PERRY RHODAN NEO Band 192 – »Der letzte Blick auf SOL« von Kai Hirdt
Perry Rhodan wird von NATHAN beauftragt herauszufinden, wie weit die geistige Beeinflussung von ANDROS inzwischen reicht. Dazu bricht er mit zwei Freiwilligen in einer Space-Jet auf. Der Einsatz geht fehl und auch die Crew der MAGELLAN gerät unter ANDROS Einfluss. Nur Bully und Rhodan sind durch Zelldusche und Zellaktivator nicht betroffen. Gerettet werden Rhodan und die MAGELLAN schließlich von Atlans GARTAVOUR.
Mirona Thetin persönlich kommt dem Protektor und seinem Schiff zu Hilfe. Auf dem Mars versuchen sie und Rhodan herauszufinden, wer das Notsignal gesendet hat, das Mirona hergelockt hat. Es war Mironas Schwester, Avandrina.
Die liegt im sterben, beschützt durch die Bestie Tro Khon, die von Icho Tolot und dem Leyden-Team im Kuipergürtel aufgestöbert wird. Während er Avandrina an Rhodan und Mirona übergibt, behält er Tolot und das Team Leyden gefangen, ohne zu verraten, warum.
Auf Mimas erlangt Avandrina mit Hilfe von Sud so lange das Bewusstsein wieder, dass sie Rhodan eine Aufgabe erteilen, und sich mit ihrer Schwester versöhnen kann.
Weil Bully NATHANS Vorschlägen zur Verteidigung gegen ANDROS nicht traut, versucht er selbst den Prototypen einer Waffe zu testen. Doch die Mission scheitert. Zwei Besatzungsmitglieder der MAGELLAN sterben, während Bully in letzter Sekunde von einem Posbischiff gerettet werden kann.
Perry Rhodan watete durch den flüssigen Sauerstoff auf der Suche nach einer Feueraxt. Es war in der Tat keine so gute Idee gewesen, die Temperatur im Hangar auf minus 200 Grad Celsius abzusenken, ohne zuvor die Atmosphäre abzusaugen. Und warum zur Hölle hatte Bully ihn gebeten, eine Feueraxt aus dem Schiffswrack zu holen? In Raumschiffen gab es nichts, was man im Brandfall mit einer Axt hätte bearbeiten können. Die Schläge hätten nur unschöne Dellen im Metall hinterlassen, aber kein Leben gerettet. Rhodan hielt inne. Das ergab keinen Sinn, außer dass sich der Chef der Raumflotte einen Scherz mit ihm erlaubte.
Er aktivierte das Interkom. »Bully?« Ein Feixen drang aus dem Lautsprecher, ein unterdrücktes Lachen, das ihm seine Ahnung bestätigte. »Okay, hier gibt es keine Feueräxte nur einen See aus flüssiger Luft. Du hast gewonnen. Sag es!«
»April, April!«, prustete Reginald Bull los.
Mit dieser kleinen Geschichte fasse ich mal die physikalischen Aussetzer des Romanes zusammen. Denn das ist nämlich alles, was ich an dem furiosen Werk von Kai Hirdt auszusetzen habe. Jede Seite des Romans ist vollgepackt mit aktionreicher Handlung, gelungenen Dialogen, die nicht nur Spaß machen, sondern mitunter auch ziemlich tiefsinnig sind. Mir als Leserin wurde es zu keinem Zeitpunkt langweilig. Es ist wahrlich ein Feuerwerk, was der Autor hier abbrennt.
Es tauchen Personen auf, die man nicht auf der Rechnung hatte. Es werden Fäden aus lang zurückliegenden Staffeln verknüpft. So langsam schält sich heraus, was lange im Verborgenen lag. Aber es wird auch einiges endgültig zu den Akten gelegt. Die Liduuri sind tot. Das kosmische Schachspiel zwischen ANDROS und ES steuert auf sein Ende zu und noch weiß niemand, wer gewinnen wird. Zumindest muss Rhodan sich nun nicht mehr entscheiden, welchen Personen die Liduuri eine Zelldusche gewähren sollen. Es wäre auch ziemlich hart. Wobei, zumindest seine Frau Thora geht in dieser Hinsicht nicht leer aus. Sie erhält den Zellaktivator von Avandrina.
