PERRY RHODAN NEO Band – »Die Exemplarische Instanz« von Rüdiger Schäfer
Die Überschweren haben im Handstreich das Solsystem eingenommen. Sie scheinen sehr viel über die Menschen zu wissen und setzen dieses Wissen strategisch ein. Protektor Reginald Bull setzt auf Kooperation mit den Invasoren, auch weil die dezimierte Terranische Flotte nicht in der Lage ist, gegen die Tausenden mit Transformkanonen bestückten Schiffe der Invasoren vorzugehen. Der Befehlshaber der Überschweren, Leticron, lässt sich auf dem Mars nieder und macht Bull zu seinem Handlanger. Später bricht Leticron mit einem Teil seiner Flotte ins Wegasystem auf, um auch die Ferronen in sein Sternenreich einzugliedern.
Auf dem Mars formiert sich derweil Widerstand. Einige Menschen wollen die Besatzung durch die Überschweren nicht hinnehmen und verüben einen Anschlag. Thomas Rhodan da Zoltral, der unter einer Tarnidentät auf dem Mars unterwegs ist, will sich die Rebellen näher ansehen.
Auch das Medizinische Zentrum auf Mimas wird von den Überschweren in Besitz genommen. Als Ronald Tekener seine Schwester beschützen will, gerät er mit zwei Überschweren zusammen. Bevor die ihm aber ernsthaft schaden können, bekommt er Unterstützung von Jennifer Thyron der Sicherheitschefin der Whistler Corporation. Gemeinsam fliehen sie von Mimas auf den Mars.
Rüdiger Schäfer weiß, wie man Frauen rumkriegt, zumindest als Leserinnen von NEO. Die Romanze zwischen Ronald Tekener und Jennifer Thyron war exzellent geschrieben mit der richtigen Dosis Humor und Romantik. Damit bekommt er mich eigentlich immer. (Thyron war übrigens in der Erstauflage lange Zeit Tekeners Frau.) Nur ihre Reise mit dem Müllfrachter war nicht gut durchdacht. Warum sollte Mimas seine medizinischen Abfälle erst mit einem Raumschiff auf den Mars schicken, um sie dann dort mittels Desintegratorentechnologie aufzulösen? Das hätte man auch auf Mimas machen können, zum einen weil es billiger wäre und zum anderen würde man die Gefahren minimieren, die ein Transport medizinischer Abfälle mit sich bringt. Außerdem müssen Tekener und Thyron zwei Tage ohne zu Trinken auskommen und sind am Ende noch so fit, dass sie einen drohenden Absturz aus dem Müllcontainer überleben. Das halte ich für realitätsfern. Da wäre ein Versorgungsfrachter, der Güter aus den Kolonien durch das Solsystem transportiert, glaubhafter gewesen.
Spannend ist ebenfalls der Handlungsstrang um Thomas Rhodan in seiner Tarnidentität. Er muss untertauchen, als das Quinto-Center von den Überschweren entdeckt und übernommen wird. Auf dem Mars kommt er nicht nur in Kontakt zu den Rebellen, die den Besatzern um Leticron Widerstand leisten, sondern er erfährt auch, dass das Langstrecken-Kurierschiff ERNSTING mit Neuigkeiten von der Erde und von Perry Rhodan im Solsystem eingetroffen ist. Das einzig nervige an den Kapitel ist, dass der Name von Thomas Rhodan da Zoltral in gefühlt jedem zweiten Absatz voll ausgeschrieben wird.
Nicht weniger bewegend ist Reginald Bulls »Auseinandersetzung« mit Leticron. Der Überschwere ist schwer einzuschätzen. Er gibt sich kumpelhaft aber verschlagen. Rüdiger Schäfer gelingt es sehr gut, den Konflikt darzustellen, den Bull mit sich selbst und seiner aufbrausenden Natur durchlebt. Um die Menschen im Solsystem zu schützen, muss er dem Besatzer bedingungslos gehorchen. Leticrons Ziele dagegen sind schwer zu fassen, zumal seine Herkunft nach wie vor ein Geheimnis bleibt. Viel wichtiger ist, dass er offenbar einen Verbündeten hat, der die Menschen sehr gut zu kennen scheint und von dessen Wissen Leticron profitiert. Der maskierte Mensch nennt sich Braas’cooi. Der Beschreibung nach, steckt kein anderer als Alaska Saedelaere hinter der Maske.
Die Handlungsebene im Solsystem finde ich nach diesem Roman fast noch spannender als Perrys Abenteuer mit der SOL in M3. Ich bin hin- und hergerissen, möchte ich jetzt doch wissen, wie die Geschichte um Leticron und die Terraner weitergeht. Was Leticron und die Überschweren angeht, bin ich mir sicher, das sie irgendwas mit den Mehandor Schwestern zu tun haben, die damals die Pläne der Transformkanone gestohlen haben. Offensichtlich sind sie nicht von einem Saurier gefressen worden, sondern vermutlich in die Vergangenheit gereist.
Noch zu erwähnen sind die kurzen Szenen über einen Akonen, der durch die Versetzung auf dem Mars materialisiert ist und von zwei Farmern gerettet wird. Auch da bin ich gespannt, wie es mit ihm weitergeht. Eines ist mir jedoch noch nicht klar: Was ist mit dem Planeten und seinem Mond aus dem Akon-System, stehen die jetzt anstelle der Erde, oder ist da nichts? Das wurde nicht explizit beschrieben.
»Die Exemplarische Instanz« ist ein typischer Roman von Rüdiger Schäfer, der die Charaktere in den Vordergrund stellt und mit viel Emotion eine ausgesprochen spannende Geschichte erzählt. Großartig.
„Das einzig nervige an den Kapitel ist, dass der Name von Thomas Rhodan da Zoltral in gefühlt jedem zweiten Absatz voll ausgeschrieben wird.“
Ich verrate hier mal ein kleines Geheimnis: Im Originalmanuskript war der Name „da Zoltral“ exakt einmal (!) vorhanden. Wir haben schon über genau dieses Thema diskutiert, denn ich empfinde den Bandwurmnamen auch oft als störend, aber das Lektorat hat so entschieden und ich füge mich.
Mal sehen, wie es in PR 264 läuft, wenn die Handlungsebene Solsystem fortgesetzt wird :-).
Das dachte ich mir schon. Kein Autor schreibt sowas freiwillig, außer er will Zeichen schinden.