Brückenschlag

Fußgängerbrücke der Superlative

Ich war am Wochenende mal wieder daheim in Thüringen. In den vergangenen 30 Jahren nach der Wende hat sich vieles in und um die Stadt verändert, das meiste zum Besseren. Es wurde viel Geld in die Hand genommen, um Denkmäler und Straßen zu sanieren oder um neue Gewerbegebiete und Siedlungen zu bauen.

Nicht alles, was dabei entstanden ist, begeistert mich. Vieles hätte man anders und besser machen können. Vor allem hätte man mehr für die Geschäfte in der Innenstadt tun müssen und dafür weniger Flächen an den Stadträndern zubetonieren dürfen. Aber das ist bekanntlich in fast jeder deutschen Stadt ein Problem.

Bei einigen Projekten haben die Stadtoberen aber übers Ziel hinausgeschossen. So bei der zweifelhaften Sanierung des Marktplatzes, bei dem man nicht nur das bestehende antike Kopfsteinpflaster durch Pflaster aus Vietnam ausgetauscht hat, sondern auch gleich mal die alten Linden gefällt und anschließend für teures Geld neue gesetzt hat. Die zweihundertjährige Linde vor der Kirche wurde gefällt, weil sie angeblich morsch war, was aber nicht bewiesen werden konnte, weil der Baum in einer Nacht und Nebelaktion gefällt und weggebracht wurde. Später wurde dann argumentiert, die Linde hätte dem Umbau des Platzes vor der Kirche im Weg gestanden. Der Umbau lässt allerdings seit Jahren auf sich warten.

Auf sich warten lassen hat auch der sogenannte »Zeiss-Steg«. Eine Fußgängerbrücke, die über die Saale führte und die in der frühen DDR errichtet wurde, damit die Leute schneller zur Arbeit ins Zeisswerk kamen, ohne dafür den Umweg über die große Saalebrücke zu nehmen. Die einfache Betonbrücke war über die Jahrzehnte marode geworden und wurde vor ein paar Jahren weggerissen. Seitdem baut die Stadt an einem Ersatzbau. Jahrelang bewegte sich nicht viel. Es hieß, dass die neuen Fundamente nicht passten und wieder abgerissen werden mussten. Wie das eben so ist.

Jedenfalls konnte ich am Wochenende, die nun fast fertige Brücke endlich besichtigen. Ganz ehrlich, ich dachte, ich sehe nicht richtig. Statt eines einfachen Fußgängerstegs, den man mit schlichten Betonteilen relativ einfach und unkompliziert hätte setzen können. (Funktioniert bei jeder Eisen- und Autobahnbrücke) starrte mir ein monströses Designobjekt entgegen. Mit Tragseilen und gebogener »Fahrbahn«.

Echt jetzt, musste das sein. Das Ding hat sicher Millionen verschlungen. Millionen, die in sozialen Projekten oder bei der Sanierung einiger Seitenstraßen sicher besser aufgehoben wären, als in einer  Miniausgabe der Golden Gate Bridge. Ich frage mich, was die Mitglieder des Stadtrats geritten hat, so einem Projekt zuzustimmen.

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, wurde jetzt daneben noch das Saalewehr aufgerissen. Dort sieht es aus, als wolle man den halben Fluss ausbaggern. Begründung, die Fische kämen nicht über das Wehr. Dabei wurde dort Ende der Neunziger für viel Geld eine Fischtreppe errichtet.

Als ehemalige Bewohnerin kann ich darüber nur den Kopf schütteln und mich fragen, ob wir momentan keine dringenderen Probleme haben und Steuergelder nicht besser angelegt werden können.

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