Ostpunk! – too much future

OstpunkAm Wochenende guckte ich mir eine sehr interessante Dokumentation auf DVD an. Darin ging es um die Punk-Szene in der DDR. Da ich damals noch etwas zu jung und zu artig war, ist das Phänomen leider an mir vorbeigegangen. Schade, wie ich heute finde. Deshalb war es für mich sehr faszinierend zu hören, was die sechs Zeitzeugen so zu sagen hatten.

Die Hauptpersonen der Dokumentation waren ausnahmslos Mitglieder in populären Punkbands der DDR. Sie gehörten quasi zu den Machern des ostdeutschen Punk. Einige waren damals noch nicht mal volljährig. Sie erzählten von illegalen Konzerten und improvisierten Probenräumen, vom Aufwand, den sie für ihr Outfit betrieben, von echten und falschen Punks und von der Cliquenbildung. Immer wieder schimmerte dabei ihr Wunsch nach Freiheit und Auflehnung heraus, aber auch das Zusammengehörigkeitsgefühl und ihr Hunger nach Beachtung.

In einer Mischung aus Fotos, Interviews und originalen Filmaufnahmen (Super8) zeichnet der Streifen ein sehr authentisches Bild der sechs Einzelschicksale. Der Zuschauer erfährt wie junge Menschen von damals von der Bewegung erfasst und verändert wurden, aber auch was später aus ihnen geworden ist. Nicht alle haben die Verfolgung durch die Schergen des DDR-Regimes unbeschadet überstanden. Da ist so manche Narbe in den Seelen zurückgeblieben.

Der Film vermittelt viele Informationen. Was mir beispielsweise nicht klar war, ist die Tatsache, dass die Punk-Szene nach 1983 in der DDR radikal bekämpft, unterwandert und so eigentlich zerschlagen wurde. Das ihre „Anführer“ bzw. die, die als Vorbilder für andere dienten, bespitzelt, inhaftiert und bereits Mitte der achtziger Jahre in den Westen abgeschoben wurden. So gesehen hat es sich der Staat schon extrem leicht gemacht. Leider endet der Film an dieser Stelle.

Was mich aber noch interessiert hätte: Wie ging es für die weiter, die geblieben sind? Wie „überlebten“ sie und wie verkrafteten sie die Wende und den Wegfall ihres eigentlichen Feindbildes „DDR“?  Dazu liefert der Film leider keine Antworten.

Was ich ja sehr bemerkenswert finde, ist, was aus den meisten Punks von damals wurde. Und das bezieht sich jetzt nicht nur auf die Zeitzeugen aus dem Film, sondern auch auf deren Macher und dem was ich bisher so gelesen habe. Viele „ehemalige“ Punks sind heute Künstler; egal ob Autor, Maler oder Musiker, keiner ist so richtig spießig geworden, und jeder hat einen Weg gefunden, das Lebensgefühl von damals in sein Leben zu integrieren. Bewundernswert!

Die Dokumentation aus dem Jahre 2008 ist durch die Musik und das vermittelte Gefühl schlichtweg zeitlos. Ein sehr schön gemachtes, sehr gefühlvolles Zeitdokument.

Wer gern mal reinschauen möchte, Ausschnitte davon gibt es bei YouTube.