Schreibblockade

In diesen Tagen möchte ich so viel schreiben, über Dinge, die mich beschäftigen, Entwicklungen, die ich nicht gut finde und Probleme, die jeden Tag an mich herangetragen werden. Ich habe mit Ärzten gesprochen, mit Therapeuten, mit Lehrern und Handwerkern, mit Architekten und Vertretern. Und irgendwie stimmen mir alle zu, dass an der derzeitigen Krise irgendetwas faul ist.

Ich könnte mich also aufregen, über die Intransparenz der Zahlen in den Nachrichten, über den Untergang der Demokratie, wenn Gesetze und Verordnungen ohne das Parlament beschlossen werden. Darüber, dass unter den Menschen Angst geschürt wird, damit sie dazu auch noch Beifall klatschen. Über Firmen, die die Krise nutzen, um sich gesund zu stoßen. Über Menschen, die Nothilfen beantragen, die sie nicht brauchen, weil es keine Kontrollen gibt. Über Polizeiwillkür und unsinnige Verbote, die keinem etwas bringen, außer den Menschen zu zeigen, wer jetzt hier das sagen hat. Darüber, dass ich körperliche Beschwerden habe, weil ich zu lange sitze und zu wenig laufe. Dass ich Zahnarzttermine absagen muss und Praxen geschlossen bleiben, statt Menschen zu behandeln, die es notwendig haben.

Jedes Bundesland geht anders mit der Krise um. Während man in München daheimbleiben muss und sich nicht mal zum Lesen auf eine Bank setzen darf, ohne verhaftet und mit Busgeldern belegt zu werden, dürfen die Hamburger (die Stadt mit den meisten Infizierten pro 100000 Einwohnern) sich frei bewegen. Während das Strandbad in Waging (eigentlich nur der Zugang zum See) gesperrt ist, hat das Strandbad in Tengling (gleicher See) geöffnet.

Wie gesagt, ich könnte mich darüber aufregen, aber ich tue es nicht, weil ich dann nur Unverständnis ernte und vielleicht sogar in die rechte Ecke gestellt werde. Weil mir dann Unmenschlichkeit vorgeworfen wird und ich nicht verstehen würde, worum es eigentlich geht. Es wird mir jeden Tag mehr bewusst, dass meine Befürchtungen nicht ernstgenommen werden und ich nicht mal mehr sagen darf, was ich denke.

Nein, den Schuh ziehe ich mir nicht an. Ich lese weiterhin aufmerksam die Berichte in den Tageszeitungen und Vergleiche die Aussagen der Politiker mit dem, was Menschen von der »Front« berichten. Ich bilde mir mittels eigener Erfahrungen meine eigene Meinung. Wir müssen sehr aufpassen. Was gerade in unserem Land geschieht, könnte wegweisend für die Zukunft sein.

Ich komme aus einem totalitären Staat und ich wollte eigentlich nie wieder dahin zurück. Doch momentan fühlt es sich genauso an.