PERRY RHODAN NEO Band 122 – »Geboren für Arkons Thron« von Kai Hirdt
Ungelogen, ich habe das Buch in knapp drei Stunden durchgelesen, so schnell wie noch nie einen NEO-Roman zuvor.
Nach den beiden fulminanten Romanen der Expokraten, gibt Kai Hirdt den Lesern Zeit die vielen Informationen sacken zu lassen. Es werden quasi alle Handlungsstränge zusammengesucht, aufbereitet und die Weichen für die nächsten Romane gestellt. Was jetzt vielleicht langweilig klingen mag, ist es nicht. Weil Kai Hirdt das Ganze mit viel Gespür für Spannung und Figurencharakterisierung löst. Das mag nicht jedem gefallen, aber er gibt damit nicht nur den Charakteren Zeit, dass erlebte zu verarbeiten, sondern auch dem NEO-Leser. Es werden Details geklärt und die Handlungen einiger Protagonisten näher beleuchtet, stellenweise in fast schon philosophischer Manier.
Perry Rhodan plagt das schlechte Gewissen und er wundert sich über das Verhalten seiner arkonidischen Familienmitglieder, allen voran seiner Frau Thora, die sich zusammen mit Crest heimlich absetzt, um Agaior Thoton zu jagen. Das sie nicht die einzigen sind, die sich an seine Fersen heften, sollte niemanden verwundern. Schließlich hat der Mann ein ganzes Sonnensystem auf dem Gewissen. Wie sehr der Untergang Arkons die Charaktere der Menschen an Bord der CREST und des Arkoniden Atlan veränderte, beschreibt der Autor mit großer Tiefe. Staunend liest man von Atlan, der nicht nur von Rache zerfressen sondern vor allem von Versagen getroffen, Pläne schmiedet, die sich gegen alles richten, wonach sein Freund Rhodan strebt. Das er trotz seines langen Aufenthalts unter den Menschen, daran denkt, sie zu hintergehen, zeugt davon, wie tief ihn der Untergang des Reiches getroffen hat. Man erfährt wie Sue Miraflores von Kummer über den Tod von Sid zerfressen, eine folgenschwere Entscheidung trifft. Man begegnet Ishy Matsu, die nicht weiß, wo sie hingehört und jedem misstraut, der ihr Freundschaft entgegen bringt und die sogar berechtigte Zweifel an der Integrität Perry Rhodans äußert. Selbst vor Wissenschaftlern machen die Auswirkungen nicht Halt. Oxley lässt sich von Atlan manipulieren, die Zeitbombe scharfzumachen. Während Roofpitter in der Gesellschaft von Leyden und seinem Team eigene Charakterstudien betreibt. Man liest aber auch welche Motive Anathema di Cardilah und ihr Sohn Agaior Thoton vorantreiben. Erstere ist tatsächlich die Mirona Thetin von NEO.
Trotz der vielen Information gelingt es dem Autor sie in aller Ruhe zu vermitteln, eingepackt in viel Emotionen und kritische Auseinandersetzungen über Moral. Das hat mir außerordentlich gut gefallen. Die Idee jedem Protagonisten ein eigenes Kapitel zu gönnen, ist an sich großartig. Scheiterte aber an zwei oder drei Stellen daran, dass man dieselbe Szene zwei mal lesen muss. Das hätte nicht unbedingt sein müssen, denn sowohl bei Ishy als auch bei Roofpitter bestand kein Zwang dazu. Dafür hätte man ihre nachfolgenden Handlungen ausbauen können. Das ist aber das einzige, dass ich kritisieren möchte …
… oder vielleicht doch noch eines: 150G zerstören ein Maakhschiff? Echt jetzt! Liebe Expokraten! Bitte macht euch nochmal Gedanken über die Funktionsweise der Transformkanone. Vielleicht wäre eine Mikrosingularität die bessere Lösung des Problems.
Fazit: Es ist das erste Mal, das so düstere Gedanken in einem NEO-Roman anklingen. Er bietet eine moralische Auseinandersetzung über Gut und Böse und zeichnet die Menschen so wie sie sind in allen Graunuancen mit all ihren Fehlern. Keiner ist wirklich gut und keiner wirklich böse. Das wirkte sehr realistisch. »Geboren für Arkons Thron« ist ein besonderer Roman von einem besonderen Autor, der wahrlich geboren wurde, um zu Schreiben. Dankeschön!