Meine erste Buchmesse

Als ich am Freitag dem 13. März gegen 11:30 Uhr auf der Buchmesse in Leipzig eintreffe, ist es schon gut gefüllt. Bereits draußen sieht man viele junge Leute in fantastischen Kostümen herumlaufen. Die junge Frau, die ich auf der Zugfahrt getroffen habe, erklärt mir, welchen Games viele der Gestalten entspringen. Sie scheint sich gut auszukennen. Am Eingang trennen sich unsere Wege, sie wartet auf Freunde, während ich mein Online-Ticket hervorkrame und durch die Sperre am Eintritt trete.
Die große Glashalle ist gewaltig. Sie spannt sich wie ein riesiges 28 Meter hohes Netz über 19000 Quadratmeter. Dazwischen wuseln Menschen auf zwei Etagen. Ich kenne das Gelände von einem Messebesuch von vor ein paar Jahren, doch dieses Mal wirkt alles viel voller und lebendiger. Auffallend ist die große Medienpräsenz, kaum ein öffentlich rechtlicher Sender, der nicht mit einem Stand vertreten wäre. Kamerateams laufen zu Dutzenden herum, und draußen auf der Straße parkt ein Übertragungswagen am anderen. Ich werfe mich ins Getümmel mitten zwischen die exotischen Kostüme, die mich an die FedCon erinnern, nur dass hier der Frauenanteil deutlich höher ist.

Natürlich führt mein erster Weg in Halle 2. Als ich durch die Tür gehe, läuft mir Reiner Schöne über den Weg. Den Schauspieler kenne ich von einem Besuch beim Münchner Trekdinner. Damals stellte er sein erstes Buch mit dem Titel „Let the Sunshine in“ vor. (Hier kann man den Bericht lesen, den ich 2004 darüber geschrieben habe.) Und wieder bin ich beeindruckt von der Größe des Mannes, der mich um mindestens zwei Köpfe überragt. Eilig hastet er an mir vorbei, umringt von einer Gruppe Journalisten.
Ich gehe auf die Suche nach dem Perry Rhodan-Stand, doch als ich ihn zwischen all den Schulbuchverlagen endlich finde, scheint er verlassen. Ich bleibe stehen, sehe mich eine Weile hilflos um und entdeckte schließlich Kathrin Lienhard. Was denn los sei?, frage ich und sie erzählt mir, dass die Herren aus der Redaktion krank sind. Die Nachricht macht mich etwas traurig, denn ich hatte gehofft, Klaus N. Frick würde für mich das Peter Pank Buch signieren, das ich extra mitgebracht hatte. Doch sie macht mir Hoffnung dass zumindest Michelle Stern und Arndt Drechsler am Nachmittag da sein würden, denn auch der Autor Michael Markus Thurner hatte krankheitsbedingt absagen müssen.

Ich verabschiede mich wieder und gehe in Halle 5, um Jan Weiler im Leipziger Autorenforum zu sehen. Als ich dort eintreffe, komme ich nicht mal in die Nähe der Tribüne. Trauben von Menschen stehen davor, ich höre eine Stimme, die mir bekannt vorkommt, die ich aber vorerst nicht zuordnen kann. Die Menschenmenge ist so dicht, dass ich nicht mal sehen kann, wer da spricht. Erst als ich eine Weile zuhöre, dämmert es mir. Das muss Gregor Gysi sein. Pünktlich um 12:00 Uhr verabschiedet sich der Politiker mit einem seiner üblichen Sprüche. Zu Gesicht bekomme ich ihn aber aufgrund der vielen Menschen nicht. In der Hoffnung, dass der Andrang nachlässt und ich einen Sitzplatz ergattern kann, bleibe ich stehen, komme aber nur ein paar Meter vorwärts, bevor die Tribüne wieder geschlossen wird.
Ein Mann begrüßt Jan Weiler und wieder sehe ich nichts. Der Typ, der die Fragen stellt, macht das grauenhaft unprofessionell. Allein sein stark ostdeutsch gefärbter Dialekt und die saloppe Wortwahl sind zum Fremdschämen. Sein Auftreten erinnert mich an einen Kuhbauern. Außerdem merkt man ihm an, dass er unvorbereitet ist: Er verwechselt Namen und Buchtitel. Jan Weiler reagiert routiniert, erzählt aus der Geschichte seines neuen Romans „Kühn hat zu tun“ und beantwortet brav jede Frage. Ich wechsle den Standort und bekomme tatsächlich den Autor kurz zu Gesicht – ganz klein, eingerahmt zwischen hunderten von Köpfen. Nach dem Ende der Veranstaltung schlendere ich durch Halle 5, verorte schon mal die Koordinaten für die spätere Signierstunde von Jan Weiler und wechsle anschließend in Halle 4, um den Bookspot Verlag aufzusuchen.

