Nach mehr als einem Jahr haben wir uns endlich die zweite Staffel Star Trek: DISCOVERY angesehen. Die Blu-Ray lag seit November im Regal, wir trauten uns nicht sie einzulegen, weil wir schon nach Staffel eins so enttäuscht waren.
Man muss der Serie zu gute halten, dass sie einige sehr gut funktionierende Charaktere hat. Das war schon in der ersten Staffel so. Da mochte ich Saru und Captain Lorca, den ja leider der Serientod ereilte. Auch die zweite Staffel kann mit tollen Figuren aufwarten. Captain Pike zum Beispiel, aber auch die Ingenieurin Reno, deren trockene pragmatische Art mich regelrecht begeistern konnte. Das sind Charaktere mit Kanten, die vielschichtig und tiefsinnig sind. Der Kelbianer Saru hat sich nochmal richtig steigern können, und es war gut von Pike, ihn zum Captain der DISCOVERY zu machen.
Was die Effekte, die Sets und die Kostüme angeht, gibt es ebenfalls wenig zu meckern. Beeindruckend fand ich die Brücke der ENTERPRISE. Da ist den Set-Designern eine harmonische Verbindung zwischen dem Look der Classic-Serie und den modernen Möglichkeiten von heute gelungen. Die DISCOVERY finde ich nach wie vor zu modern. Bei manchen Sets, wie dem abgestürzten Raumschiff auf dem Asteroiden in Folge eins, frage ich mich, in welcher Fabrikruine sie das gedreht haben. Das wirkte alles andere, als wie das Innere eines Raumschiff-Wracks. Aber okay, damit kann ich leben.
Womit ich so gar nicht klarkomme, ist der Handlungsaufbau. Freundlich formuliert: es war besser als in der ersten Staffel, aber oft waren die Plotholes so groß, dass das komplette Schiff darin unterging. Die Geschichte um den roten Engel, die Zeitreisen von Burnhams Mutter, die Machtübernahme der KI »Control« alles gut und schön. Es birgt eine Menge Konfliktmaterial, aus dem man eine spannende Geschichte erzählen kann, sofern man die Integrität der Serie im Auge behält. Doch genau hier scheitern die Macher. Die innere Logik wird so oft gebrochen, dass ich mich frage, ob die Autoren wirklich Einfluss auf den Verlauf der Episoden hatten, oder ob Alex Kurtzmann schlicht und einfach über ihre Köpfe hinweg entschieden hat, das machen wir so, weil es cool klingt oder aussieht. Ich denke nämlich nicht, dass Autoren, die sich so komplexe Figuren ausdenken, nicht in der Lage sein sollen, einen logisch funktionierenden Plot zu schreiben, der ohne Deux ex machina auskommt und bei dem die physikalischen Gegebenheiten des Star-Trek-Universums in jeder Folge so verbogen werden müssen, damit das Ganze funktioniert.
Bei Star Trek: Discovery heißt das Motto: Bitte nicht nachdenken! Denn wenn man die Handlung hinterfragt, kommt man schnell dahinter, wie löchrig das Konstrukt ist. Beispiel Geschwindigkeiten. Da werden große Entfernungen mit Schiffen und Shuttles innerhalb kürzester Zeit zurückgelegt. Mal davon abgesehen, das Shuttleschiffe eine begrenzte Reichweite haben, aber da wird mal schnell vom klingonischen Sektor aus nach Vulkan und zurück geflogen. Taylor fliegt in Folge 13 und 14 innerhalb einer Stunde nach Kronos und holt die Kanzlerin mit ihrem Bird of Prey zur Schlacht ab. Es gab noch weitere solcher Timing-Problematiken. Und die stören mich eben. Klar es ist Science Fiction, da ist viel möglich, aber kann man nicht wenigstens innerhalb der Serie konsistent bleiben? Michael Okuda hat eine Tabelle mit Warpgeschwindigkeiten entwickelt. Warum hält man sich nicht daran, wenn man sich doch angeblich so mit Star Trek verbunden fühlt.
