Frühstücksfernsehen

Übernachtung im Hotel.

Ich wache von einer Geräuschkulisse aus dem Nachbarzimmer auf. Die Wände scheinen aus Pappe, denn man kann jedes Wort verstehen. Es ist halb sechs und jemand hat die Morgensendung von RTL eingeschaltet. Ich drehe mich nochmal rum und will weiterschlafen, aber das nervige Stimmengewirr des/der Moderatoren bringt mich schier zur Verzweiflung. Wie kann man sich nur am frühesten Morgen dieses Gedudel reinziehen?

Ich schaue in den letzten Jahren immer weniger fern, weil ich den Mist, der da läuft, nicht ertragen kann. Morgens schon gar nicht. In Momenten wie diesen vermisse ich die Zeiten, als das Fernsehen erst am Nachmittag begann. Als von 14-16 Uhr noch »Videotext für alle« lief und erst danach das Programm anfing.

Erst als ich halb Acht vom Frühstück zurückkomme, ist der Fernseher nebenan verstummt. Ist denn ein bisschen Einsamkeit so schlimm, dass man den Fernseher anmacht, um Gesellschaft zu haben? Erträgt der multimedial überreizte Mensch von heute keine Stille mehr?

Ich weiß es nicht, aber ich schalte sicherlich nicht morgens das Fernsehen an, um mich berieseln zu lassen. Bei mir läuft morgens nicht mal das Radio. Ich genieße die Ruhe, die Möglichkeit mit meinen Gedanken allein zu sein. Dabei ist der Fernseher ein schlechter Gesellschafter.