PERRY RHODAN NEO Band 146 – »Der Schatz des Pilgerschiffs« von Susan Schwartz
Ein gescheiterter Stern aber keine gescheiterte Geschichte, so lautet mein Urteil, was den ersten Teil des Romans betrifft.
Die Reise von Perry Rhodan, Tuire Sitareh und dem Gurrad Vanjak in dem ramponierten und hoffnungslos überfüllten Pilgerschiff ist überzeugend geschrieben. Mit genügend sensorischen Eindrücken, um Enge, Schmutz und Gestank für den Leser erfahrbar zu machen. Die Figuren, allen voran die weibliche Gurrad Valeeraa, sind treffend gezeichnet und charakterisiert. Endlich wieder ein starker weiblicher Charakter, der sich durchzusetzen weiß und dennoch über gefühlsbetonte Seiten verfügt. Wobei ich mich frage, warum man sie nicht zur Kommandantin gemacht hat. Die Gurrads leben in einem Matriarchat. Eine weibliche Gurrad, auch eine so junge, wird sich sicherlich wenig vom Kommandanten sagen lassen – was im Laufe der Handlung auch immer wieder durchschimmert. Auch der übergewichtige Oberpriester Ostrott war gut getroffen. Susan Schwartz spielt dabei zwar mit vielen Klischees, die in diesem Fall aber treffend sind. Bis zum Absturz auf den braunen Zwerg gefiel mir der Roman ausnehmend gut. Doch schon bei der Beschreibung, wie das Schiff auf den gescheiterten Stern stürzt, kräuselte sich meine Stirn.
Aus dem Werkstattbericht von Rüdiger Schäfer auf der PR-Homepage, hatte ich einige Hintergründe zum Ort des Geschehens – dem braunen Zwerg – gelesen und war mir bewusst, dass die Expokraten damit Neuland betreten. Vieles davon ist nur schwer wissenschaftlich zu beweisen, was mir klar machte, dass ich dieses Mal nicht zu sehr auf Fakten bestehen darf. Ich wusste also, dass mich wahrscheinlich eine »bunte« Fantasiewelt erwartet. Und fremde, exotische Welten beschreiben, das kann Susan Schwartz sehr gut. Man merkt, dass sie schon lange im »Geschäft« ist und viel Übung darin hat. Die Tier- und Pflanzenwelt orientierte sich zwar sehr an irdischen Meereslebewesen, aber das war zu verschmerzen. Was mich ärgerte, waren die ständigen Kampfszenen, die sich auch durch diesen NEO ziehen, und in ihrer Fülle statt Spannung eher Langeweile verursachen. Wie schon in anderen NEO-Romanen der Autorin, folgen Angriff und Gegenwehr dem gleichen Strickmuster, so dass es irgendwann vorhersehbar wird. Ich würde gern einmal wieder eine NEO-Geschichte der Autorin lesen, in der nicht gegen irgendwelche Flugkreaturen oder giftstachelbewehrte Monster gekämpft wird.
Im zweiten Drittel, spätestens nachdem Rhodan und die Pilger das notgelandete Schiff verlassen und durch den Wolkenteppich irren und schließlich auf eine der schwebenden Inseln stoßen, wird die Handlung hektisch. Da tauchen Gurrads auf, die vor Generationen ebenfalls auf dem »Stern« gestrandet sind und sich an die Umwelt angepasst haben. Es gibt eine Menge Informationen zu gesellschaftlichen und historischen Hintergründen. Das liest sich beinahe wie eine Reisebeschreibung. Zwischen all dem Phantastischen vermisse ich den Bezug zu den Figuren. Sie agierten, sie redeten miteinander, sie dachten und dennoch sprachen sie nicht mit mir.
Als sich Rhodan, Sitareh, Vanjak und Valeeraa auf die Suche nach dem Pilgerschiff begeben, wurde es mir dann ein wenig zu fantastisch. Und als sie das – nach tausenden von Jahren – noch intakte Schiff finden, krankt die Handlung an den vielen kurzen Kapiteln. Das wirkt nicht nur hektisch, es fühlt sich an, als müsse die Autorin die Handlung verschleppen, damit die notwendige Seitenzahl erreicht wird. Ein Hindernis nach dem anderen taucht auf, nur damit es dann in wenigen Absätzen überwunden wird, bis Rhodan und Sitareh sowie Valeeraa und Vanjak auf das nächste stoßen.
Besonders ärgerlich war ich über den Tod von Valeeraa. Das ist so typisch, da wird eine gut funktionierende (vor allem weibliche) Figur aufgebaut und dann lässt man sie einfach sterben. Ich dachte, dass hätte man im Gegensatz zur EA bei PERRY RHODAN NEO inzwischen überwunden.
Tuire Sitareh dem Auloren gelingt es, dass alte Schiff startklar zu machen. Die überlebenden Pilger werden schnell eingesammelt, dann hebt es ab und hangelt sich mittels pseudowissenschaftlicher Erklärungen hinaus ins All. Ich gebe zu, dass ich am Ende nicht einmal mehr versucht habe, nachzuvollziehen, ob das tatsächlich möglich sein könnte. Das war so abgehoben, wie das Schiff selbst. Ich glaube, dass auch der Autorin nicht ganz schlüssig war, was sie schreiben bzw. wie sie es dem Leser erklären soll. Manchen Passagen klangen wie aus einem Datenblatt zitiert.
Noch einige Fragen, die mir unklar geblieben sind, die aber wahrscheinlich schon im Exposé ihren Ursprung haben: Warum sollten alle havarierten Schiffe an der gleichen Stelle auf den brauen Zwerg stürzen? Das wäre in etwa genauso, als würden auf der Erde alle Meteoriten auf einem Kontinent niedergehen. Woher kommt der Sauerstoff in der Atmosphäre des Sterns? Woher kommt der Auftrieb, der die hohe Schwerkraft aufhebt, die anhand der Größe des Himmelskörpers, eigentlich viel höher sein müsste als die auf der Erde?
Mein Fazit: Wer auf phantastische Welten steht und keine einigermaßen fundierten Fakten braucht, der wird von dem Roman sicher gut unterhalten werden. Ich gebe zu, dass ich mich durch das letzte Drittel des Buches regelrecht quälen musste. Wenn ich nicht hätte wissen wollen, was es mit dem rätselhaften Schatz des Pilgerschiffes auf sich hat, hätte ich den Roman nicht bis zu Ende gelesen.
Noch ein Gedanke zum Titel. Rüdiger Schäfer schrieb in seinem Werkstattbericht, dass er dem Roman gern den Titel »Der gescheiterte Stern« gegeben hätte, sich die Autorin und die Redaktion aber dagegen entschieden hätte. Nachdem ich den Roman nun gelesen habe, muss ich sagen, das »Der Schatz des Pilgerschiffs« die Geschichte viel besser charakterisiert. Für »Der gescheiterte Stern« hätte die Handlung durch weniger Fantasyelemente und mehr Wissenschaft getragen werden müssen.