Am unplausibelsten waren die beiden letzten Episoden. Sie wollen die DISCOVERY um 950 Jahre in die Zukunft schicken, um sie vor dem Zugriff von Control zu entziehen. Haben aber den von Control übernommenen Leland an Bord. Der wird von Georgiou mittels Magnetismus erledigt, das Netzwerk bricht zusammen, Control ist damit Geschichte. Bedeutet das aber letztlich nicht, dass die DISCOVERY gar nicht in die Zukunft hätte »fliegen« müssen? Und wenn dann nehmen sie Control mit in die Zukunft? Sie lösen das Problem nicht, sie verlagern es nur.
Überhaupt, der Zeitkristall! Hieß es nicht, dass er nur einen Zeitsprung durchhält? Warum kann Burnham dann fünf mal in die Vergangenheit reisen, um die Signale abzusetzen und hat anschließend noch genug Energie für den Sprung in die Zukunft?
Am Ende werden alle »geblitztdingst«, damit sich ja keiner an die DISCOVERY und Burnham erinnert. Aber warum wurde dann erst erklärt, dass das Schiff zerstört wurde? Was ist mit den Angehörigen der Crew, was ist mit den Abschiedsbriefen, die übrigens mitten in der Schlacht geschrieben wurden? … Nein, nicht nachdenken.
Es gibt auffällig viele weibliche Charaktere. Zu auffällig für meinen Geschmack. Man merkt deutlich, dass da die Genderproblematik das Casting dominiert. Mit der Auswirkung, dass die Männer in der Serie eher schwach wirken. Problematisch ist und bleibt die Protagonistin – Heulsuse – Michael Burnham. Sie wirkt wie der Charakter einer Fan-Fiction-Geschichte. Sie ist eine klassische Mary Sue, sie kann alles, sie weiß alles, sie ist die Retterin des Universums. Dabei heult sie gefühlt drei Mal pro Episode. Echt. Also ich mag ja emotionale Plots, aber das was ich bei Discovery geboten bekomme, ist selbst mir zu viel. Hätte ein Fan diese Geschichte geschrieben, man hätte auf ihn eingehackt. Wobei ich den Fanautoren unrecht tue, denn ich kenne ganz viele Fanromane die hundert mal besser sind, als das was Discovery zeigt.
Ich wünschte mir, die Verantwortlichen bei CBS bzw. Paramount würde das Geld statt in neue Serien lieber in die digitale Aufbereitung von Deep Space Nine stecken. Da war das wichtigste an einer Serie nicht der Look, sondern die Handlung. Das war kein Fast Food fürs Gehirn, da musste man noch mit- und nachdenken.
Von Alex Kurtzmann (und Roberto Orci) halte ich auch nicht besonders viel. Seit die bei Star Trek mitmischen, sind die Storylines unlogisch und voller Effekthascherei.
Manchmal bin ich froh, dass ich so ein schlechtes Gedächtnis habe. Da fallen mir solche Sachen erst nach dem dritten oder vierten Mal gucken auf.
Aber auch umgekehrt. Wir schauen derzeit Deep Space Nine. Ich mochte die Serie damals nicht, weil sie mir zu düster war und Kriegsgeschehen haben mich noch nie als Storyline interessiert. Aber Deep Space Nine hat ein paar der besten Star Trek Folgen überhaupt. Das genieße ich gerade :)
DS9 ist nach wie vor meine Lieblingsserie im Star Trek-Universum. Eine der wenigen Star Trek-Serien, die ihr Potenzial voll ausschöpfen konnten. Und sie hat durch die vielschichtigen Charaktere und die komplexe Handlung viele Hobbyautoren/innen inspiriert.
Sehr ähnlich empfand ich das auch. Lorca, Pike, Reno — alle toll. Burnham — schlimm, besonders weil die Schauspielerin nicht gut ist (oder nicht anders darf). Saru mag ich, aber seine Hintergrundgeschichte fand ich zu düster für Trek. Insgesamt denke ich nicht, dass ich der Serie weiter folgen werde. Eher noch Picard, da trägt wenigstens Stewart.