PERRY RHODAN NEO Band 310 – »Welt ohne Liebe« von Kai Hirdt
Das Solsystem ist von einem Schirm umgeben, der nicht mal das Licht durchlässt. Zudem verhindern temporale Effekte jeglichen Versuch Normalsterblicher die Barriere zu überwinden. Mit einer Dragonfly durchbricht der Zeitträger Perry Rhodan den Schirm. Er verliert Zeit, aber er befindet sich im Solsystem und fliegt die Erde an. Relativ schnell wird er von einem Raumschiff an Bord geholt und nach Terrania gebracht. Keiner scheint ihn zu kennen und die Menschen verhalten sich merkwürdig.
Eine Erklärung, was passiert ist und wieviel Zeit vergangen ist, bekommt er nicht. Er fühlt sich wie ein Gefangener. Bei einem Gleiterflug kann er einer Arkonidin und einem Wachkommando entkommen. Doch der Gleiter wird von Dritten abgeschossen und verletzt viele Menschen am Boden. Rhodan begegnet einer Gruppe, die sich OGA (Organisation Guter Nachbar) nennt und sich der Verletzen annimmt. Dem Rest der Passanten sind die Opfer aber egal. Im Gegenteil, die Helfer werden ihrerseits attackiert, ebenso wie Perry Rhodan.
Er wird angegriffen und irrt verletzt durch die Stadt, aber niemand will ihm helfen oder seine Fragen beantworten. Ein Franziskanermönch bringt ihn schließlich in ein Kloster und behandelt seine Verletzungen. Von ihm erfährt Rhodan, dass 82 Jahre seit seinem Aufbruch mit der SOL vergangen sind. Für ihn waren es nur 6 Monate. Alle die er kannte, selbst sein Sohn Thomas, sind längst tot. Das macht ihm zu schaffen. Warum der Schirm erschienen ist und wer das Solsystem abgeriegelt hat, konnte nie geklärt werden. Nur eines ist sicher, niemand vermag die Barriere zu durchqueren. Wie durch eine Krankheit sind im Laufe der Jahre die Menschen abgestumpft und haben jedes Mitgefühl verloren. Die wenigen Immunen leben auf dem Mars oder werden verfolgt. Seit der Abwahl Reginald Bulls als Protektor, einem darauffolgenden Militärputsch und vielen kriegerischen Auseinandersetzungen wird die Erde nun von einer Schattenregierung geführt, die das »System der reinen Vernunft« installiert hat. Jeder wird nach seinem Nutzen bewertet und entsprechend gut oder schlecht behandelt, jeder der sich gegen das System wendet, wird verfolgt und seiner Rechte beraubt.
Der Franziskaner hilft Rhodan Kontakt zur OGA herzustellen. Hier trifft er auf deren Leiter und damit endlich auf jemandem, den er kennt – Reginald Bull.
Eine Nebengeschichte erzählt vom Leben des behinderten Sergio Percellar, die Machenschaften korrupter Pharmafirmen und wie die Aphiliker auch wirtschaftlich die Weltherrschaft an sich gerissen haben.
Wow! Die Zusammenfassung des Romans lässt es erahnen. Das ist nicht nur ein äußerst dichtgepackter komplexer Roman, sondern er berührt auf vielen Ebenen. Seien es die Leiden von Sergio Percellar, dessen vermögende Familie von den Aphilikern zu Fall gebracht wird und der mit seiner Liebe zu einem Arbeitermädchen hadert. Oder sei es Rhodans verzweifelte Suche nach Information. Seine Konfrontationen mit der herzlosen Bevölkerung Terranias, die Erkenntnisse, die er nach und nach über die neue Gesellschaftsordnung gewinnt, sind wie viele kleine Nadelstiche. Man leidet mit ihm und fühlt sich gleichermaßen hilflos.
Die Erde der Aphilie ist eine kalte Welt, in der ich nicht leben möchte. Den Dingen die der Autor beschreibt, werden in den folgenden Romanen sicher noch Schlimmere folgen. Und dennoch ist manches davon brandaktuell. Es fühlt sich vertraut an und man spürt, dass, wenn wir nicht aufpassen, wir von dieser Welt nicht mehr sehr weit entfernt sind.
Dem Roman merkt es man es deutlich an. Kai Hirdt schreibt in einer anderen Liga. Das sage ich nicht mit der Absicht, die anderen NEO-Autorinnen und -Autoren schlecht zu reden, keineswegs. Die Geschichte von Kai fühlt sich sehr viel authentischer an, als die letzten Romane aus den vergangenen Staffeln. Der Plot ist hochkomplex mit allerlei Wendungen, die aber nie konstruiert wirken, sondern ganz natürlich passieren. Dazu kommt eine ausgesprochen gute Charakterisierung der Figuren und lebhafte Dialoge. Man glaubt sich beim Lesen immer wie in einem Film.
Wenn es je einen perfekteren Staffelstart gegeben hat, dann wüsste ich nicht welchen. Bei »Welt ohne Liebe« kommt alles zusammen, Drama, Sense of Wonder und die geglückte Vereinigung einer Idee aus der Erstauflage mit dem NEO-Universum. Man darf gespannt sein, was uns in der Gaststaffel von Kai Hirdt noch so alles erwartet. Ich hoffe, dass die nachfolgenden Romane, das Niveau halten können. Die Latte hat er jedenfalls ganz schön hoch gehängt.
Das Titelbild ist ebenfalls ein echter Hingucker. Man beachte auch die Layout-Änderung. Nur dass die Bandnummer nicht mehr auf dem Titel steht, finde ich nicht so gut.