Wie schreibt man die Rezension zu einem Buch, bei dem man den Autor einigermaßen gut kennt?
Diese Frage stelle ich mir seit gut zwei Wochen. Solange habe ich nämlich »Für immer Punk« von Klaus N. Frick bereits durchgelesen. Und genauso lange liegt es jetzt schon auf meinem Schreibtisch. Ich gebe zu, dass es mir in diesem Fall schwerfällt objektiv darüber zu urteilen. Ich habe zwar keine Ahnung, wie ich unbeeinflusst darüber schreiben soll, aber ich versuche es trotzdem. Nach der netten Widmung, die der Autor mir dieser Tage noch im Buch hinterlassen hat, kriege ich’s wahrscheinlich am Ende doch nicht auf die Reihe, in dem Fall mag man mir verzeihen.
In 29 Kurzgeschichten erzählt Klaus N. Frick aus seinem Leben, mehr oder weniger jedenfalls. Wie er schon im Vorwort sagt, hat er den Wahrheitsgehalt der Geschichten verzerrt oder verändert, um sie für den Leser spannender und interessanter aufzubereiten. Das Besondere an den Erzählungen ist, dass sie in chronologischer Abfolge abgedruckt sind. Somit bekommt der Leser ein Gesamtbild über die Entwicklung eines Menschen, der sich nie in eine Ecke hat stellen lassen, oder gar in eine Schublade pressen. Konformität ist ihm genauso verhasst, wie Menschen ohne politische Meinung. Das zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Manche Geschichten sind witzig, andere skurril und eklig, und bei manchen guckt man einfach nur staunend aus der Wäsche und reibt sich die Augen. Eines ist allen gemeinsam: sie sind spannend und einfach schön geschrieben. Am Ende ist man wieder um einiges schlauer.
Ich werde nicht auf jede Geschichte eingehen, sondern nur die herauspicken, die bei mir besonders hängengeblieben sind. Viele Geschichten habe ich mehrfach gelesen, einfach weil sie interessant oder ungewöhnlich waren.
Bei der Einstiegsgeschichte »Mein erster Kuss hieß Monika« hatte ich ein Déjà-vu. Vor Monaten besprach ich an dieser Stelle das Buch »Meine total verrückte Welt« von Mike Schmitzer, dem Redaktionsleiter des Chiemgau Wochenblatts. Er schrieb in einer seiner Geschichten ebenfalls über seinen ersten Kuss. Jetzt fielen mir die vielen Parallelen auf, die die zwei Geschichten miteinander verbinden. Beide handeln Mitte der Siebziger, es spielt ebenfalls eine Cousine eine Rolle und es geht um Flaschendrehen, nur dass Klaus von Mutter und Tante erwischt wird und das Ganze somit weniger glücklich endet. Irgendwie scheint Flaschendrehen in den Achtzigern aus der Mode gekommen zu sein, denn ich kann mich nicht erinnern, das mal gespielt zu haben.
In »An der Croisette« entführt uns der Autor nach Südfrankreich. Ich fühlte mich dabei an seinen Peter Pank-Roman »Chaos en France« erinnert. Das Lebensgefühl, die Stimmung und das eklige Ende, da passt alles zusammen. Das ist Punk!
Bei der nächsten Geschichte bin ich mir fast sicher, dass sie exakt so passiert ist. So etwas Groteskes kann sich niemand ausdenken. Sie trägt den Titel »Bei Bernhard zu Hause« und es geht um einen Menschen mit einer ganz besonderen Zwangsstörung. Als ich die Geschichte gelesen habe, war ich viel zu fasziniert, um mich zu ekeln. Das kam erst hinterher.
»Eine Reise ins Mutschelland« ist eine der längeren Erzählungen im Buch. Hier geht es um ein Konzert in einem Möbelhaus. Klaus ist der Fahrer, der das Equipment von Karlsruhe nach Ulm chauffieren muss und dabei so einigen merkwürdigen Leuten begegnet. Hier zeigt sich, dass der Autor über eine sehr gute Beobachtungsgabe verfügt und Menschen zu charakterisieren weiß.
Es folgen ein paar Geschichten aus den Neunziger Jahren. Diese haben in fast allen Fällen einen politischen Hintergrund. Was darauf schließen lässt, dass der Autor in dieser Zeit politisch sehr engagiert war. Das ist der Teil des Buches, an dem es ein wenig zäh wurde. Ich hätte mir dazwischen gern auch mal eine unpolitische Geschichte gewünscht.
Geradezu geflasht war ich von der Geschichte »Stuttgart bei Nacht«. Darin werden Klaus und seine Freunde verhaftet, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Das ist sehr spannend erzählt und hat mir mal wieder die Augen über unsere »Freunde und Helfer« bei der Polizei geöffnet.
Die letzten Kurzgeschichten stammen aus den 2000ern. Hier lässt sich sehr schön der Wandel vom aggressiven Punk zum … gemäßigteren und gereiften Menschen ablesen. Man spürt, wie ein bisschen der Biss verloren gegangen ist, jedoch ohne das sich das negativ auf die Geschichten auswirkt. Sie sind genauso interessant, nur hat sich der Grundton geändert. Es klingt manchmal fast schon nostalgisch & melancholisch.
Überraschenderweise gibt es nur eine einzige Geschichte mit sexuellem Inhalt. Darüber sag ich jetzt nichts. Dafür wird in den meisten viel Bier getrunken und ab & an auch eine geraucht, um auch dem Ausspruch »Sex, Drogen und Alkohol« Rechnung zu tragen, als Bedingung für ein Buch über Punk.
Jeder, der sich für ungewöhnliche Geschichten interessiert, der wissen will, was einen Punk umtreibt, und der ein bisschen in die Geschichte der deutschen Punkszene hineinschnuppern will, dem sei das Buch wärmstens empfohlen. Es lohnt sich.
Erschienen ist »Für immer Punk« von Klaus N. Frick als Hardcover bei Hirnkost (ehemals Archiv der Jugendkulturen). Das Buch kann dort und in allen Buchhandlungen sowie beim Onlinehändler eures Vertrauens bestellt werden. Selbstverständlich ist die Kurzgeschichtensammlung auch als E-Book erhältlich.