Es gibt sie noch, die Punks in deutschen Innenstädten, wenn auch nicht mehr so viele wie in den Achtziger- und Neunzigerjahren …
Früher Mittag vor dem Würzburger Bahnhof: Ein paar Punks sitzen vor der Reihe mit Kiosken, die schon bessere Zeiten gesehen hat. Junge Mädchen mit blauen und grünen Haaren, Mittzwanziger mit Iro und glitzernden Piercings im Gesicht sowie ein paar Gestalten, die eher in die Kategorie »Schmuddelpunks« einzuordnen sind. Die meisten sind bekleidet mit Lederjacken und auffälligen Buttons sowie zerrissenen Jeans. Sie rekeln sich in der Sonne. Bierflaschen kullern hin und her. Vor ihnen auf dem Gehweg steht ein Becher für »Spenden«. Es fehlt eigentlich nur noch der Gettoblaster mit lauter Musik.
Ich hätte nicht geglaubt, dass mir das Bild aus den Geschichten, die ich im vergangenen Jahr gelesen habe, im realen Leben begegnen würde. Noch vor einem Jahr wäre ich achtlos vorübergegangen, hätte meinen Blick wahrscheinlich angewidert abgewendet. Und heute? Ehrlich, ich war total fasziniert, musste mich zusammenreißen, dass ich nicht stehenblieb und guckte. Denn ich glaube inzwischen diese Leute ein bisschen zu verstehen, habe Sympathie für ihre Lebensweise entwickelt.
Da sieht man mal, wie schnell sich die Perspektiven verschieben, wenn man fremden Ansichten Zugang zur eigenen Welt gewährt.