Zwischen Auto und Fortschrittsangst

Wir Deutschen galten lange Zeit als große Erfinder. Egal um welche Technologie es ging, wir waren mit dabei, wenn auch manchmal nicht ganz vorn. Irgendwann in den letzten 50 Jahren kehrte sich die Medaille um. Heute stehen wir uns selbst im Weg, wenn es darum geht, innovative Ideen zu entwickeln und sie flächendeckend umzusetzen.

Ein Beispiel aus der vergangenen Woche. Da las ich doch, dass die oberfränkische Stadt Kulmbach ihre öffentlichen Tiefgaragen für Elektro- und Hybridfahrzeuge gesperrt hat. Wer also in Kulmbach sein E-Auto parken will, muss das unter freiem Himmel tun. Was war passiert?

Im vergangenen Jahr brannte in der städtischen Tiefgarage von Kulmbach ein Auto. Der Schaden an dem Gebäude war so groß, das es fünf Monate lang aufwendig saniert werden musste. Jetzt wurde es wiedereröffnet und die Stadt beschloss kurzerhand, ab sofort keine E-Autos und Hybridfahrzeuge mehr in der Tiefgarage parken zu lassen. Und das obwohl es dort sogar zwei Ladestationen gibt. Nun könnte man meinen, dass da ein E-Auto gebrannt habe und die Stadt viel Geld in die Sanierung der Tiefgarage stecken musste. Aber nein, es war ein alter Benziner (Golf IV) gewesen und die Versicherung des Autobesitzers hat die sechsstellige Summe für die Wiederherstellung der Tiefgarage voll bezahlt. Wo also liegt das Problem?

E-Autos haben große Akkus, die, wenn sie zu brennen anfangen, sehr viel Ruß erzeugen, der giftige Metalloxide enthält. Außerdem lassen sich die Akkus schwieriger löschen, man benötigt mehr Wasser und es kann zu einer thermischen Kettenreaktion der Batteriezellen kommen. Zum Abtransport müssen deshalb E-Autos, die gebrannt haben, in einen Stahlcontainer mit Wasser getaucht werden, um ein Wiederentflammen des Akkus zu vermeiden. Die Feuerwehren wurden Deutschlandweit längst über die Besonderheiten von brennenden Fahrzeugen mit Akkus geschult. Es gibt Vorschriften und explizite Anweisungen, wie man beim Brand eines E-Autos oder Hydrids vorgehen muss.

Die Ausreden, welche die Beamten der Stadt Kulmbach vorbringen, haben damit gar nichts zu tun. Sie behaupten, das E-Autos häufiger brennen würden und man sie wegen den baulichen Gegebenheiten nicht aus der Tiefgarage herausschleppen kann. Laut Statistik brennen in Deutschland jedes Jahr 17.000 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, meist geraten sie beim Fahren in Brand. Höchst selten wenn sie stehen (außer sie werden angezündet.) Statistisch gesehen brennen E-Autos nicht häufiger als Benziner und Diesel, im Gegenteil. Es wird davon ausgegangen, dass sich elektrisch betriebenen Fahrzeuge seltener selbst entzünden können. Es hängt vor allem am Alter der Fahrzeuge ab, denn alte Autos brennen häufiger als neue.

Aber deshalb vorzuschreiben, dass E-Autos und Hybride nicht mehr in Tiefgaragen parken dürfen … Wenn das Schule macht, und es sieht so aus, dass weitere Städte nachziehen werden, bedeutet dies das Ende der E-Mobilität. Man könnte meinen, irgendeine Lobby wolle elektrisch betriebene Fahrzeuge verhindern, aber es sind meist die kleinen verbissenen Beamten, die jegliche Neuerung ablehnen, nur weil sie neu ist oder weil man es noch nie etwas anders gemacht habe. Ich erlebe das in letzter Zeit häufig in Gesprächen mit Behörden, Hausverwaltungen und Netzunternehmen, wenn es um Anträge für Ladestationen geht. Die tun sich mit dem Thema unheimlich schwer, als müsste das unbedingt verhindert werden.

Tatsächlich wird es niemand verhindern können, auch wenn die meisten noch nicht daran glauben. Erste Städte und Länder haben Fahrverbote für Autos mit Verbrennern ausgerufen. Ford hat bereits angekündigt ab 2030 in Europa keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zu bauen. Andere werden nachziehen oder nachziehen müssen, wenn 2025 die Abgasnorm Euro 7 so kommt, wie sie in der jetzigen Form ausgearbeitet wurde. Denn dann dürfte es schwierig werden Benziner und Diesel überhaupt zuzulassen. Problem sind dabei nicht unbedingt die Grenzwerte, sondern die Testbedingungen u. a. der Fahrzyklus für den Test, der auf fünf Kilometer Fahrstrecke (nicht am Prüfstand) verringert wird. In der kurzen Zeit erreichen Kat und Filter nie ihre volle Wirkung, wodurch die Abgaswerte nicht erreicht werden können. Es ist davon auszugehen, das spätestens 2025 auch die anderen Autohersteller nachziehen und auf E-Mobilität setzen, denn die konzentrieren ihre Investitionen sicher nicht in mehrere Technologien (aktuell wären es sechs verschiedenen Antriebstechnologien). Das können sie sich gar nicht leisten.

Fest steht, das hier mal wieder mit fadenscheinigen Gründen eine neue Technologie zugunsten einer altbewährten aber klimaschädlichen verhindert werden soll.

Übrigens, seit 2014 wird in den Klimaanlagen der meisten Autos das angeblich so umweltfreundliche Kältemittel R1234yf verwendet. Dieses bildet, wenn es sich entzündet, hochgiftige und ätzenden Flusssäure. Anstatt Klimaanlagen zu verbauen, die mit Kohlendioxid als Kältemittel arbeiten, ging man den für die Autokonzerne billigeren Weg. Klimaanlagen mit CO2 sind teuerer in der Herstellung, weil es einen generellen Umbau der Anlagen bedeutet hätte. Wo wir wieder beim Geld sind.