Nach einer Woche Kälte, Schnee und Eis kam am Wochenende endlich der Frühling zurück. Wir nutzten das, um einen kleinen Ausflug zu machen. Kontaktlos versteht sich.
Es ist schon ein Privileg, dort zu leben, wo andere Urlaub machen. Man setzt sich nur mal fünf Minuten ins Auto und ist in einer anderen Welt. Leider ist es oft so: wenn man irgendwo wohnt, erkundet man oft weniger Orte, als wenn man als Tourist dorthin kommt. Viele schöne Ecken kennt man einfach nicht, oder man hat vergessen, wie schön sie sind. Dieses Mal war es genauso. Wie oft sind wir schon an Anger vorbeigefahren, wenn wir nach Bad Reichenhall wollten. Wie oft habe ich aus dem Autofenster das Panorama bewundert, das man sieht, wenn man auf der Hügelspitze aus dem Wald kommt. Das unterhalb der Straße ein See und ein altes Kloster steht, habe ich nicht gewusst. Das erfuhr ich erst von unserer Azubine, die dort in der Nähe wohnt.
Auf jeden Fall sind wir am Samstagvormittag zum Höglwörther See gefahren, weil ich gelesen hatte, das es dort einen Wanderweg rund um die See gibt. Am Samstag deswegen, weil da alle beim Einkaufen sind und wir hofften, das nicht so viele Ausflügler unterwegs wären. Was auch der Fall war. Der Parkplatz war mäßig belegt, ein paar ältere Leute liefen dort rum. Ein paar Jogger überholten uns. Ansonsten waren wir so gut wie allein auf dem Rundweg.
Es war schon sehr schön. Vor allem zu dieser Jahreszeit, wo die ersten Blumen im Wald blühen und die Bäume noch ohne Laub sind. Am manchen Stellen lagen noch Schneereste. Die Sonne schien warm, die umgebenden Bergspitzen glänzten weiß und der Himmel zeigte sich im schönsten Blauweiß. Der See war voller Fische, die sich unter der Fußgängerbrücke sammelten. Wahrscheinlich erhofften sie sich gefüttert zu werden. Die kamen ganz nah ran. An einem Ende des Sees ergießt sich eine Wasserkaskade in den See. Dort stand im vorigen Jahrhundert mal eine Mühle und ein Elektrizitätswerk. Jetzt erzählen nur noch Schilder davon. Auf einem der angrenzenden Hügel steht ein Baum, der aussieht wie ein Pudel.
Das Gebäude des alten Klosters steht zwar leer, ist allerdings schön hergerichtet. Die große Wirtschaft mit riesigem Biergarten hat bis auf weiteres wegen Corona geschlossen. Eine Schande, muss man ehrlich sagen. Mit vernünftigen Hygienekonzept steckt sich im Biergarten ganz sicher keiner an. Die Wirtsleute können einem leid tun, die verbrennen jetzt schon monatelang ihr Geld ohne irgendeine Hoffnung je wieder aufmachen zu dürfen. Traurig.
Den Sonntagfrüh nutzten wir für einen Spaziergang rund um Waging. Auch hier zeigte sich die Landschaft verschwenderisch in ihrer Schönheit. Die Bäume öffneten die ersten Knospen, die Berge waren noch verschneit und der See lag wie ein Spiegel zwischen den Ortschaften. Der Veilchenteppich vor unserem Haus leuchtete hellblau und die letzten Krokusse blühten.