PERRY RHODAN NEO Band 292 – »Der Fall Kerlon« von Dietmar Schmidt
Leticron will sich nach dem Tod des Imperators selbst zum Herrscher ernennen. Den arkonidischen Adel scheint das nicht zu stören, obwohl Leticron ein ehemaliger Untergebener ist. Die einzigen, die sich daran stören, sind die Essoya, die Nichtadligen auf Arkon, die nicht verstehen, wieso der Adel den Überschweren überhaupt duldet. Das verstößt gegen den Ehrenkodex der Khasurne. Zumal Leticrons Machtphantasien im Imperium schweren wirtschaftlichen Schaden anrichten, unter dem vor allem die normale Bevölkerung leidet.
Der Veteran Kerlon hält deshalb bei einer Flotten-Versammlung eine flammende Rede für die Ehre und zum Ruhme Arkons. Was ihm jedoch zum Verhängnis wird. Er wird von der Sicherheitspolizei verhaftet und ohne Verhandlung zur Infiniten Todesstrafe verurteilt.
Die Crew der FAIRY rettet derweil Atlan aus einer Rettungskapsel, welche Mirona Thetin nach dem Streit mit dem Arkoniden in einer Sonnencorona zurückgelassen hat. Als sich der Arkonide wieder erholt hat, werden sie von einem getarnten Schiff kontaktiert. Die Unbekannte, die sich »Mutter« nennt, liefert Hinweise, dass die Angehörigen des arkonidischen Adels mit Amöbophagen infiziert sind, durch die sie von Leticron beeinflusst werden.
»Mutter« weiß, dass die Terraner nach den Erfahrungen auf Rumal eine Möglichkeit gefunden haben, die Amöbophagen abzutöten. Die Unbekannte, bei der es sich um die ehemalige Puffmutter Ihin da Achran handelt, hilft Perry Rhodan und Atlan sich auf eine geheime Mission nach Arkon III zu begeben. Über eine Kommunikationsstation soll ein Hyperimpuls ausgestrahlt werden, der die Amöbophagen in den Gehirnen der Adeligen abtöten soll.
Die beiden werden jedoch vor Vollendung ihres Vorhabens entdeckt. Atlan kann mit Hilfe des jungen Gracchus entkommen. Perry Rhodan wird jedoch verhaftet und landet im gleichen Gefängnis wie Kerlon. Auch ihm droht Leticron mit der Infiniten Todesstrafe.
Ihin da Achrans jüngeres Ich nimmt Kontakt zu Gracchus auf.
Rüdiger Schäfer mag mir verzeihen, aber diese ganzen Arkon-Geschichten sind nichts für mich. Das holt mich einfach nicht ab und die Handlung hört sich für mich immer ähnlich an. Spionage, geheime Aufträge, Maskierung und verfilzte Adelsstrukturen. Ich habe den Roman mehrfach weggelegt, obwohl ich an dem Tag im Zug viel Zeit gehabt hätte, ihn zu durchzulesen. Nein, das ist nicht das, was ich bei NEO lesen möchte. Schon gar nicht, nach der furiosen letzten Staffel in Naupaum.
Dietmar Schmidt hat in seinem Debütroman die undankbare Aufgabe, Leticrons Einfluss auf die arkonidische Kultur zu illustrieren. Er gibt sich Mühe, schafft es aber nicht, mich zu begeistern. Vor allem passt sein Erzählstil so gar nicht zu NEO. Das klingt eher wie frühe Erstauflage. Stellenweise wird die Handlung so sehr komprimiert und zusammengefasst, dass ich glaubte, Seiten überlesen zu haben. Andererseits wiederum beschreibt er jedes Detail. Ich frage mich, ob ein Protagonist wirklich so genau darüber nachdenkt und alles wahrnimmt, was um ihn herum passiert, gerade bei den Kampfszenen. Die Details sind mir mitunter auch zu technisch, obwohl ich sowas mag. Hier wiederholen sie sich aber. Und nach dem dritten Hinweis darauf, dass man einen Impulsstrahler besser nicht in Innenräumen einsetzt, war ich raus.
Atlan und Perry Rhodan wirken auf mich zu steif. Gerade Atlan zeigt in diesem Roman eine Emotionslosigkeit, die ich so nicht von ihm kenne. Obwohl er von der Situation auf Arkon eigentlich emotional stark beeinflusst sein müsste, kommt dieses Gefühl nicht bei mir an. Am besten hat mir tatsächlich der Handlungsstrang rund um Kerlon gefallen. Der Veteran ist eine nachvollziehbare Figur, die mich komplett überzeugt hat.
Dietmar Schmidt hat bei den vergangenen Miniserien bewiesen, dass er großartige Romane mit ungewöhnlichen Charakterdarstellungen schreiben kann. Ich denke da an »Gefährlicher Pakt« bei Mission SOL. Als er die Kommandantin Fee Kellind so treffend beschrieben hat. Bei NEO scheint ihm noch ein wenig das Gefühl für die Charaktere zu fehlen. Ich weiß nicht, ob er NEO liest, aber bei mir fühlt sich sein Roman zu sehr nach Erstauflage an.
Ein paar Dinge sind mir nach wie vor nicht schlüssig. Ihin da Achran ist in Besitz eines Schaltschiffes und eines Dublikators und wahrscheinlich noch anderen Dingen der MdI. Wie kam sie zu den Gerätschaften von Regnal-Orton? Wieso kann sie die Technik der MdI bedienen? Hat diese Technologie keine Sperre, um von nicht Uneingeweihten missbraucht zu werden? Ich verstehe zwar ihr Motiv – die Beeinflussung der Mächtigen. Nur, was hat sie persönlich davon? Sie steht dem Tod näher als dem Leben. Außerdem verstehe ich die Motivation der Frauen nicht, die ihr dienen (bis hin zur Prostitution). Mit welchen Mitteln macht da Achran sie sich gefügig?
In der »Der Fall Kerlon« ist eigentlich nur der Handlungsstrang um den Veteranen Kerlon wirklich überzeugend. Die Geschichte um Atlan und Perry Rhodans Einsatz auf Arkon III wirkt bestenfalls bemüht und ist durch seine Detailverliebtheit schwer zu lesen. Beim Auftauchen des 18-jährigen Gracchus dachte ich sofort an Atlans Sohn. Sollte es so sein, ist die Einführung der Figur sehr durchschaubar gestaltet. Für einen Debüt-Roman bei NEO war die Leistung des Autors okay. Aber hier besteht noch viel Luft nach oben.