Altersspießigkeit

Entweder liegt es an den Corona-Beschränkungen oder ich werde alt. Denn ich verspüre zunehmend seltsame Anwandlungen. Vorletztes Wochenende beispielsweise … Dazu muss ich jedoch etwas weiter ausholen.

Rund um unser Haus gibt es eine Rasenfläche, die im Sommer von der Hausverwaltung gemäht wird. Sie grenzt an den Parkplatz der Gemeinde. Dort stehen mehrere Ahornbäume, die in diesem Herbst wieder viel buntes Laub haben fallen lassen. Das Laub vom Parkplatz hat die Gemeinde am Freitag vor Allerheiligen räumen lassen. Da wurde ich morgens kurz vor sieben von zwei Laubbläsern und der Kehrmaschine unsanft geweckt.

Das Laub auf dem Rasen vorm Haus blieb liegen. Die Katzen der Nachbarin kratzten schon kleine Häufchen zusammen, um ihr Geschäft zu verstecken. Ich blickte jeden Tag auf die von Laub bedeckte Wiese und es störte mich. Die letzten beiden Jahre hatte es mich nicht gestört. Im Gegenteil, ich hatte es gar nicht wahrgenommen. Ich fragte unsere ehemalige Hausmeisterin, wer das Laub immer beseitigt hat. Die sagte mir, dass sie das Laub immer zusammen gerecht hat, es beim neuen Hausmeister aber nicht mehr im Vertrag steht.

Kurzentschlossen bat ich meinen Schwiegervater mir seinen Rechen zu leihen. Am Samstag stellte ich mich dann hin und rechte das Laub rund ums Haus zusammen. Mein Mann stopfte es in Säcke und fuhr es weg.

Eigentlich bin ich kein Fan von Gartenarbeit. Ich mochte es schon als Kind nicht, wenn ich meinen Eltern helfen musste, Unkraut zu jäten oder Rasen zu mähen, vom Zusammenrechen von Laub ganz zu schweigen. Das Schlimme war, dieses Mal machte es mir Spaß. Ich war mit viel Elan und Freude bei der Sache. Wenn ich jetzt vom Balkon herunter auf den laubfreien Rasen blicke, bin ich zufrieden und stolz. Das ist doch nicht normal, oder?

Ich schiebe das mal auf Corona, dass ich mich plötzlich für Gartenarbeit erwärme und nicht nur freiwillig, sondern auch mit Begeisterung einen Rechen zur Hand nehme. Wenn nicht, müsste ich mir eingestehen, dass ich alt und gleichzeitig spießig werde. Wobei …

… ich habe Blumenzwiebeln in der Wiese vergraben und nicht nur in diesem Jahr, sondern schon im letzten Herbst. Auweia!