»Früher war alles schlechter« ist der Titel eines Buches von Guido Mingels, das ich vergangenes Jahr von meinem Mann geschenkt bekam. Auf 115 Seiten werden in anschaulichen Infografiken, Statistiken aus einhundert Jahren aufbereitet. Die Themenvielfalt deckt den ganzen Bereich des menschlichen Daseins ab. Von der Lebenserwartung über Terroranschläge und bis hin zu Bierkonsum und Weißen Weihnachten.
Zahlen lügen nicht, heißt es. Und wenn man sich die Grafiken so anschaut, so ist die Welt tatsächlich nicht so schlecht, wie wir glauben. Früher war tatsächlich vieles sehr viel schlechter. Nur unser Eindruck ist ein anderer, als noch vor zwanzig Jahren. Durch das Internet bekommen wir heute sofort mit, wenn in China mal »ein Sack Reis umfällt« oder in der Nachbarschaft einer die Zeche geprellt hat. Die Flut an Informationen ist es, die uns suggeriert, dass die Welt kurz vor dem Untergang steht.
Natürlich ist auf der Welt vieles nicht so, wie es sein sollte, aber in manchen Dingen haben wir tatsächlich eine verzerrte Wahrnehmung. Zum Beispiel was die Zahl der Todesopfer von Terroranschlägen in Westeuropa angeht. Die war in den 70er und 80er Jahren doppelt bis dreimal so hoch wie seit dem Jahr 2000. IRA, Eta und RAF töteten manchmal bis zu 400 Menschen im Jahr (nur in Europa). In einer Zusatzinformationen zur Grafik erfährt der Leser, dass Terrorismus eine äußerst erfolglose Form der Konfliktlösung ist, und praktisch alle Terrorgruppen von 1968 bis 2006 scheiterten.
Das kleine Sachbuch zeigt das Leben in nüchternen Zahlen, ist hübsch aufbereitet und mit spannenden Informationen ausgestattet. Ich schlage hin und wieder mal nach, wenn ich irgendwo die Behauptung lese, dass dieses oder jenes früher besser war. Meistens entpuppt sich die Meldung dann als übertrieben. Und das beruhigt mich irgendwie ein bisschen.
Die gebundenen Ausgabe erschien im April 2017 in der Deutschen Verlags-Anstalt und ist in jeder Buchhandlung oder bei allen Onlinehändlern erhältlich.
Zahlen lügen nicht (höchstens derjenige, der sie zusammenstellt und aufbereitet), sind aber irrelevant. Entscheidend ist das Gefühl. Da wir uns nicht gern an das Schlechte, an schlimme Erlebnisse usw. erinnern, sondern lieber die schönen Erinnerungen pflegen, fühlt es sich wirklich so an, als sei früher alles besser gewesen. Das war vermutlich noch nie anders. Schon im antiken Griechenland hat sich der eine oder andere Philosoph über den Verfall der Sitten beklagt und war der Meinung, die von ihm für modern gehaltene Welt sei ganz furchtbar…
Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast … :-)