Paradies 2.0

Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO Band 144 – »Verkünder des Paradieses« von Michael H. Buchholz

Es sollte der letzte Roman sein, den Michael H. Buchholz schrieb. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf, ist es schwer einen objektiven Blick zu behalten.

Mit dem Auftauchen der Memeter ereilt die Menschheit in NEO die dritte Invasion in Folge. Im Gegensatz zu den Vorangegangenen ist zumindest der Grund originell. Ohne die vorherige Sitarakh-Invasion und die Zerstörungen, die im Auftrag von Masmer Tronkh erfolgten, wäre die Thematik noch um vieles brisanter. Weil die Menschheit ihren Planeten heruntergewirtschaftet hat, soll sie von der Erde vertrieben bzw. ins »Paradies« verbracht werden. Wie auch immer dieses Paradies 2.0 beschaffen sein wird. Vielleicht ist es auch nur eine virtuelle Realität und die Menschen werden auf dem riesigen Memeterschiff in eine Art Matrix »verpackt«. Das ist eine Idee, die sogar in einem eigenständigen Roman außerhalb des Perryversums funktionieren könnte.

Der Autor vermag die Hilflosigkeit der Terraner sehr plastisch zu erzählen. Im Verlauf der Handlung tauchen Figuren auf, mit dessen Wiedersehen man nicht mehr gerechnet hatte, so wie Lionel Dahl, den verurteilten Assistenten von Bully. Wie immer versucht Michael H. Buchholz die Vorgänge wissenschaftlich genau zu erläutern, um Glaubhaftigkeit zu erzeugen und er stellt interessante Bezüge zur Historie her. Das gelingt ihm sehr gut.

Jedoch … die Manipulationen der Memeter an den Menschen sind so offensichtlich, das ich mich frage, warum die Verantwortlichen das nicht schon frühzeitig erkennen und etwas dagegen unternehmen. Andererseits, wenn die Memeter über soviel Macht verfügen, menschliche Gehirne zu manipulieren. Warum setzen sie Menschen für ihre Zwecke ein, um andere Menschen zu überzeugen? Warum hüllen sie die Erde nicht gleich in ein Strahlungsfeld und schalten die Menschheit gleichzeitig aus? Und warum lassen sie den Menschen so viel Zeit? Das sind nur ein paar der Fragen, die sich mir als Leser immer wieder stellten. Den Grund für die Invasion scheine ich zumindest erahnen zu können. Hinter den Memetern steht ANDROS, während ES mit den Liduuri kooperiert. Somit steht die Erde im Fadenkreuz einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Superintelligenzen. Der Hauptgrund, warum es erneut das SOL-System trifft, kann eigentlich nur im Vorhandensein des Sonnenchasma liegen und am Halaton, das ja nach wie vor durch den Spalt sickert. Sicher werden wir in den nächsten Romanen die Antworten erfahren.

Für die emotionale Ebene sorgt diesmal der Handlungsstrang um Bully. Und genau dieser ist es auch, der mich spüren lässt, dass Michael von seinem nahen Tod wusste oder es zumindest erahnte. Die Gedanken, die sich Bully macht und der Herzinfarkt, der ihn auf den letzten Seiten ereilt, zeugen davon, dass sich der Autor intensiv mit dem Tod und dem Sterben auseinandergesetzt haben muss. Und tatsächlich macht er das so überzeugend, dass ich ein paar Tränen verdrückte.

»Verkünder des Paradieses« ist zwar nicht so herausragend wie sein letzter Band 133 »Raumzeit-Rochade«. Aber er enthält viele gute Ideen, die vielleicht sogar noch besser funktioniert hätten, wenn es die Sitarakh nicht gegeben hätte. So seufzen Leser wie Romanfiguren gleichsam darüber, dass der Erde schon wieder eine Invasion droht. Mit dem Wissen um den gesundheitlichen Zustand des Autors, in dem er den Roman verfasste, erlangen viele seiner Aussagen im Buch eine tiefere Bedeutung und das macht die eine oder andere Ungereimtheit im Plot wett. Ich bin zutiefst traurig, dass es keine Romane mehr von Michael H. Buchholz geben wird. Seine Fähigkeit wissenschaftlich Fundiertes in seinen Geschichten einzubringen und mit historischen Bezügen zu verknüpfen, machte die Genialität seiner NEO-Romane aus. Ich werde das sehr vermissen.