Ich weiß, dass die Geschmäcker von Fans verschieden sind, und das jedem etwas anderes gefällt. Daher bitte nicht gleich aufgebrachte Kommentare hinterlassen, wenn meine Meinung abweichend sein sollte.
Ich bin durch PERRY RHODAN zum Science Fiction-Fan und durch »Star Trek: The Next Generation« zum Star Trek-Fan geworden. Zuvor habe ich mich nicht großartig für das Genre interessiert. Das änderte sich ab 1990. Da lief ab September Nachmittags im ZDF »Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert«. Die Charaktere, allen voran Wesley Crusher wuchsen mir schnell ans Herz. Ich wurde ein glühender Fan, zuerst von TNG, dann von »Deep Space Nine« und zunächst auch von »Voyager« (das ließ später aber nach). Mit »Star Trek: Enterprise« verbinde ich vor allem Erinnerungen an das Kennenlernen mit meinem Mann. Star Trek war für mich nie nur eine Fernsehserie, nein, es wurde zu einem Ideal, dem ich folgte, weswegen ich einen technischen Beruf erlernte, um die Welt ein bisschen besser machen zu können. Mit den neuen Filmen und vor allem mit »Discovery« habe ich mich nie anfreunden können und kann es bis heute nicht. Ich habe die ersten beiden Staffeln von »Discovery« gesehen, aber die 3. Staffel habe ich mir nicht mehr angetan. Mein Mann meinte, ich hätte nichts verpasst.
Jedenfalls war ich gespannt, was die Serienmacher aus »Star Trek: Picard« machen würden. Die 1. Staffel ging gut los. Verglichen zur 1. Staffel von »Discovery« sprach mich die Geschichte um die Androiden und die Reaktion der Föderation auf den romulanischen Exodus an. Da wurde tatsächlich versucht eine Verbindung zwischen »Nemesis« und der Vorgeschichte des Kinofilms von 2009 herzustellen sowie die weitere Geschichte der Föderation zu erzählen. Im Laufe der Staffel geriet die Handlung jedoch unter die Räder. Es wurden immer mehr neue Töpfe aufgemacht und man verlor das eigentliche Ziel aus dem Augen. Es gipfelte in einem unlogischen und an den Haaren herbeigezogenen Plot über eine übernatürliche Wesenheit. Ich war bitter enttäuscht.
Staffel 2 ging wieder gut los. Die zweite Folge über ein paralleles Universum, in dem die Erde eine faschistoide Diktatur war, mit der sich Picard und seine Crew auseinandersetzen mussten, fand ich großartig. Es hätte so weitergehen müssen, aber es folgte eine Zeitreise in die Vergangenheit, die sich wie ein müder Abklatsch von Star Trek IV anfühlte. Zugegeben manche Szene war witzig und Seven of Nine, die in dieser Staffel eine sehr glaubhafte Entwicklung durchmachte, wussten mich zu unterhalten. Aber … die vielen Ungereimtheiten und logischen Fehler im Plot, sowie das Wiederaufwärmen von bereits Gesehenem waren einfach zu schlecht und einer Star Trek-Serie nicht angemessen.
Nach dem Anschauen von Staffel 3 hat sich mein Eindruck verstärkt, dass die Autoren und Produzenten der Serie, keine Ahnung haben, was Star Trek ist und was es ausmacht. Es werden immer wieder Sachen herausgeholt, die irgendwann mal funktioniert haben, ohne etwas Neues zu kreieren. Die Geschichte wirkt bisweilen, als habe sie ein Algorithmus wie ChatGPT (als KI kann man das ja nicht bezeichnen) geschrieben. Quasi alles was es mal gab, zusammengewürfelt, umgerührt und aufgekocht. Nein, so lockt man keine neuen Zuschauer an. Man kann durch jede Menge Fanservice zwar jene blenden, die Star Trek in den Neunzigern mal so nebenbei gesehen haben, aber man wird nicht die Fans erreichen, die Star Trek als Lebensinhalt und Philosophie verinnerlicht haben. Jene, die Wert legen, auf gut erzählte Geschichten und logische Handlungsplots. Die Stärke von Star Trek war, dass es in sich schlüssig war. Auch wenn Beamen und der Warp-Antrieb jeglicher physikalischer Realität entbehrte, hatte man zumindest das Gefühl, dass es funktionieren könnte. Wichtiger war jedoch die soziologische Komponente, das friedliche Zusammenleben und Forschen für eine bessere Menschheit, die das Bild einer positiven Zukunft vermittelten. All das fehlt bei »Star Trek: Picard«.
