Eine Dokumentation der besonderen Art lief Mittwochabend im NDR. Ich bekam es nur durch Zufall mit. Der Titel der Reportage lautete: »Meine rebellische Jugend« und es ging um Subkulturen in der DDR. Fünf Menschen berichten von ihrer Rebellion gegen das Regime des »real existierenden Sozialismus«. Fünf Menschen die sich nicht anpassen oder einfach nur ihrem Drang nach Kreativität und Freiheit nachgehen wollten. Ob es nun der Punkrocker war, der sein eigenes Platten-(Kassetten)-Label gründete, die junge Frau die ausgefallene Mode schneiderte, der Kunststudent der vom Reisen träumte oder der Motorradfan, der sich eine Chopper baute – ihnen gemeinsam ist, dass alle aus Rostock und Umgebung stammen.
Fasziniert war ich von den Einfällen und dem Aufwand, den die Jugendlichen Anfang der achtziger Jahre betrieben, um ihre Visionen zu verwirklichen. Das ein Staat so viel Angst vor der kreativen Energie seiner Jugend hatte, ist schon bezeichnend. Stasiakten offenbaren die Hilflosigkeit der Behörden, die sich schwer taten in der Vielfalt der Jugendkulturen durchzublicken. In den Sechzigern oder Siebzigern wäre man sicher schärfer gegen die aufmüpfigen Jugendlichen vorgegangen. In den Achtzigern war mehr möglich, ein Eindruck den ich bestätigen kann, auch wenn ich jünger und eher zu den Angepassten gehörte. Die Gruftis aus meiner Klassen hatten zwar hin und wieder Ärger, aber man ließ sie so herumlaufen, wie sie wollten. Es verbot uns auch keiner, amerikanischen Fernsehserien wie »Hart aber Herzlich« oder »Ein Colt für alle Fälle« im Westfernsehen zu gucken.
Ich habe heute das Gefühl, dass sich die Obrigkeit Ende der Achtziger nicht mehr traute, zu sehr ins Leben der Bevölkerung einzumischen. Vieles wurde lockerer gesehen; Genehmigung für Westreisen wurden zum Beispiel häufiger erteilt und das einige meiner Freunde die »Bravo« oder andere Zeitschriften (die eigentlich verboten waren) mit in die Schule brachten, hat die Lehrer auch nur bedingt gestört.
Die in der Dokumentation vorgestellten Menschen gingen oftmals einen Schritt weiter, manche machten deshalb unangenehme Begegnung mit der Stasi, kamen aber zumeist mit einem blauen Auge davon.
Ich kann die Dokumentation nur jedem empfehlen, der sich für das Thema interessiert und wissen will, welche Kreativität Mangelwirtschaft freisetzen kann. Improvisation ist alles.
Die Dokumentation ist noch einige Zeit in der Mediathek des NDR zu sehen.
Ich möchte mich an dieser Stelle mal für deine Berichte aus dieser Zeit bedanken. Die finde ich immer besonders interessant.