Vergessener Schatz

Anlässlich des Weihnachtsbaumrückbaus am heutigen Vormittag, nutzte ich bei meinen Eltern gleich mal die Gelegenheit, aufzuräumen und richtig sauberzumachen. Ich räumte Schallplatten ins Regal und entsorgte alte Zeitschriften. Dabei fiel mir ein Bündel Trauerkarten in die Hände, welche wir nach dem Tod meiner Großmutter 1986 erhalten hatten. Ich reichte sie gleich mal an meinen Vater weiter, der sie in der nächsten Viertelstunde mit großem Interesse durchsah. Auf einmal stand er mit einem lauten „Das gibt’s nicht!“ in der Tür. Er las mir eine der Trauerkarten vor und ich verstand zunächst nicht, was er meinte, denn der Text hörte sich völlig üblich an. Doch als er mir dann die Karte in die Hand drückte und ich sie aufschlug, entkam mir ebenfalls ein: „Das kann nicht wahr sein, oder?“

In der Karte lag fein säuberlich noch ein Zwanzig Mark Schein. Und nein, es waren keine DM: Es waren zwanzig Mark der DDR …

Unfassbar! Seit fast dreißig Jahren dämmerte das Geld jetzt in dem Kartenstapel. Dabei waren zwanzig Mark in der DDR viel Geld, mit dem man allerlei nützliche Dinge hätte kaufen können. Zum Beispiel hätte man dafür zweihundert Semmeln oder zwölf Brote bekommen oder zwei Büchsen Ananas. Es wäre unter Umständen auch eine Nylonstrumpfhose drin gewesen oder nicht ganz vier Tafeln gute Schokolade. Gut, für eine Flasche Goldkrone (Weinbrand) hätte man nochmal neun Mark drauflegen müssen, aber da hätte man das Geld besser in einer Kneipe auf den Kopf hauen können.
Jetzt ist es für all das zu spät, weil es nur noch Erinnerungswert hat. Aber es war eine vergnügliche Erinnerung, trotz des damals traurigen Anlasses.