Ich fühlte mich nicht wohl beim Anschauen der Folgen. Es war zu düster, zu gewalttätig und es gab vieles, was mich unangenehm berührte. Waren es die Figuren, die plötzlich stritten und weinten und Dinge taten, zu denen sie früher nie fähig gewesen sind? Mag sein, dass man zeigen wollte, dass sich Menschen ändern. Aber den gealterten Schauspielern zuzusehen, hat bei mir keine Nostalgie ausgelöst. Im Gegenteil, ich fand diese gefühlsdusseligen Dialoge störend und peinlich. Ich störte mich aber vor allem an der teils unlogischen Handlung, an den falsch gedeuteten Inhalten aus früheren Serien. Warum sollte ein Teil der Wechselbälger nach dem Dominionkrieg an der Föderation Rache üben, wo sie doch von Odo geheilt wurden? Es war eine Bedingung für das Ende des Dominionkrieges, die zwischen den Gründern und der Föderation ausgehandelt worden war. Bashir hat damals das Heilmittel von Sektion 31 geholt. Die Wechselbälger haben es nicht stehlen müssen. Hat irgendeiner von den Autoren die entsprechenden Episoden eigentlich je gesehen? Es darf bezweifelt werden. Warum sollte die Sternenflotte (Sektion 31) nach dem Krieg an den Wechselbälgern forschen? Zu welchem Zweck? Warum weiß eigentlich jeder, was Sektion 31 ist, wenn das doch eine so geheime Abteilung ist? Außerdem, was hatten die Wechselbälger mit den Borg zu tun? Warum wollte Vadic (die ich als Bösewicht übrigens unglaublich lächerlich fand) Jack Crusher nochmal haben? Um ihn zur Borgkönigin zu bringen? Um was genau zu bekommen? Rache? Wie konnte Geordi La Forge die Enterprise-D bergen und reparieren, ohne, das Picard oder eines der anderen ehemaligen Besatzungsmitglieder oder die Sternenflotte das mitbekommen haben? Wie oft ist Data jetzt eigentlich gestorben und wiederauferstanden? – Fehlende Motive, belanglose Dialoge und falsche Informationen in einer Hülse aus purer Nostalgie.
Das Schlimme ist, dass die Serie nicht mal in sich logisch ist. Wo war die Tochter von Riker und Troi, die in der 1. Staffel gezeigt wurde? Warum wurde sie nicht erwähnt? Sie könnte ebenfalls von der Genveränderung betroffen sein. Warum hieß es plötzlich, die beiden hätten sich nach dem Tod ihres Sohnes getrennt, wo man sie in der 1. Staffel doch als glückliche Familie auf dem Planeten Nepenthe gezeigt hatte (nach dem Tod des Sohnes)? Außerdem: Wenn die Borg Picard wirklich eine Genmutation mitgaben, die er an seine Kinder weitergeben sollte, damit die Borg irgendwann die Menschheit übernehmen können, warum haben sie dann nicht einfach gewartet als stattdessen wiederholt die Menschheit anzugegreifen, wie in »Star Trek: First Contact«? Wie konnten sie sicher sein, dass er überhaupt Kinder haben würde? Warum waren nur Personen unter 25 Jahre von dem Einfluss betroffen? Und wieso verwandelten sie sich auf der Stelle in Borg, ohne das ihnen Nanosonden injiziert wurden? Bildeten ihre Körper selbst die Nanosonden? Und warum waren nur die Besatzungen der Raumschiffe betroffen, nicht aber die Crew der Raumbasis und die Menschen auf der Erde? Leben da keine unter 25-jährigen mehr? Wer ist so leichtsinnig und versammelt die ganze Flotte an einem Ort? usw. … Das ist nur ein Bruchteil dessen, was uns aufgefallen ist.
Ich höre an der Stelle lieber auf, weil ich mich nur unnötig darüber aufrege. Nein, das ist kein Star Trek zumindest nicht das Star Trek, was ich mal kannte. Es ist eine leere Hülle aus Nostalgie. Nur die alten Schiffe und Helden auf die Bühne zu zerren, reicht nicht aus, um Star Trek am Leben zu erhalten. Ein jüngeres Publikum spricht man damit jedenfalls nicht an. Vor allem vermittelt man ihnen so nicht die Ideale von Star Trek.
Wir leben in einer dystopischen Gegenwart, uns sind die Visionen an eine positive Zukunft abhandengekommen. Wie sollen wir unseren Nachkommen vermitteln, sich für eine positive Zukunft zu engagieren, wenn wir selbst nicht mehr daran glauben. Früher wünschte ich, in einer Zukunft wie der von Picard und Co zu leben. Star Trek war immer die positive Vision, an der ich mich orientieren konnte, die mich angetrieben hat. Doch das Star Trek von heute ist zur Dystopie verkommen. Wenn man mich fragt, ob ich in einer solchen Zukunft wie in »Star Trek: Picard«, leben wollte, würde ich verneinen. Star Trek war gestern und man hätte es so lassen sollen, wie es war. Das, was sich heute Star Trek nennt, ist irgendetwas anderes aber nicht mehr Star Trek.
Jedem, dem es genauso geht, soll sich einfach »The Orville« anschauen. Das ist das Star Trek, was ich kenne und liebe, auch wenn es nicht so heißt.