Es gibt Filme, über die man nicht länger nachdenken sollte. Denn je länger man sich mit ihrem Plot und ihrem Realitätsbezug auseinandersetzt, desto mehr fallen sie auseinander. Einer dieser Filme ist »Ad Astra« mit Brad Pitt. Der Weltraumfilm lief 2019 in den Kinos und erschien vergangenes Jahr auf DVD. Nach dem die BluRay weniger kostet als die Kaufgebühr bei Prime entschieden wir uns den Film zu kaufen. Gestern haben wir ihn uns dann angesehen. Je länger der Film lief, desto tiefer wurde mein Stirnrunzeln.
Nach einem Strahlenausbruch im Sonnensystem und den katastrophalen Folgen (Stromausfälle) für die Erde und die Stützpunkte der Menschen auf Mond und Mars, glaubt man den Schuldigen gefunden zu haben, den Wissenschaftler Clifford McBride. Der war vor zwanzig Jahren aufgebrochen, um außerirdisches Leben zu suchen und auf seiner Reise zum Neptun spurlos verschwunden. Sein Sohn Roy, ein unerschrockener Astronaut wird heimlich auf die Suche nach seinem Vater geschickt, damit die immer wiederkehrenden Strahlungsausbrüche beendet werden können.
Was ein schöner Vater-Sohn-Konflikt hätte werden können, mutiert zu einer Bildgewaltigen Odyssee, bei der weder auf Technik noch auf die Handlungsführung geachtet wird. Stattdessen verliert sich die Handlung in pseudopsychologischem Gefasel, wenn Roy in regelmäßigen Abständen psychologische Tests absolvieren muss, deren Zweck mir bis zum Ende des Films nicht wirklich klar geworden ist.
Die Physik, der sich der Film bedient, wirkt auf den ersten Blick glaubhaft extrapoliert. Schaut man aber genauer hin, bemerkt man schnell, dass da keine Experten am Werk waren. Denn wieso starten die Raketen zum Mars von der Rückseite des Mondes und nicht aus seiner Umlaufbahn? Warum stößt das Raumschiff beim Start vom Mond eine Raketenstufe ab, ohne die es bei der Landung auf dem Mars kleiner sein müsste? Wäre es nicht effizienter, wenn das Raumschiff auf Mond und Mars nicht landen würde und stattdessen Shuttles die Leute an Bord bringen? Absolut unglaubwürdig ist die Aktion, in der Roy auf dem Mars sich von unten in die startende Rakete schmuggelt, während die Triebwerke bereits zünden. Von der Erklärung wie es zu dem zerstörerischen Impuls kommt (irgendwas mit Antimaterie) ganz zu schweigen. Auch Roys Durchquerung der Ringe des Neptuns mittels eines Metallblechs als Schild … die Ringe bestehen nur zu 40-50 Prozent aus Staub die Dichte ist marginal. Gipfel war die Sprengung von Clifford McBrides Raumschiff im Orbit vom Neptun, inklusive der Druckwelle, die Roys Raumschiff wieder Richtung Erde beschleunigt. Als ob es im Weltall Druckwellen gäbe.
Vielleicht wäre die mangelnde Physik zu verschmerzen gewesen, wären die Charaktere ausgefeilter und der tiefere Sinn des Films greifbarer gewesen. Die Handlung konzentriert sich ausschließlich auf Roy. Brad Pitt macht das gar nicht schlecht. Doch um die Figur zu charakterisieren, zerfasert man die Handlung. Ob es der Piratenangriff auf dem Mond oder die Rettungsmission auf einem Forschungsschiff mit wildgewordenen Primaten ist, es soll die Figur charakterisieren, lenkt aber vom eigentlichen Ziel des Films ab. Außerdem lässt es alle Figuren neben dem Protagonisten als Idioten erscheinen. Ich denke da an die Raumschiffcrew auf dem Weg zum Mars. Ein Copilot, der sich vor Angst in die Hosen macht, wenn er auf eine Außenmission gehen soll und das Raumschiff im Notfall nicht manuell steuern kann, gehört eher hinter einen Schreibtisch, aber definitiv nicht ins All. Sollten die psychologischen Tests für alle Mitglieder des Space Command gelten, hätte diese Schwäche längst auffallen müssen. Die anderen Crewmitglieder verhalten sich gleichfalls irrational, was ihnen später das Leben kostet. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum die eigentlich zum Mars geflogen sind. Roys Mission war ja geheim, sie musste also irgendeinen Befehl haben.
Das Finale, als Roy seinen totgeglaubten Vater tatsächlich am Neptun findet, offenbart die Schwächen des Plots. Clifford hat seine meuternde Crew auf dem Gewissen. Mal davon abgesehen, wie er zwanzig Jahre allein auf dem Raumschiff beim Neptun überleben konnte. Er läßt sich jedoch von seinem Sohn scheinbar überreden, zur Erde zurückzukehren, obwohl er seine Vision, die Suche nach intelligentem außerirdischem Leben, nicht aufgeben will. Dass sich der Vater als Mörder letztendlich nicht wirklich zur Rückkehr würde bewegen können, war mir gleich klar. Man wirft sich ein paar »Liebenswürdigkeiten« an den Kopf, bereut Fehler und wünscht sich, man hätte vieles anders gemacht. Die Handlung bleibt aber an der Oberfläche, hält sich an Klischees und birgt nichts wirklich Tiefsinniges.
Letztlich frage ich mich: Was soll die Botschaft des Films sein? Dass es keine Außerirdischen gibt, nur weil man in den dreißig Jahren keine gefunden hat? Dass die Erde das einzig Wahre ist und die menschliche Existenz mit dem Glauben an Gott die einzig mögliche Lebensweise? (Es wird oft gebetet in dem Film.)
Wie gesagt, dass alles reißen die tollen Bilder nicht raus. Am Ende ärgert man sich, dass man seine Zeit verschwendet hat. Einziger Lichtblick ist Brad Pitt. Der spielt den verschlossenen unnahbaren Helden mit dem Ruhepuls von 47, den nichts aus der Ruhe bringen kann, glaubwürdig mit wenig Emotionen. Für Mitte fünfzig sieht der Schauspieler immernoch knackig aus.