Am Samstag den 16.11.2019 besuchte ich einen Gottesdienst. Ich bin kein großer Kirchgänger, aber der Gedenkgottesdienst für den ehemaligen Superintendent und Pfarrer war für mich ein Pflichttermin.
Es gibt Pfarrer, die sind Pfarrer von Beruf und es gibt Pfarrer, die sind Pfarrer aus Berufung. Zu letzterem gehörte Ludwig Große. Sein Engagement für die Saalfelder Kirchgemeinde und darüber hinaus, wirkt bis heute nach, obwohl er schon lange im Ruhestand war.
Er verstarb am 3. Oktober 2019. Am Samstag wurde sein Wirken in stilvollem Rahmen und in Begleitung vieler Menschen gewürdigt. Somit hat er es nicht nur zu Lebzeiten geschafft, die große Johanneskirche vollzubekommen, sondern auch nach seinem Tod.
14 Pfarrer gaben ihm das letzte Geleit. In der Trauerpredigt wurde vieles aufgezählt, was er in seinem langen Leben getan hat. So blieb er da, wo andere Pfarrer in den Westen abgehauen sind und setzte sich für die Schwachen und die Verfolgten ein. Er bot dem DDR-System die Stirn und verstand es, die Kirchgemeinde in der DDR neben und trotz der Staatsmacht erblühen zu lassen. Er half den Pfarrern im Grenzgebiet ihre Arbeit zu tun und seine systemkritischen Weihnachtsspiele, die er selbst schrieb, waren beliebt, obwohl sie immer am frühen Morgen des ersten Weihnachtsfeiertags aufgeführt wurden.
Nach der Wende wurde er mit der Einführung des Religionsunterrichts in Thüringen betraut. Etwas, dass er persönlich nicht für gut hieß, denn die Christenlehre und der Konfirmanden-Unterricht außerhalb der Schule hatte sich in der DDR bewährt. Er setzte sich dennoch mit aller Kraft dafür ein und machte die Thüringer Schulen zum Vorreiter des Religionsunterrichts in den neuen Bundesländern.
Als 2010 mein Mann und ich beschlossen zu heiraten, kam für uns eigentlich nur die Saalfelder Johanneskirche in Frage. Pfarrer Ludwig Große war damals schon Ende Siebzig und nicht mehr im aktiven Dienst. Aber er erklärte sich sofort bereit, uns zu trauen. Ich erinnere mich, wie wir zum Traugespräch in seinem Arbeitszimmer in seinem Haus in Bad Blankenburg saßen und plauderten. Er zeigte sich weltoffen und ließ sich von uns über Star Trek aufklären, weil wir in Star Trek-Uniform heiraten wollten. Er hat das sogar in seine Predigt aufgenommen.
Der Trauergottesdienst für ihn am Samstag hätte ihm sicher gefallen. Es wurden seine Lieblingslieder gespielt, die Thüringer Sängerknaben sangen. Neben seiner Familie waren viele Menschen zu seinem Abschied gekommen. Die Sonne schien durch die bunten Fensterscheiben und brach sich an den weißen Wänden der Johanneskirche, für deren Umbau und Restaurierung er damals federführend war. Ein Mamutprojekt, wie so vieles, was er in seinem Leben energisch angepackt hat.
Ich bin sicher, er wird vielen Menschen in positiver Erinnerung bleiben.