Immer wieder werde ich gefragt, warum ich nicht bei Facebook oder in anderen Sozialen Netzwerken bin. Man findet mich auch nicht bei WhatsApp.
Es gibt dafür viele gute Gründe. Zum einen, möchte ich den Konzernen nicht noch mehr Daten über mich schenken, als ich es ohnehin schon tue. Mit jedem Besuch im Netz hinterlässt man Fußabdrücke, die von Firmen wie Google oder Facebook zur Analyse genutzt bzw. verkauft werden. Das ist ein riesiges Geschäft, von dem wir, die wir die Daten liefern, nicht oder nur bedingt profitieren.
Auf der anderen Seite möchte ich die wenige Freizeit, die mir bleibt, sinnvoll nutzen und nicht in irgendwelchen digitalen Welten verbringen. Mit digitalen »Freunden«, die ich nicht kenne, die mich nicht kennen und die ich im richtigen Leben vielleicht gar nicht mögen würde. Das ist mir zu oberflächlich.
Ein weiterer Punkt, weswegen ich mich so vehement dagegenstemme, ist die Tatsache, dass ich die Sozialen Medien für ein gigantisches Psycho-Experiment halte. Hier werden Menschen mit perfiden Methoden manipuliert und zu Dingen getrieben, die sie sonst nie getan hätten. Ich wundere mich nicht mehr, über den ungezügelten Hass, der in den Foren und auf den Plattformen herrscht. Das ist nur eines der Auswirkungen, die uns Facebook und Co eingebracht haben.
Am schlimmsten finde ich das Belohnungssystem, durch Herzchen und Likes, an dem sich inzwischen sehr viele Leute finanziell bereichern. Damit wird gezielt eine Schwäche des Menschen für Geschäfte ausgenutzt – der Wunsch nach Anerkennung. Jeder freut sich über Lob und Anerkennung, im Internet ist diese Art Belohnung sehr einfach zu bekommen. Man postet ein Bild bei Instagram und bekommt Herzchen, man schreibt einen schlauen Satz bei Facebook und bekommt umgehend eine Reaktion mittels Likes oder vielleicht sogar einen Follower.
Wie sich diese Art der Instant-Belohnung auf Menschen mit schwachem Selbstbewusstsein auswirkt, kann man sich vorstellen. Unter Umständen posten diese Menschen viel mehr Dinge aus ihrem Privatleben, als gut für sie und ihre Umwelt ist. Sie checken dauernd, ob sie wieder neue Likes oder einen neuen Follower bekommen haben. Dadurch werde sie abgelenkt, abhängig und verbringen somit viel mehr Zeit im Internet.
Noch schlimmer wird es, wenn sie für diese Art Ruhm Geld ausgeben und sich Likes oder Follower kaufen. Denn die Anzahl an Likes und Follower bestimmt den Wert des persönlichen Accounts. Influenzer, also Menschen die von Firmen gesponsert werden, damit sie im Internet Werbung für deren Produkte machen, benötigen möglichst viele Follower, von denen sie viele Likes bekommen. Denen wird es irgendwann nicht mehr ausreichen, von echten Menschen gelobt zu werden und sie werden sich Follower kaufen. Also Fake-Accounts, die durch Botnetze erzeugt werden und die nicht von realen Personen stammen.
Welche Funktionalität dahinter steckt und wer alles daran verdient, las ich unlängst in einem spannenden Artikel auf Vice. Unter der Überschrift »Die Applausfabrik« beschreiben die Autoren der Nachrichtenseite, wie das Belohnungsystem von Facebook und Instagram funktioniert, wer daran beteiligt ist und welche illegalen Wege die Hacker ausnutzen, um Likes und Follower zu »produzieren«.
Übrigens hat Instagram vergangene Woche die Likes für angemeldete Nutzer ausgeblendet. Soll heißen, die Belohnung ist nicht mehr sichtbar, obwohl sie im Hintergrund weiter aufgezeichnet wird. Werden jetzt Millionen von Nutzern die Plattform verlassen? … Willkommen zur nächsten Phase des Psycho-Spiels.