Erwähnenswert sind auch die vielen Nebenschauplätze aus dem Roman. Um nur einige zu nennen: Rhodans Einsatz in der Space-Jet, Tro Khons Rache an Tolot, Bullys Alleingang und NATHANS kryptische Versuche, die Menschen und das Sonnensystem vor ANDROS zu schützen. Ich frage mich zwar, warum die Menschen dem Mondgehirn immer noch misstrauen, obwohl es ihnen bisher immer geholfen hat; auf unkonventionelle Art zwar, aber es hat nie einem Menschen geschadet.
»Der letzte Blick auf Sol« liefert Unterhaltung pur. Die physikalischen Unkorrektheiten kann ich angesichts der berauschen Fülle verschmerzen. Den etwas übertrieben dramatischen Titel auch. Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Die Staffel startet besser, als ich erhofft hatte.
Mein Wehmutstropfen waren weniger die physikalischen Ungereimtheiten, als das Logik-Problem mit Rhodans Ausflug in der Space-Jet: Die Programmierung des Autopiloten ergibt für mich einfach keinen Sinn. Die Hauptfunktion dieser Programmierung war, sicher zu stellen, dass die Space-Jet sicher zurückkehrt, sobald jemand an Bord in den Bann von ANDROS gerät. Wieso war es also nötig, dass ZWEI der drei Besatzungsmitglieder zurückkehren wollen, damit dies geschieht? Das bringt keinen ersichtlichen Vorteil.
(Wir lernen, dass Rhodan davon ausging, dass die Besatzungsmitglieder nacheinander und nicht gleichzeitig. Aber, erstens, für diese Annahme gab es keinerlei Grundlage und zweitens, selbst dann bringt es keinen Vorteil, zwei „Stimmen“ für einen Rückzug zu benötigen …)
Rhodan et al. scheinen hier also einen sehr einfachen Denkfehler gemacht zu haben. Was das Problem verschlimmert, ist, dass die Handlung nicht viel anders abgelaufen wäre, wenn Rhodans „Zurück“-Kommando erhört worden wäre – zu dem Zeitpunkt, als Rhodan das Kommando gibt, war die Besatzung der MAGELLAN schon im Bann von ANDROS.
Das ist natürlich, im großen und ganzen gesehen, eine Kleinigkeit. Wie dir hat mir der Roman sonst außerordentlich gut gefallen: Er war nicht nur gut konstruiert und spannend, sondern hat die Handlung auch in vielerlei Hinsicht vorwärtsbewegt.
Auch gefällt mir, dass es wirklich so aussieht, als ob das Schachspiel/Ringen bald zu Ende geht. Zwar mag ich große Handlungsbögen, aber ich muss doch zugeben, dass sich das Ringen langsam ein bisschen … hinzieht. Seit etwa hundert Romanen hat alles irgendwie mit dem Ringen zu tun (und die Schatten wurden schon länger geworfen, spätestens seit den 40er-Romanen). Ich hoffe, dass es ab Band 200 neue Themen und Probleme gibt.
(Vielleicht hat mir deshalb die Blues-Staffel gefallen, weil dort – zumindest während der Besuche bei den einzelnen Blueswelten – das Ringen ein bisschen in den Hintergrund getreten ist.)
Stimmt schon, die Logik hinter dem Space-Jet-Ausflug hat sich mir auch nur schwer erschlossen, aber es war gut geschrieben, da drücke ich schon mal eine Auge zu.
