PERRY RHODAN NEO Band 156 – »Die Schmiede des Meisters« von Oliver Plaschka
Das ich ein Fan des Autors bin, habe ich schon mehrfach erwähnt, um so mehr freut es mich, dass er zur aktuellen Staffel einen Roman beisteuern durfte. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht, denn dem »Meister der Harmonie« gelingt es wiedermal eine rundum gelungenen Geschichte zu erzählen. Die Abläufe passen perfekt ineinander, der Plot ist nicht überladen und auch die Charaktere sind überzeugend. Und da sich die Geschichte um die Meister der Insel in Andromeda auch über die nächsten Staffeln hinziehen wird, ist es nicht weiter schlimm, wenn dieser Roman so gut wie keinen Handlungsfortschritt innerhalb des Staffelkorsetts bietet.
Analog zu Band 154 von Susan Schwartz erzählt Oliver Plaschka ebenfalls die Geschichte aus den Augen einer jungen Frau, die auf einem Planeten der Thetiser lebt. Anders als seine Autorenkollegin widmet sich der Autor dabei keinen ungewöhnlichen Umweltbedingungen, sondern den gesellschaftlichen Umständen auf einer Industriewelt. Die Welt Soom im Kur’shsystem ist eine Diktatur der Arbeit. Arbeit ist das höchste Gut der hier lebenden Thetiser. Sie produzieren ohne nachzudenken, gehen in ihrer Arbeitet auf und opfern ihr ganzes Leben um Meister Molat zu dienen. Eine planetenweite Überwachung, mediale Beeinflussung und bedingungslose Treue zum System begleiten die Bewohner des Systems von der Geburt bis zum Tod. Ein System aus Klassen teilt die Thetiser in Sektionale und Sektorale in Arbeiter und Intelligenz. Beherrscht werden sie von einem Kreis aus Transsektionalen, die dem Meister unterstellt sind und in seinem Sinne regieren sollen. Dass dem nicht immer so ist und dass die Meister der Insel noch viel verschlagener sind, bildet die Grundaussage dieses Gesellschaftsromans. Denn eine Gruppe junger Menschen, die sich L’Urka nennt, verweigert sich dem System und zettelt eine Revolution an. Als die Rädelsführerin öffentlich hingerichtet werden soll, kommt es zu einer überraschenden Intervention durch Meister Molat höchstpersönlich.
Perry Rhodan und Co sind nur Beobachter in diesem »Spiel«, eigentlich sind sie nur Bittsteller ohne die Möglichkeit zu intervenieren. Denn Leibnitz hat mit einer Transsektionalen vereinbart, dass die MAGELLAN im Austausch gegen Posbitechnologie die dringend benötigten Ersatzteile bekommt. So sind Perry Rhodan die Hände gebunden, als die wie Punks auftretenden L’Urka ihn um Hilfe bitten. Der Perry Rhodan der EA hätte nicht lange gefackelt und sich auf die Seite der Aufständigen geschlagen, der NEO-Perry, der bereits miterleben musste, wie sein Eingriff in die Belange einer fremden Spezies zur Katastrophe führte, hält sich auffällig zurück. Selbst als die Mitglieder seines Teams, Luan Perparim und Abha Prajapati, an sein Mitgefühl appellieren, bleibt er hart. Rhodan steht zwischen den Stühlen und zum ersten Mal entscheidet er sich bewusst für seine eigenen Leute. Die Darstellung des moralischen Dilemmas ist Oliver Plaschka, wie ich finde, ausgesprochen gut gelungen. Da schimmerte stellenweise so ein bisschen Star Trek hervor. Das ist intelligent und unterhaltsam erzählt.
Das Schicksal der L’Urka, vor allem das der Protagonistin Gor-Amash und ihrer Freundin der Rädelsführerin La-Roulon, berührt. Nicht nur weil ihre Rebellion von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, es ist vor allem das Zwischenmenschliche, was mich berührt. Die beiden jungen Frauen sind mehr als nur Freunde, sie sind Liebende. Eine Liebe, die letztendlich am Scheitern der Revolution und der Arglist des Meisters zerbricht. Der Autor beschreibt die Beziehung feinfühlig und zurückhaltend, wodurch sie Glaubwürdigkeit erlangt.
Die bedeutendste Information, die ich als Leser aus dem Roman mitnehme, ist jene, die auch Perry Rhodan beschäftigt. Denn Meister Molat richtet sich persönlich an ihn. Es sieht so aus, als würde er Rhodan kennen. Die Frage lautet: woher? Und was bedeutet das letztendlich für die MAGELLAN?
Das die Thetiser einst Menschen waren, wird an einem Detail klar. Die Armbänder, mit denen die Bevölkerung kontrolliert wird, dienen auch dazu, sich vor den Auswirkungen des Nervenfeuers zu schützen. Eines Überbleibsel aus grauer Vorzeit, als sie ihren Heimatplaneten verlassen mussten und unter dem Fehlen der gewohnten Sonnenstrahlung erkrankten. Ähnliche Armbänder tauchten bereits in Band 152 auf.
»Die Schmiede des Meisters« ist ein außergewöhnlicher Roman, in dem Oliver Plaschka mal wieder beweist, dass spannende Science Fiction, emotionale Beziehungsdramen und anspruchsvolle Gesellschaftskritik á la »1984« einander nicht ausschließen. Von mir gibt es daher eine unbedingte Leseempfehlung.