PERRY RHODAN NEO Band 147 – »Das verfluchte Land« von Kai Hirdt
Es hat etwas gedauert, bis ich endlich den NEO von Kai Hirdt lesen konnte. Angesichts eines so spannenden Romans bereue ich es, so lange gewartet zu haben.
Der Autor beschreibt wie immer lebhaft Perry Rhodans und Tuire Sitarehs Odyssee durch Suurt. Kaum sind sie der Gravitation des braunen Zwerges entkommen, droht neues Unheil in Form eines defekten Schiffes und dessen tödlicher Drogenfracht. Drogen sind es auch, die das Grundthema der Geschichte bilden. Denn auch auf Doka, wo die Helden mit dem schrottreifen Pilgerschiff abstürzen, sind Drogenanbau und Handel an der Tagesordnung. Kai Hirdt skizziert die gesellschaftlichen Probleme, die durch die Diktatur der Autarkie auf der Bevölkerung lasten, mit viel Realitätsnähe und Einfühlungsvermögen. Man leidet als Leser mit, wenn der Gurrad Gurrenham entgegen dem Willen seiner Tochter auf der Farm 147 zum Anbau von Helmentas-Kraut und der Herstellung von Helmenkit verpflichtet wird, um seiner Familie das Überleben und der kranken Ehefrau die notwendigen Medikamente zu sichern. Da spricht auch viel Gegenwartskritik aus den Sätzen. Aber auch Rhodans und Sitarehs Flucht aus dem havarierten Pilgerschiff, ihr Versuch die Pilger vor dem Tod durch das austretende Pankit zu retten, ist so spannend geschrieben, dass man fast schon nägelkauend mitfiebert.
Erschütternd ist, dass von der Besatzung nur Vanjak und der nervige Phaliter Ostrott die Explosion der TOMOKOL AMBA überleben. Und dass nur, weil der Standortkombattant und Diebesbanden das legendäre Schiff erkannt haben und auf den Schatz spekulieren. Es stellt sich jedoch die Frage, was an dem Pankit so wertvoll ist, wenn schon eine geringe Dosis ausreicht, um das Nervensystem eines Gurrads zu schädigen und er an einer höheren Dosis innerhalb weniger Stunden stirbt. Das kann man eigentlich nicht mehr als Droge bezeichnen, dass ist vielmehr ein chemischer Kampfstoff, der der Autarkie noch größere Macht verleihen würde. Auch Rhodan ist vor dem Kontrollverlusst durch das Gift nicht gefeit. Zumindest so lange er seinen Zellaktivator nicht trägt. Zum Glück gelingt es Tuire, das Schiff zur Explosion zu bringen und damit das Pankit zu vernichten.
Was Kai Hirdt von seinen Autorenkollegen unterscheidet, ist die Lockerheit mit der er erzählt und die lebhafte Figurenzeichnung. Das fühlt sich alles verdammt echt an. Ich finde auch gut, dass er Rhodan nicht so zögerlich beschreibt. Denn in diesem Roman übertritt der Unsterbliche so einige Grenzen, vor denen andere Autoren vielleicht halt gemacht hätten. Man kann fast schon sagen, dass die beiden Protagonisten eine gewisse Skrupellosigkeit an den Tag legen, die aber aus der Situation heraus geboren und notwendig ist. Man merkt das Bemühen der Exposéautoren, Rhodan eine Entwicklung durchleben zu lassen, bei der er lernt, unbequeme Entscheidungen zu treffen. Damit tat sich der NEO-Rhodan bisher schwerer als der Rhodan der EA. Das ist ein Aspekt der mich positiv stimmt.
Es gab ohnehin nur wenige Dinge, die mir nicht gefallen haben. Zum einen war das diese ständige Zellaktivatortauscherei. Dauernd haben Tuire und dann auch Perry, Personen mit dem Zellaktivator retten müssen. So etwas hat es damals in der EA nicht gegeben, weil dort Rhodans Zellaktivator auf ihn persönlich geprägt war. Vermutlich griffen die damaligen Autoren genau deshalb zu diesem Kniff, um solche Tauscherei- und Diebstahlsgeschichten zu unterbinden. Denn dieses Hin und Her ist bei NEO in seiner Häufigkeit nervig. Genauso wie Rhodans Zaudern, den Zellaktivator endlich als einen Teil von sich zu akzeptieren. Dies ist zwar anfangs verständlich, nutzt sich aber im Laufe der Geschichte ab. So dass man dem Terraner zurufen möchte: »Nun lass das Ding doch endlich dran!«
Unbefriedigend war auch die Idee, dass sich die nervenschädigende Wirkung des Pankit durch den Einfluss von Helmenkit aufhebt. Eine Droge, die die Wirkung einer anderen Droge aufhebt, fand ich zu einfach. Da hätte ich mir dramaturgisch eine raffiniertere Lösung gewünscht, die mehr auf den Charakter bezogen wäre. So hätte Ostrott, nach dem Abklingen der Pankitvergiftung, dessen weitere Wirkung einfach vortäuschen können, um Rhodan und Sitareh in Sicherheit zu wiegen, bis er eine Chance zur Flucht erhielt. Das hätte ich dem durchtriebenen Phaliten zugetraut und man hätte sich die fadenscheinige Wunderheilung gespart.
Am Ende können Perry Rhodan, Tuire Sitareh und Vanjak, Doka in einem gekaperten Raumschiff verlassen. Bis dahin erleben sie einiges und erfahren eine Menge über die Kultur der Gurrads. An diesem Punkt bin ich etwas traurig, denn ich habe als Leser in den vergangenen Bänden so viel über die Gurrads erfahren. Den Autoren und Expokraten ist es gelungen eine faszinierende und komplexe Spezies zu präsentieren, deren gesellschaftliche Strukturen und Bräuche lebendig und überzeugend geschildert werden. Warum schafft man das nicht mit den Terranern? Ich glaube inzwischen mehr über die Gurrads zu wissen, als über die Terranische Union. Es wird Zeit, dass man auch an dieser Front wieder aktiv wird. Ich würde gern wissen, wie es auf der Erde weitergeht. Sonst könnte man als Leser glatt vergessen, wozu Rhodan eigentlich unterwegs ist. Aber dafür werde ich wohl bis Band 149 oder 150 warten müssen.
»Das verfluchte Land« gehört zu den spannendsten NEO-Romanen, die ich in den vergangenen Jahren gelesen habe. Kai Hirdt zeigt auch hier wieder sein Talent, Figuren lebensnah miteinander agieren zu lassen. Gut gemacht!