PERRY RHODAN NEO Band 230 – »Ruf des Dunkels« von Oliver Plaschka
Die MAGELLAN und die CREST II kehren ins Solsystem zurück. Von hier bricht Perry Rhodan und seine Familie gleich wieder auf, um seine Tochter Nathalie zu besuchen, die sich hinter der Identität des Kaisers von Olymp versteckt.
Auf Terra durchlebt derweil Reginald Bull eine Unsterblichen-Krise. Erst als Rhodan von Olymp zurückkehrt, kann er den Freund daraus befreien. Doch die gemeinsame Zeit ist nicht von Dauer.
Der Oproner Merkosh ist mit dem Dunkelleben infiziert und möchte zurück in seine Heimat. Die CREST II mit Perry Rhodan und Thora bricht zu einer Reise ins Zentrum der Milchstraße auf. Merkoshs Zustand und ein paar Versäumnisse an Bord führen dazu, dass das Raumschiff havariert und auf einem scheinbar unbewohnten Planeten im Compariat notlanden muss.
Zuerst wird die CREST II von den Resten einer Zivilisation bedroht, dann kommen auch noch Piraten um das beschädigte Schiff der Terraner zu entern. Die erste Handlung des aggressiven Anführers der Druuwen ist, Perry Rhodan zu erschießen.
Oliver Plaschkas Romane sind eigentlich immer ein Highlight. Bei diesem kamen einige Dinge zusammen, die mein Lesevergnügen trübten. Der Autor erklärte bei Twitter, dass er Corona bedingt Schwierigkeiten beim Schreiben hatte und das merkt man dem Roman an. Wobei ich ihm da nicht mal die Schuld geben möchte, da lag bereits im Exposé einiges im Argen.
So unbefriedigend wie der Roman endet, so beginnt er bereits mit einem überflüssigen Prolog. Ohne Frage, die Szene aus dem Kontrollraum eines Stützpunktes auf dem Pluto ist lebhaft und humorvoll geschildert. Sie wirkt fast, als würde sie aus einer TV-Serie stammen. Genau das macht sie für Leser kompliziert. Ich bekomme auf den wenigen Seiten kein Bild von den mehr als fünf Personen. Die Namen sagen mir nichts und ich kann sie schlecht den Personen zuordnen. Viel schwerer wiegt, dass der einzige Zweck dieses Prologs darin besteht, dem Leser die Information über die gleichzeitige Änderung der Impulsfrequenz des Geminga- und des Vela-Pulsars zu vermitteln. Die Charaktere aus der Szene tauchen im Laufe des Romans nicht wieder auf und ich frage mich, wie sinnvoll ein solcher Prolog ist. Zur Steigerung der Spannung beim Einstieg eines Romans kann man die Kernszene des Romans als Prolog voranstellen. Das ist ein Stilmittel, das ich auch schon verwendet habe. So aber wirkt der Prolog wie ein loses Anhängsel. Als bezeichnend kann man die Tatsache nennen, dass der Prolog nicht in der Leseprobe der PR-Redaktion enthalten ist.
Die anschließenden Kapitel reißen den unbefriedigenden Beginn aber wieder heraus. Besonders die Schilderung von Bullys Problemen mit seiner Unsterblichkeit und der Doppelbelastung als Protektor und Systemgeneral, trieben mir nicht nur einmal die Tränen in die Augen. Auch der Familienausflug der Rhodans nach Olymp und Thoras offensichtlicher Ärger darüber, dass ihre Söhne Nathalies Tarnidentität die ganze Zeit über kannten und die Eltern in Unwissenheit ließen. Das war großartig geschrieben und ich hätte mir gewünscht, dass man den Protagonisten bis zum Ende des Romans Zeit gegeben hätte, ihre Konflikte zu lösen. Gerade Bully wäre es wert gewesen. Der Charakter wurde in den letzten Staffeln sehr stiefmütterlich behandelt, dabei gehört er zu den wichtigsten Figuren. Er hätte es verdient, dass man ihm einen ganzen Roman gönnt. Gerade die Tatsache, dass er mit seiner Unsterblichkeit hadert, dass er zusehen muss, wie langjährige Freunde altern und sterben, während er jung bleibt, dass er absichtlich den Zellaktivator ablegt, um sich betrinken zu können. Das alles, hätte man über den ganzen Roman in epischer Breite erzählen können. So bleibt es nur eine kurze Episode, die viel zu schnell wieder beendet ist, als die CREST II ins Zentrum der Milchstraße aufbricht.
Da beginnen nämlich die Probleme, nicht nur die für die Besatzung des Flaggschiffs, sondern vor allem für die Leser. Logiklöcher, klischeehafte Figuren, eine holpernde Handlung, die billige Schockeffekte benötigt, um Spannung zu erzeugen. Das kenne ich eigentlich von Oliver Plaschka nicht. Ich behaupte an dieser Stelle, dass dieser Teil auf das Konto der Exposéautoren geht. Da bleibt unentdeckt, dass der Oproner, der auf der Medo-Station unter Beobachtung liegt, stundenlang verschwinden und seiner Kleptomanie frönen kann. Ein Oberleutnant ist so unsympathisch beschrieben, dass man schon im Voraus erahnt, dass er den Einsatz nicht überleben wird.
Das Auftauchen der Druuwen, bei denen ich immer an die Druuf denken musste, ist dann der krönende Abschluss. Weil Rhodan derjenige ist, der mit den Piraten kommuniziert, wird er von deren Anführer erschossen. Jeder Leser weiß, dass Rhodan es überleben wird. Das ist an dieser Stelle weder schockierend noch überraschend. Bei jeder anderen Figur hätte das viel besser funktioniert. Bei Thora zum Beispiel, da wäre den Lesern sicher das Herz in die Hose gerutscht, aber so … Sorry, ich empfinde den Cliffhanger einfach nur als Effekthascherei.
Wieder endet der Flug eines terranischen Raumschiffes in einer Havarie. Das passiert jetzt das dritte Mal hintereinander bei einem Staffelauftakt. Überhaupt gleicht der Plot von Band 230 fast exakt dem von Band 220. Rhodan kehrt ins Solsystem zurück, es gibt ein paar Vorkommnisse auf der Erde. Dann rüstet man sich zur einer neuen Expedition, fliegt weg und landet prompt in Schwierigkeiten. Bitte, liebe Exposéautoren, das Muster möchte ich in Band 240 nicht noch einmal lesen. Besinnt euch mal wieder auf die Erde und auf die politischen Verhältnisse und auf Personen wie Reginald Bull, dass hat in der Vergangenheit doch schon mal gut geklappt.
»Ruf des Dunkels« beinhaltet einige wunderbare Szenen, die den Roman wertvoll machen. Leider wird die Chance zu einem genialen Charakteroman vergeben, weil man in meinen Augen zu sehr auf Action und das Vorantreiben der Staffel drängt. Dazu kommt der ähnliche Plot, wie beim letzten Staffelauftakt. Nein, das hat ein so großartiger Autor wie Oliver Plaschka nicht verdient.