Mich hat mehr Bullys Space-Jet-Ausflug gestört. Er engagiert zwei Offiziere, ohne sie über die Gefährlichkeit der Mission aufzuklären. Zumal er auch ziemlich blauäugig herangeht. Letztlich hat er den Tod zweier Menschen auf dem Gewissen. Ich hoffe sehr, dass das noch ein Nachspiel hat. Ansonsten fände ich das fragwürdig.
Ja, da stimme ich dir zu. Zumal es völlig unklar war, warum eine so große Geheimhaltung nötig war. Und im Gegensatz zu Rhodan gibt Bully den beiden keine Gelegenheit, es sich anders zu überlegen, nachdem er sie über die Natur der Mission aufgeklärt hat.
Dafür noch zwei Dinge, die mir sehr gefallen haben:
1. Die Umsetzung von mehreren Handlungssträngen in einem Roman. Ein in PR (Neo) sehr oft genutztes Stilmittel, das mehr Fingerspitzengefühl braucht, als man zuerst meinen möchte, und das (für mich) oft nicht so gut funktioniert (siehe meinen Kommentar zu „Die Leiden des Androiden“). Hier aber meisterhaft gelöst.
2. Tro Khon, insbesondere die Tatsache, dass er gar nicht rachsüchtig erscheint (wie man es von Bestien gewohnt ist): Er will nur (mit zugegebenen zweifelhaften Mitteln) Icho Tolot dazu bringen, sich selbst und anderen einzugestehen, dass er Khon nur deshalb im Stich gelassen hat, weil er eine Bestie ist. Nachdem Tolot das zugibt, scheint Khon zufrieden und trachtet nicht danach, sich an Tolot zu rächen.
Ich bin ein Sucker für Charaktere, die aus dem „Schema“ für ihr Volk fallen. In der klassischen Serie scheint (immer noch) ein seltsamer genetischer Determinismus angenommen zu werden (Alle Aras sind Ärzte [und fast alle Ärzte Aras?], alle Mehandor sind Händler, alle Naats sind Krieger, …). Bei Neo ist das anders, z. B. finden wir Aras, die lieber Geheimagenten/Privatdetektive sind als Ärzte (PRN55), Naats die Ärzte sind (PRN58), Mehandor, die viel lieber Abenteuer erleben als Verträge auszuhandlen (Belinkhar) … und jetzt eben eine Bestie, die wenig aggressiv oder rachsüchtig ist.
Von Beobachtern (Leibnitz in PRN164, Abha in PRN192) wird das einer eventuellen Depression aufgrund von Khons Verstümmelung zugeschrieben, ich fände es aber schöner, wenn sich herausstellt, dass Khon schon vorher ein Wissenschaftler war, dem Aggressivität und Rachsucht fremd waren …
Und noch so ein Logik-Loch (in diesem Fall für mich aber eher ein Fall von Kühlschrank-Logik): Wenn Icho Tolot sich alleine mit dem Eremiten/der Bestie auseinandersetzen will (und deshalb der ES WAR EINMAL IN SANKT PETERSBURG falsche Ortungsdaten einspielt, damit die Besatzung nicht merkt, dass er nach Orcus aufgebrochen ist), warum hat er dann überhaupt Leyden et al. mitgenommen? Er hat das Team in 191 explizit eingeladen, wenn er das nicht gemacht hätte, hätten sie von seinem Ausflug nichts bemerkt.
(Sorry für die Kommentar-Serie, ich finde es nur grade amüsant, wie gut mich ein Roman unterhalten kann, auch wenn er diverse Logik-Löcher aufweist. Aber ich bin auch jemand, der gelegentlich „Dr Who“ genießen kann, obwohl die Serie eigentlich nur ein großes Logik-Loch ist …)
Genau das macht die Qualität eines guten Autors aus: einen Roman so unterhaltsam zu schreiben, dass Logik-Löcher irrelevant werden.
Und keine Sorge, ich freue mich immer über Deine Kommentare.