Seit »Sherlock« bin ich großer Anhänger von Benedict Cumberbatch. Das der Brite ein herausragender Schauspieler ist, beweist er unteranderem in der BBC Miniserie »Parade’s End«.
In der 2014 erschienenen Serie geht es um einen jungen Mann, der als letzter die Tugenden der englischen Gesellschaft hochzuhalten versucht, während die Moral im England vor und während des ersten Weltkriegs vor die Hunde geht. Bis zum Schluss setzt er sich dem gesellschaftlichen Wandel entgegen und nimmt in großer Selbstaufopferung alles in Kauf.
Christopher Tietjens heiratet eine Frau, von der er nicht weiß, ob das Kind, das sie austrägt von ihm ist. Sie dankt es ihm, in dem sie mit jedem fremdgeht, der ihr unter die Finger kommt. Er schenkt einem Freund so viel Geld, bis er selbst vor dem Ruin steht. Er zieht für sein Land in den Krieg und versucht sich für die Belange seiner Untergebenen einzusetzen, ohne Rücksicht auf seine eigenen. Er ist der perfekte Gentleman. Dabei werden von Freunden und Familie böse Gerüchte über ihn gestreut, weil keiner glaubt, dass jemand so tugendhaft ist. Selbst als er sich in die blutjunge Suffragette Valentine Wannop verliebt, bleibt er seinen Tugenden treu und nimmt sogar seine Ehefrau zurück, die kurzzeitig mit einem Liebhaber durchgebrannt war. Der eigentlich sehr empfindsame Christopher erträgt die Demütigungen durch seine Frau, die Anfeindungen durch Familie und Freunde und die Folgen des Kriegseinsatzes mit aufrechter Beharrlichkeit.
Ausdrucksvoll und mit Mut zur Hässlichkeit schauspielert sich Benedict Cumberbatch in die Herzen der Zuschauer. Man leidet mit ihm, möchte ihn aufrütteln sich gegen die Unbilden zu wehren und den Pfad der Tugend zu verlassen, auf dem er der einzige zu sein scheint. Aber auch die beiden weiblichen Hauptrollen, gespielt von einer überragenden Rebecca Hall als Tietjens Frau Sylvia und Adelaide Clemens als fleischgewordene Unschuld Valentine Wannop, stechen aus der Geschichte heraus.
Ich habe die sechs 45-minütigen Folgen geradezu verschlungen. Eine der besten BBC Serien die ich in der letzten Zeit gesehen habe. Empfehlenswert!