »Rho«.

Das Programm quoll genauso über wie das Innere des Bürgerhauses. Zehn parallele Programmschienen mit Lesungen, Workshops und Diskussionsrunden. Es war schon schwierig sich auf dem ausgedruckten Papierplan einen Überblick zu verschaffen, geschweige denn eine Entscheidung für einen der Programmpunkte zu treffen. Ich nahm mir vor, die Lesungen von Axel Kruse, Madeleine Puljic, Aiki Mira und natürlich das PERRY RHODAN-Panel am Abend zu besuchen. Geworden ist daraus nicht viel, denn immer wenn ich mich auf den Weg zu einer Lesung machte, traf ich jemanden neues und blieb schwatzend hängen. Mittags holte ich mir eine Portion Pommes sowie eine reichlich überteuerte Fanta und saß mit Frank G. Gerigk an einem der wenigen Tische vor dem Imbissverkauf im Saal.

Besonders schlimm war es, in der Menge jemand Bestimmten zu finden, von dem man wusste, dass er da ist. So brauchte ich mehrere Anläufe bevor ich Sylvana Freyberg am SFCD-Stand erwischte. Cleverer waren die Mitglieder des Piratensenders »Radio Freies Ertrus«. Die hatten sich nämlich schon frühzeitig im Foyer ein paar Sitzgelegenheiten geschnappt und einen kleinen Stützpunkt eingerichtet, der nicht zu übersehen war. Zu ihnen gesellten sich immer mal wieder neue Leute. Dort kam ich mit Alex vom RFE ins Gespräch.

Am angenehmsten aber war es draußen vor dem Bürgerhaus. Bei schönstem Sonnenschein, frischer Luft und deutlich geringerer Lautstärke als drinnen, ließ es sich gut aushalten. Ich begrüßte Klaus N. Frick und die beiden neuen Marketing Mitarbeiterinnen aus der PR-Redaktion, als sie am Nachmittag ankamen. Dominik vom Weltendieb machte das obligatorische Bucon-Foto von mir und Ben Calvin Hary. Das haben wir bisher immer gemacht, wenn wir uns auf dem Bucon getroffen haben. Und ich schwatzte eine halbe Stunde mit Sylvana bevor wir uns die Verleihung des Deutschen Science Fiction Preis angesehen haben.

Was mir nicht gefiel, dass die Preisverleihung in keinen besonderen Rahmen stattfand, so wie früher. Sie war mitten im Nachmittagsprogramm versteckt und es waren nur wenige der Platzierten vor Ort, um ihre Urkunden abzuholen. Und das obwohl sie auf der Veranstaltung in Dreieich waren. Es scheint, dass nicht einmal den Preisträgern diese Auszeichnung viel bedeutet. Das finde ich unglaublich schade.

Bis 19 Uhr schlenderte ich noch ein bisschen herum, quatschte mit Diesem oder Jenen, bis ich mit den versammelten Perry-Fans ins Nebengebäude zum Perry-Panel ging. Neben Chefredakteur Klaus N. Frick waren die Autorinnen Verena Themsen, Michelle Stern, Lucy Guth und Marie Erikson sowie die Autoren Robert Corvus und Ben Calvin Hary anwesend. (Geballte Frauenpower, also.) Ben moderierte die Stunde und schaffte es trotz der Thermostrahler-Gags von Robert Corvus eine ernsthafte Diskussion anzustoßen. Es war unterhaltsam und informativ, auch wenn am Ende die Luft im gut besuchten Raum zum Schneiden dick war. Ich war froh wieder nach draußen zu kommen. Vorher verabschiedete ich mich aber noch von den anwesenden Autoren und Redaktionsmitgliedern.

Esther wartete schon am bereits abgebauten PAN-Stand zusammen mit einem weiteren Fahrgast auf mich. Zu Dritt ging’s zurück nach Frankfurt, wo wir trotz Baustelle wenig später ankamen und ausgehungert über das indische Essen herfielen, das vom Vorabend übrig geblieben war. Gegen 22 Uhr fiel ich erschöpft und mit tierischen Kopfschmerzen ins Bett. So einen ganzen Tag auf den Beinen und unter Strom ist man einfach nicht mehr gewohnt.

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