PERRY RHODAN NEO – Band 118 – »Roboter-Revolte« von Kai Hirdt
So so, die »judäische Volksfront« und die »Volksfront von Judäa« haben jetzt auch ihren Weg zu PR-NEO gefunden. Es ist doch immer wieder interessant, wie mir als Leser ein kleines Detail soviel Freude bereiten kann. Dabei habe ich den Monty-Python-Film seinerzeits höchstens ein- oder zweimal gesehen. Dennoch brachte die Erwähnung des »Brianismus« die Erinnerungen zurück. Gemeinsam mit dem darauffolgenden Dialog hatte mich der Autor schon an der Angel …
Ein zweites Ultimatum der Posbis zwingt Eric Leyden und die Wissenschaftler an Bord des Mehandor-Frachters dazu, die defekte Komponente der Roboter zu finden und zu reparieren. Sie bekommen zwar schnell heraus, was die Störung verursacht, aber nicht, wie man das entsprechende Ersatzteil herstellen kann. Damit am Ende nicht nur sie, sondern auch die Mehandor überleben, brauchen sie einen Plan B. Durch eine Meuterei der Mehandor-Besatzung gerät dieser Plan aber in Gefahr.
Eric Leyden ist ein besonderer Charakter und für einen Autor eine dankbare Figur, weil er im Gegensatz zu Perry Rhodan Ecken und Kanten aufweist, an den man ihn reiben kann. Kai Hirdt illustriert, meiner Meinung nach, den Wissenschaftler am schillerndsten von allen Autoren des NEO-Teams. Vielleicht sehe nur ich in seinem Eric Leyden den Sherlock-Darsteller Benedict Cumberbatch. Aber die Macken erinnern schon sehr an Sherlock Holmes oder Alan Turing (in »The Imitation Game«). Kritiker werfen den Expokraten vor, dass Charaktere wie Leyden überzeichnet sind und im realen Leben niemals bestehen könnten. Ich muss widersprechen. Wahrscheinlich kenne nicht nur ich Leute, die genauso sind, einen super Job haben, aber nicht annähernd die Genialität des Wissenschaftlers besitzen (im Gegenteil). Mit solchen Leuten arbeiten zu müssen, ist noch viel viel schlimmer. Dagegen ist Leyden ein Traum. Aber eigentlich will ich nicht nur über Eric Leyden sprechen, sondern vor allem auf Bell McGraw eingehen. Denn auch diese Figur gewann in dem Roman richtig an Format und ist mir inzwischen mit all ihren Unzulänglichkeiten richtig ans Herz gewachsen. Sie ist als Perspektive für den Leser ideal, weil man sich in ihr wiederentdeckt. Die Situation auf dem, von den Posbis kontrollierten, Schiff wurde vom Autor glaubhaft und mit einer Menge origineller Ideen beschrieben. Das dabei nicht jede Figur ins rechte Licht gerückt werden kann, ist nachvollziehbar und so bleiben Atlan und Tuire in diesem Roman nur Nebenfiguren. Was mich persönlich nicht gestört hat. Sogar bei den Auftritten von Kater Hermes nahm sich der Autor zurück, traf dabei dennoch genau den Ton, um Katzenbesitzern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
Im zweiten Handlungsstrang stand Tim Schablonski als tragender Charakter im Mittelpunkt. Nachdem Rhodan und seine Mitstreiter wohlbehalten aus der Vergangenheit zurückgekehrt sind, finden sie das Posbi-Schiff so gut wie verlassen vor und machen sich auf die Suche nach Aashra und der CREST. Ihr steiniger Weg führt sie auf den Heimatplaneten des Zentralplasmas. Plasmaintelligenz Anich wird von feindlichen Posbis angegriffen, die alle dem Befehl des bösen Posbi Aashra folgen.
Allein der »Ritt« auf den Posbis mit fünf Prozent Lichtgeschwindigkeit durch das System im Leerraum, war für mich weniger überzeugend. Es fällt mir schwer zu glauben, dass die NEMEJE nur über eine Fluchtkapsel verfügte. Aber darauf will ich nicht herumreiten. Neben den Posbis Kaverie und Atju gefiel mir in diesem Teil des Romans die Charakterisierung von Mutantin Tani Hanafe. Natürlich ist es ein Wagnis, eine psychisch labile Person auf eine so gewagte Expedition mitzunehmen. Im Nachhinein betrachtet, mag die Entscheidung vielleicht falsch gewesen sein. Ändern kann Rhodan daran aber nichts und so muss das Team damit leben. Die Annäherung zwischen ihr und ihrem Aufpasser Schablonski fühlte sich sehr glaubhaft an. Da standen Emotionen zwischen den Zeilen, die ich so vom Autor noch nicht kannte. Emotionale Kopplung nennt man das wohl, wenn der Leser in den Figuren aufgeht. Das klappt vielleicht nicht bei jedem, aber mir gefällt so etwas immer. Überhaupt zeigt der Autor mit Band 118 eine völlig neue Seite. So viel Gefühl in der Handlung und zwischen den Figuren kenne ich sonst nur von Exposéautor Rüdiger Schäfer. Ist es seinem Einfluss zu verdanken oder war es eine natürliche Entwicklung des Autors? Mit »Roboter-Revolte« ist Kai Hirdt über sich hinausgewachsen und hat ein neues erzählerisches Niveau erreicht. Das war so gut gemacht, dass im Gegensatz zu Schablonski und Hanafe Perry Rhodan stellenweise richtig schroff wirkte.
Mein Fazit: Ein spannender Roman mit einer durchdachten Geschichte, die das gesamte Gefühlsspektrum abdeckte. Meine Lieblingspassage ist der letzte Teil von Kapitel 11 (Schablonski versinkt im Plasma). So etwas möchte ich öfter lesen. Großartig! Und weil ich aus sicherer Quelle weiß, dass der Autor den Roman in gerade mal zwei Wochen geschrieben hat, ist meine Achtung vor Kai Hirdt nochmals um ein großes Stück gewachsen. Der Mann ist ein Phänomen!