Ich bin ja echt fasziniert, wie viele kleine Verlage es gibt und mit was man dort teilweise sein Geld verdienen kann. Es geht von Religion über schräge Esoterik, Tierpsychologie bis hin zu Erotik. Viele Druckkostenzuschussverlage rühren die Werbetrommel und suchen nach Autoren.
Von Halle 4 aus will ich in Halle 1 zum CrossCult Verlag dort liest Andrea Bottlinger aus ihrem neuen Buch. Doch die Security hat den Durchgang zum Foyer gesperrt – dort ist zu viel Andrang. So wechsle ich direkt von Halle 4 in Halle 2 und bleibe am Perry Rhodan-Stand hängen. Es bietet sich ein trauriges Bild: Michelle Stern hält dort allein die Stellung. Ich geselle mich zu ihr und wir reden ein wenig. Hin und wieder kommen Fans, um ein Autogramm zu holen. Ich komme mit ihnen ins Gespräch. Zwischendrin treffe ich auch Olaf Kutzmutz von der Bundesakademie Wolfenbüttel. Ich bin erstaunt, weil er mich auf der Stelle erkennt. Mit gezücktem Smartphone eilt er weiter und am Abend sehe ich auf seinem Twitteraccount das Ergebnis; der Mann ist ein echter Twitterjunkie.
Gegen 14 Uhr gehe ich in Halle 5 zurück, um mir Jan Weilers neues Buch signieren zu lassen. In der Schlange hinter mir erzählt ein älterer Leipziger einem jungen Münchner aus seiner Kindheit; wie er 1945 in Gauting in der Würm das Schwimmen lernte. Ich höre interessiert zu und so vergeht die Zeit bis zur Unterschrift wie im Flug.

Anschließend bummle ich durch Halle 3 und stattete auch noch Halle 1 einen Besuch ab, in der die Manga und Comic Con stattfindet. Ein bisschen hat das was von FedCon, es sieht aus wie ein überdimensionaler Händlerraum. Hier gibt es nicht nur Comics, Mangas, Kostüme und allerlei Cosplay Zubehör, sondern sogar japanische Süßigkeiten. Unter anderem auch Mochi; das sind sehr süße weiche Teilchen, von denen ich gar nicht so genau wissen will, aus was sie bestehen. Ich hoffte ja bei CrossCult oder Panini ein Geburtstagsgeschenk für meinen Mann zu finden, habe aber kein Glück.
Als ich gegen Drei wieder am Perry Rhodan-Stand vorbeischaue ist Arndt Drechsler noch nicht aufgetaucht. Kathrin Lienhard wirkt nervös, weil er sich nicht gemeldet hat. Angeblich ist auch er krank, wollte aber dennoch kommen.
Ich hole mir derweil einen Kaffee, mache noch einen Rundgang und lausche einer Kinderbuchautorin, die von einem Waschbären erzählt. Ich bewundere ja Leute, die Kinderbücher schreiben können. Ich glaube nicht, dass ich dazu fähig wäre.
Kurz vor 16:00 Uhr kehre ich an den Perry Rhodan-Stand zurück und da steht ein Berg von einem Mann – Arndt Drechsler. Er erinnert mich ein bisschen an Yul Brunner in „Der König von Siam“. Aber auch er macht keinen gesunden Eindruck, dennoch signiert er brav mein mitgebrachtes Perry Rhodan-Heft mit Atlan auf dem Cover. Außerdem darf ich zusehen, wie er für einen anderen Fan Icho Tolot zeichnet. Als er in die Runde fragt, ob ein Haluter Nasenlöcher hat, sehen wir uns fragend an; keiner weiß es und schließlich zeichnet er doch welche ein.
Dann ist es auch schon Zeit für mich zu gehen und ich verabschiede mich.
Unten im Foyer kaufe ich noch einen widerlich schmeckenden Hotdog, der ein Vermögen kostet, bevor ich die Messe verlasse und zum Messe-Bahnhof eile. Es ist kalt auf dem Vorplatz und ich bewundere die jungen Mädchen in ihren sehr freizügigen Kostümen.
Erst als ich am zugigen Bahnsteig auf einer Sitzbank Platz nehme, stelle ich fest, dass ich die ganze Zeit über gelaufen und gestanden bin. Für jemanden der den ganzen Tag sitzt, ist das normalerweise ziemlich anstrengend. Doch wahrscheinlich bin ich so voller Endorphine, dass mir die Anstrengung nichts ausgemacht hat. Nur mein Kopf fühlt sich, wegen meiner Migräne etwas matschig an.
Das war meine erste Buchmesse und ich weiß schon jetzt, dass ich mir den Termin in Leipzig fürs nächste Jahr im Kalender anstreichen werde.

Ich will wiederkommen – Nein – ich muss wiederkommen.

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